Eine junge Schülerin der Christlichen Wissenschaft ging eines Abends nach einem scheinbar langen und beschwerlichen Tage müde zu Bett. Obgleich sie ihr möglichstes getan hatte, das eine Gemüt widerzuspiegeln und das vollkommene Ebenbild Gottes in ihrem Denken festzuhalten, schien alles verkehrt gegangen zu sein. Angehörige, die dem, was sie für die Christliche Wissenschaft hielten, feindlich gesinnt waren, hatten sie verspottet. Schließlich schien der Irrtum die Oberherrschaft zu gewinnen, und auch sie hatte Dinge gesagt, die sie unter den Umständen für gerechtfertigt hielt.
Als sie im Bett lag, erfüllten Haß und Groll ihr Denken. In aufwallendem Selbstbedauern fragte sie sich, wie jemand so hartherzig und unfreundlich sein konnte. Hatte sie nicht schon während der Arbeitszeit genug auszustehen, ohne beim Nachhausekommen lauter mürrischen Menschen zu begegnen?
Es war noch nicht spät. Sie starrte auf einen Lichtstrahl, der von der Straße durch das Fenster auf ihren Toilettentisch fiel. Als sie näher hinsah, bemerkte sie, daß alle darauf liegenden Gegenstände aussahen, wie wenn sie entstellt wären. Der darüber hängende Spiegel schien länglich anstatt quadratisch, eine Seite höher als die andere. Die Lampen und die kleineren Gegenstände waren schief und warfen wunderliche Schatten über den Lichtstrahl. Der Wind wehte die Vorhänge hin und her und zeichnete sonderbare Bilder auf die Wand. Sogar der Schatten der Telegraphenstange vor dem Fenster sah aus wie ein sich quer übers Zimmer erstreckender riesiger krummer Balken.
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