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Das Überwinden

Aus der April 1920-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als im Jahre 1913 ein großer Teil des Staates Ohio überschwemmt wurde, kam einigen von uns, die nicht in jener Gegend lebten, der Gedanke, daß wir doch große Ursache zur Dankbarkeit hätten, und wir fühlten uns versucht, das Verschontbleiben von dieser schrecklichen Erfahrung der Tatsache zuzuschreiben, daß wir die Wahrheit der Christlichen Wissenschaft erfaßt hatten. Dieser Anschauung trat jedoch die Erkenntnis der Tatsache entgegen, daß viele, die mit den Lehren der Christlichen Wissenschaft ebenso vertraut waren, wie wir, und sie ebenso treu anwandten, sich inmitten all der Not befanden. Durften wir behaupten, sie hätten weniger Ursache, dankbar zu sein, als die Christlichen Wissenschafter, welche in den Teilen des Staates lebten, die von den Fluten verschont blieben? Da Gott überall ist, so muß Er den Menshen, die in dem überschwemmten Bezirk waren und wußten, wie sie sich auf Seine Gegenwart verlassen konnten, ebenso zugänglich gewesen sein wie denen, die nicht dort waren. Das wissenschaftliche Erkennen, wie wir Gott anrufen und dadurch uns und die besonderen Umstände unter Sein geistiges Gesetz der Geborgenheit stellen sollen, ist die wirkliche Ursache zur Dankbarkeit.

Die Fähigkeit, das Gesetz anzuwenden, und nicht die Befreiung von der Pflicht, dies zu tun, ist der wirkliche Grund zur Freude, da die Aufgabe des Christlichen Wissenschafters nicht sowohl in der Änderung materieller Zustände als vielmehr in dem Erkennen der Gegenwart Gottes inmitten scheinbarer Disharmonie und Trübsal besteht. Wir erkannten, daß diese Wahrheit demonstriert worden war, als wir erfuhren, daß die Wissenschafter in der überschwemmten Gegend trotz der Beschwerden, die diese Erfahrung naturgemäß mit sich brachte, sich tatsächlich mit der Flut erhoben hatten und über dem Augenschein der Sinne in der Arche geistiger Erkenntnis dahingetrieben waren; und in jedem einzelnen Fall wurden sie am Leben erhalten und empfingen ihr Eigentum später wieder. Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, wie wir dieses Schutzes teilhaftig werden können. Eine der wissenschaftlichen Regeln, die uns gegeben worden sind, kommt in Josuas Befehl zum Ausdruck, den er den Kindern Israel gab: „Erwählet euch heute, wem ihr dienen wolt: den Göttern, denen eure Väter gedient haben jenseit des Stroms, oder den Göttern der Amoriter, in deren Lande ihr wohnet.“ Es muß ihm klar gewesen sein, daß die Götter, denen ihre Väter jenseits des Stromes gedient hatten, die Gesetze des geistigen Seins waren, die die Leute vor allen Gefahren schützen konnten, wo sie sich auch immer befanden, selbst da, wo die Götter der Amoriter Anspruch auf Herrschaft erhoben. Ihre Verantwortlichkeit war eine selbsterwählte; sie entschieden sich für ein herrschendes Prinzip, für die Herrschaft Gottes.

Haben wir je ernstlich über die Tatsache nachgedacht, daß die mittelbare Ursache unserer gegenwärtigen Erfahrung von der Wahl eines Gottes abhängt, und daß uns die Wahl im Grunde genommen selbst überlassen bleibt? Entweder werden wir von dem einen Gott geführt, der Prinzip ist, oder wir werden von irgendeinem der zahllosen sogenannten Götter beherrscht, die uns in der Knechtschaft einer falschen Auffassung von Gott und dem Menschen gefangen halten. Diese wesentliche Wahl liegt allem zu Grunde, was wir zur Zeit durchmachen, sei es Freude oder Kummer, Krankheit oder Gesundheit, Sünde oder die Fähigkeit, ihrer Versuchung zu widerstehen. Es ist die Pflicht jedes einzelnen, sich von den Fesseln der „Götter der Amoriter“ zu befreien; und das Erkennen des Zustandes, der überwunden werden muß, bedeutet zwei Drittel der Schlacht. Das übrige Drittel, die Umwandlung unserer Überzeugungen vom Falschen zum Wahren, ist eine gegenwärtige Möglichkeit, wiewohl es eine Aufgabe ist, die nicht in einem Augenblick bewerkstelligt werden kann. Hierbei wird die Betätigung der Christlichen Wissenschaft zu einer wahren Kunst, der Kunst, intelligent zu wählen.

