Ein Träumer ist nur allzufroh, aus einem unerfreulichen Alp aufgeweckt zu werden. Er ist dankbar zu finden, daß die ganze Erfahrung eine Trugvorstellung — ein falscher Sinn der Dinge — war. Er verschwendet keine Zeit damit, die Traumerfahrung zu beklagen; denn die Täuschung ist vorüber. Er ist wach, und damit ist die ganze Angelegenheit für ihn erledigt.
Das materielle Dasein ist wie ein Traum eine Fälschung des wirklichen Seins. Robert Browning hat gesagt, „das Leben sei ein leerer Traum”, und Edgar Allen Poe hat erklärt:
„Alles, was wir sehen oder scheinen,
Ist nur ein Traum in einem Traum”.
Aber die Menschheit im allgemeinen hält den Traum der Materialität für die Wirklichkeit und glaubt, daß der Tod der einzige Weg daraus heraus sei. Der einzige Weg aus dem Traum heraus ist jedoch geistiges Denken, und wir können ihn gerade hier, gerade wo wir sind, gehen. Geistiges Verständnis enthüllt den Menschen als das Bild und Gleichnis Gottes, als die Widerspiegelung des Lebens, der Wahrheit und der Liebe; als tätig, freudig, frei und harmonisch; als geistig, nicht materiell.
Wie kann man diesen falschen, materiellen Sinn des Lebens, diesen Traum der Begrenzung und der Gebrechlichkeit abschütteln? Wie kann man aufwachen und finden, daß man eins mit seinem Schöpfer, Erbe alles Guten, im rechtmäßigen Besitz seiner gottverliehenen Gesundheit, frei von versklavenden Gewohnheiten, rein, glücklich und gesund ist? Wie kann man sein geistiges Selbst gewahr werden, das bisher so unbestimmt und unfaßbar schien? Es gibt einen Weg, und er ist stets zur Hand. Er ist so einfach, daß Kinder ihn mit Erfolg gehen können und auch gehen. Der Weg ist in der Christlichen Wissenschaft klargemacht, und diese steht jedem ernsten Sucher nach Freiheit durch Erkenntnis der Wahrheit zu Gebote.
Mary Baker Eddy trachtete bei ihrem Forschen nach dem wahren Zustand des Seins nach der Wahrheit. Sie erkannte das sterbliche Dasein als die Fälschung des wirklichen Seins. Sie schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 95): „Von betäubenden Illusionen eingelullt, schläft die Welt in der Wiege der Kindheit und verträumt die Stunden”.
Mrs. Eddy hat in der Christlichen Wissenschaft den praktischen Weg, diese ewige Wahrheit zu finden, enthüllt. Er besteht darin, daß man sich vom materiellen Sinn und Selbst der geistigen Wesenseinheit des Menschen zuwendet; daß man an dein festhält, was gut ist; daß man das Denken ernstlich reinigt und rein erhält, und daß man dem geistigen Gesetz mit ganzer Hingebung gehorcht. Unsere Führerin entdeckte, daß das geistige Gesetz unendlich wirksam und in menschlichen Angelegenheiten anwendbar ist, und sie zeigte durch viele Beweise, daß ihre Entdeckung gültig ist.
Durch geistige Erleuchtung wurde sie selber aus dem Traumschatten einer von den Ärzten für tödlich gehaltenen Verletzung aufgeweckt und geheilt. Später konnte sie durch ihr Verständnis und ihre Anwendung des geistigen Gesetzes andere aus falschen materiellen Annahmen aufrütteln und sie dadurch heilen. Im Laufe der Jahre hat ihre Darlegung ihrer Entdeckung die Menschheit weiter gesegnet, und sehr viele sind durch ihre Offenbarung des heilenden Christus, der Wahrheit, aus dem Mesmerismus der Verzweiflung aufgeweckt worden.