Das wirksame, inbrünstige Gebet des richtig Denkenden ist das Gebet der richtigen Wahl, das Gebet, das mehr als alles andere des Menschen Einheit mit Gott offenbart und ihn deutlich erkennen läßt, weshalb die Erkenntnis einer solchen wissenschaftlichen Einheit vom Vater gesegnet wird und nicht zu uns zurückkehren kann. Unsere menschlichen Erfahrungen haben uns annehmen lassen, daß wir infolge gänzlicher Verschiedenheit in der Art und Beschaffenheit des Seins von dem höchsten Herrscher getrennt seien; daß Er fern von uns hoch oben sei, und wir weit von Ihm tief unten seien; daß wir Ihn, weil Er alles weiß und barmherzig ist, um Segnungen anflehen müßten, und daß wir Aussicht hätten, von Ihm erhört zu werden, wenn wir Ihn auf die rechte Weise und im richtigen Augenblick bitten. Das Ziel scheint jedoch in weiter Ferne zu liegen, und die Hoffnung auf eine zukünftige Möglichkeit läßt uns nicht zu der Erkenntnis einer innigen Beziehung gelangen. Die Annahme, daß wir einem willkürlichen Gott preisgegeben seien, der vielleicht unser Gebet erhört, oder aber es nicht erhört, beraubt das Dasein aller Würde und Individualität und macht die Menschen theoretisch zu wahren Drahtpuppen des Schicksals. Ungeachtet solcher Unwissenheit und solchen Mißverständnisses wird jedes Gebet infolge der wissenschaftlichen Einheit von Gott und dem Menschen erhört — erhört infolge Seines Gesetzes.

Die Christliche Wissenschaft offenbart uns unser wahres Besitztum und beweist, daß der Mensch, der eins ist mit dem unendlichen Wesen, das göttliche Gemüt oder Gott wiederspiegelt. In dem Maße, wie wir dies einsehen lernen, erlangen wir durch Anwendung der wissenschaftlichen Regeln das Bewußtsein, welches uns das Verständnis für unseren wahren Besitz eröffnet. Wir wissen, daß Beten um das, was Verständnis unser ist, darin besteht, daß wir tatsächlich davon Gebrauch machen.

Dieses Gesetz wird uns durch die Wahrheit geoffenbart, die in folgenden Worten unseres Lehrbuchs, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 361) zum Ausdruck kommt: „Wie ein Wassertropfen eins ist mit dem Ozean, wie ein Lichtstrahl eins ist mit der Sonne, so sind Gott und der Mensch, Vater und Sohn, eins im Wesen.“ Wenn wir einen Tropfen des Ozeans in der Hand halten, enthält er immer noch alle Elemente des großen Meeres, dem er entnommen ist. Dieses Beispiel lehrt uns, daß der Mensch unvernichtbar und ewig ist, daß er eins ist mit dem unendlichen Gemüt, ja daß er seinem Wesen nach ebenso vollkommen ist wie das Gemüt, welches ihn einschließt, und daß nur ein falscher Begriff den Gedanken in der Annahme beharren läßt, daß es eine Fälschung gebe, die von dem allumfassenden Ursprung getrennt ist. Mit diesem Verständnis kommt die Erkenntnis von der Fähigkeit, dem Mut und dem Fleiß, die nötig sind, um die Durchführung unserer Wahl möglich zu machen; um unserern Gedanken die Richtung zu geben, die jederzeit in den Worten Ausdruck finden könnten: „Ich bin entschlossen“— entschlossen, meinen menschlichen Willen aufzugeben, meine Auffassung von mir als einem sterblichen, leidenden, sündigen Menschen fahren zu lassen, mir jetzt meines wirklichen Selbst, meiner geistigen Tätigkeit, meiner einfachen, natürlichen, harmonischen Identität als Wiederspiegelung des göttlichen Gemüts bewußt zu werden.

Dies war die Methode des großen Wegweisers. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, daß es unmöglich ist, bei der materiellen Annahme zu verweilen und nicht die Folgen ihrer beschränkten Auffassungen zu tragen. Weil er das wußte, sagte er zu seinen Jüngern: „In der Welt habt ihr Angst,“ fügte aber gleich darauf ermutigend hinzu: „Aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“

Hätte Jesus nach dieser Erklärung keine weiteren Schwierigkeiten erlebt, dann könnten wir denken, mit seinen Worten sei gemeint, er habe die Welt objektiv so besiegt, daß er fernerhin ihren Versuchungen und Verfolgungen entgehen könnte. Wenn wir uns jedoch daran erinnern, daß ihm noch Verrat und gänzliches Verlassensein bevorstand, daß er die Seelenangst von Gethsemane durchmachen, die Gefangennahme, Anklage, Dornen, Schläge, Schmähungen und das Kreuz erdulden mußte, sehen wir dann nicht, wie sein Gedanke durch die Klarheit seines geistigen Schauens so erhoben wurde, daß er trotz allem imstande war, zu vergeben, zu heilen, zu segnen und zu retten? Dem allem gegenüber erkannte er die Unwirklichkeit des Traumes und freute sich seiner geistigen Herrschaft. Er war bereit, sein Werk zu Ende zu führen, weil er wußte, welch herrlicher geistiger Triumph seiner harrte.

Wenn wir dieses erhebende Bewußtsein erlangen wollen, die Herrschaft, die die Schritte des Meisters begleiteten, dann müssen wir auch jede Gelegenheit freudig ergreifen, voller Eifer alles tun, was zu diesem mentalen Überwinden notwendig ist, von der liebevollen Zusage getragen: „Ehe sie rufen, will ich antworten.“ Ehe wir uns der Notwendigkeit unseres Gebetes bewußt werden, ist die göttliche Liebe da, um die Notdurft zu stillen.

Jesus dankte für den Kelch, der sein Denken erhob, für die Erfahrung, die ihm seine Einheit mit Gott deutlicher offenbarte. Fortwährend brachte er diese Dankbarkeit zum Ausdruck, fortwährend rief er sich seine Beziehung zum Geist ins Gedächtnis zurück. „Ich bin nicht allein,“ sagte er; ferner: „Der mich gesandt hat, ist mit mir. Der Vater läßt mich nicht allein;“ „Ich und der Vater sind eins;“ „Vater, ich danke dir, daß du mich erhöret hast. Doch ich weiß, daß du mich allezeit hörest.“ Dies sind nur einige von den Aussprüchen, die aufgezeichnet sind, um uns das Ideal zu zeigen, auf das er seine Gedanken richtete, damit sie ungehindert die Christus-Tätigkeit bekunden könnten. Derartige Aussprüche, die er verstand und demonstrierte, erhielten ihn mental über der Welt und befähigten ihn, sofort alle, die sich um Hilfe an ihn wandten, von Krankheiten jeglicher Art zu heilen.

Jakob langte auf dem Punkte der Entwicklung an, wo er eine Wahl zwischen dem Materiellen und dem Geistigen treffen mußte. Der Kampf dauerte eine ganze Nacht, eine Nacht, die so lang anhielt wie seine mentale Dunkelheit. Aber er rang und trug den Sieg davon. Während dieser Übergangsperiode, einer Periode, welche alle durchmachen, die sich der wissenchaftlichen Offenbarung nähern, wo die materiellen Sinne vorgeblich Krieg gegen die aufdämmernde geistige Idee von Leben und Liebe führen, ist es die Pflicht jedes einzelnen, zu beweisen, daß ihm die unendliche Liebe sowohl Mut wie Kraft gegeben hat, mit der menschlichen Täuschung zu ringen und den Sieg davonzutragen. Dies erfordert Übung, Übung im rechten Denken und rechten Reden. Das Meistern irgendeiner Kunst hängt vom intelligenten und gewissenhaften Ausüben derselben ab.

Es mögen Zeiten kommen, wo uns die Schlange zuflüstert: „Es geht nicht.“ Das ist jedoch nicht wahr; es geht! Keine einzige Bekräftigung der Wahrheit ist je umsonst. In dem Maße, wie unser Vertrauen wächst, bekunden wir unsere Freiheit. Folgendes zur Veranschaulichung. Wenn man mit einem Hammer neunundneunzigmal auf einen großen Stein schlägt, ohne bemerkbaren Ergolg, und ihn schließlich mit dem hundersten Schlage spaltet, kann man dann behaupten, die neunundneunzig Schläge seien umsonst gewesen? Hätte der hundertste Schlag ohne die vorausgehenden neunundneunzig so ausgesprochen wirkungsvoll sein können? Allerdings mögen uns allerlei materielle Sinnesaussagen das Festhalten an der Wahrheit des Seins erschweren; aber wir werden die Herrschaft über Vorstellungen und Umstände in dem Maße erringen, wie wir beharrlich unsere geistige, uns von Gott verliehene Herrschaft erkennen. Jedesmal, wenn wir unsere Wahl der geistigen Harmonie verständnisvoll bekräftigen, anstatt uns den Umständen zu unterwerfen, auf die das sterbliche Denken beständig unsere Aufmerksamkeit zu lenken sucht, erlangen wir größere Fertigkeit in der Kunst, die Macht des Geistes wiederzuspiegeln, die die Welt, das Fleisch und alles Böse überwindet.

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