Unkenntnis Gottes und der daraus folgende Glaube an die Materialität scheinen einen bösen Traum des Mißklangs, des Elends, der Unruhe, der Feindschaft unter Menschen und des Kampfes zwischen Völkern erzeugt zu haben. Gott ist ein liebender Vater. Er ist nicht der Urheber von Sünde oder Krankheit, von Mangel oder Begrenzung, von Schmerzen, Leid, Haß oder Bosheit. Gott, das göttliche Gemüt, ist das Allgute, und das Gute ist überall. Daher ist alles, was dem Guten unähnlich ist, nicht von Ihm und kann nicht geltend machen, daß Gott seine Quelle sei.
Gott erkennen, wie Er ist, als das Leben, die Wahrheit, die Liebe, heißt zu der Wirklichkeit des Geistes und der Widerspiegelung des Geistes erwachen. Es heißt aus dem Traum des Lebens in der Materie, dem Traum, daß der Mensch körperlich und dem Mißklang unterworfen sei, aufgerüttelt werden. „Wenn die Sterblichen aus ihrem Traum materieller Empfindung aufwachen, werden dieser anbetungswürdige, alles in sich schließende Gott und alle irdischen Geheimnisse der Liebe verstanden; und man sieht, daß das unendliche Gemüt die Sterne entzündet, die Welten in Bewegung setzt, allen Raum und alles Leben — aber nicht Leben in der Materie — widerspiegelt” (Miscellaneous Writings, S. 331, 332), schreibt die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft.
Aber wie soll einer, der glaubt, daß er durch den begrenzenden Traum des materiellen Sinnes gebunden sei, diesen Punkt erweckten Bewußtseins erreichen? Wie kann man am besten beginnen? Die Antwort lautet: Man beginne am Anfang — gerade dort, wo man sich befindet. Das Jetzt ist eine gute Zeit, und gerade hier ist ein guter Platz. Es muß dadurch geschehen, daß man nur ein Gemüt anerkennt und von diesem Standpunkt aus auf sein Denken achtet, schroffe und aufreizende Worte gegen freundliche und heitere austauscht und sich über jede Handlung Rechenschaft gibt, um zu sehen, wie sie in der Waage Gottes, des Guten, wiegt. Es heißt, sich das Herz rein, liebevoll, ehrlich und würdig bewahren. Scheint dies schwierig? Es wird nicht lange so scheinen; denn ehrliches Bemühen trägt eine reiche Ernte.
Es ist ein guter Plan, beim Aufstehen am Morgen zu sehen, ob unsere Gedanken so freundlich und herzlich sind, wie sie sein sollten. Der Morgen ist ein freudiger Anlaß, der Vorhof eines neuen Tages mit allen seinen schönen Verheißungen. Begrüßen wir den neuen Tag mit einem Lied im Herzen? Fühlen wir uns so liebenswürdig, wie wir zu sein scheinen? Oder haben wir das zugelassen, was nie zu einem Christlichen Wissenschafter gehören sollte, nämlich mürrisches Wesen am frühen Morgen? „Dies ist der Tag, den der Herr macht”—gerade der heutige Tag — und wir sollen „uns freuen und fröhlich darinnen sein”.
Und so den ganzen Tag hindurch ein freundliches Wort, ein „Danke” oder „Bitte” von Herzen und nicht nur mit den Lippen; gezeigte Anerkennung, ausgedrückte Zärtlichkeit und Verzeihung anstatt scheinbarer Unfreundlichkeit; erwiesene liebevolle Dienstleistung, Freude an der Arbeit — diese und alle wahren Eigenschaften und alles wahre Benehmen stellen ein erwachtes Bewußtsein dar; und es ist ein freudiges Erwachen.
Die Christliche Wissenschaft lehrt die Menschen recht leben. Sie zeigt, daß es der Mühe wert ist, den Traumzustand des materiellen Daseins gegen geistige Erkenntnis, bewußtes Einssein mit Gott, auszutauschen. Sie lehrt uns nicht nur auf die großen sondern auch auf die kleinen Irrtümer achten und beide ausmerzen. Die Christliche Wissenschaft ist die Wissenschaft Christi; und diese Wissenschaft, verstanden und im Alltagsleben angewandt, bringt jedem ernsten Wissenschafter eine Freudigkeit und eine Befriedigung, die nur durch Erwachen zu Gottes Gleichnis kommen können.
