Auferstehung und Himmelfahrt eröffnen einen endlosen geistigen Ausblick und werden wunderbarer, wenn wir zu sehen beginnen, wie eng sie unsere persönliche Erfahrung und Erlösung berühren. Sie sind so nahe miteinander verwandt, daß sie nur eins sind; denn auf unserer Wanderung vom Sinn zur Seele sind sie natürlich verbündet, und die eine ohne die andere ist undenkbar. Auferstehung und Himmelfahrt sind Stufen in dem Erwachen des menschlichen Bewußtseins, Stufen, wodurch man die Wahrheit des Seins erkennt und beweist, daß das Bewußtsein des wirklichen Seins des Menschen den Glauben an ein sogenanntes materielles Dasein auslöscht. Auferstehung und Himmelfahrt sind daher ganz mental; es ist nichts Materielles an ihnen. Sie sind das Ablegen der Materialität; denn im Lichte der Christlichen Wissenschaft beginnen wir die mentale Art aller materiellen Erfahrungen als erdichtete Einflüsterungen des sterblichen Gemüts, die keinen Platz im wirklichen Sein haben, wahrzunehmen.
Laßt uns sehen, was wir lernen können von jenen wunderbaren Beweisen unseres Wegweisers, die wir in Ehrfurcht und Ehrerbietung Auferstehung und Himmelfahrt genannt haben, und die wie Leuchtfeuer durch den Nebel der Materialität hindurchscheinen!
Eines der hilfreichsten Dinge, das die Christliche Wissenschaft für die Menschheit getan hat, ist, daß sie Christus Jesus als den Wegweiser und nicht als ein übernatürlich vollkommenes oder wunderbares Wesen zeigt, das so hoch über uns allen steht, daß es gotteslästerlich wäre, zu erwarten oder auch nur zu versuchen, in seinen Fußtapfen zu wandeln. Wenn Christus Jesus der Wegweiser ist, so bedeutet dies, daß sein Weg der normale Weg für die ganze Menschheit ist und war. Es muß daher einem menschlichen Wesen möglich sein, dem Wegweiser in allen Schritten, die er gemacht hat, nachzufolgen, um das Leben zu leben, das das Leben, Gott, widerspiegelt. Das Leben ist heute genau so Gott wie in den Tagen, als Jesus unter den Menschen im Heiligen Lande wandelte; und das Verständnis der Tatsachen des Lebens und der daraus folgende Beweis des Lebens, das Gott ist, führte Jesus zu dem vollständigen Beweis des wahren Seins, den wir in seiner Auferstehung und Himmelfahrt sehen.
Während seines ganzen irdischen Lebens erhob unser Meister in unbedingtem und unerschütterlichem Gehorsam gegen Gott sein Denken über alle in der menschlichen Erfahrung üblichen irdischen und materiellen Annahmen. Wo das Zeugnis der materiellen Sinne den Wegweiser von Sünde, Krankheit, Mangel, Leid, Tod usw. zu überzeugen versuchte, verwarf und berichtigte er dieses Zeugnis durch Anwendung dessen, was er von Gott wußte. Da er es nicht in sein Bewußtsein einließ, wurde er nicht ein Zeuge dafür, und so schützte er sich davor, falsche materielle Annahmen auszudrücken. Alle mächtigen Werke Jesu waren die Wirkungen seiner unerschütterlichen Treue gegen die Wahrheit, und diese unerschütterliche Treue machte es ihm unmöglich, die Einflüsterung anzunehmen, daß der Mensch, Gottes Bild, ein kranker oder sündiger Sterblicher sein könne.
Wenn wir es uns klar und sorgfältig überlegen, können wir sehen, daß Jesus bei seinem Heilungswerk nicht die Anwesenheit eines kranken, eines sündigen oder eines toten Menschen zugab. Hätte er dies zugegeben, so wäre er genau so erfolglos gewesen, wie jedermann erfolglos sein würde, der so etwas zugäbe. Jesu Verständnis der Tatsache, daß der Mensch als die Widerspiegelung des göttlichen Seins an der Heiligkeit und Harmonie des göttlichen Prinzips teilnimmt, befähigte ihn, durch den Nebel des sterblichen Gemüts hindurchzusehen und ihn zu vertreiben, obgleich die damals dargebotenen Bilder gerade so lebendig und so beharrlich waren, wie ähnliche Bilder heute sind. Sein Verständnis Gottes und des Menschen zerstörten den Glauben an Krankheit und Tod.
In der Bibel sind zahlreiche Fälle erwähnt, die uns zeigen, daß Jesus es für nötig hielt, sich zu wappnen und seinen Glauben und sein Verständnis durch Alleinsein mit Gott zu stärken. Er ging auf einen Berg. Er blieb allein, um zu beten, während er das Volk wegschickte. Er betete und betete immer wieder. Wahrlich, er verstand den Wert des Betens, den Wert geistiger Arbeit, wie wir in der Christlichen Wissenschaft oft sagen. Indem er so sein Bewußtsein mit dem Licht der Gegenwart Gottes erfüllte, das wahre Selbst des Menschen ausdrückte, strahlte er die Wahrheit, das Gemüt, aus, das sich seiner unendlichen Kundwerdung bewußt ist, in deren Licht die Scheinbilder des Bösen aufgelöst werden und so verschwinden.
Sooft sich irgend eine Irrtumseinflüsterung Jesus darbot, erhob er sich darüber. Er erhob sich über den Nebel des sterblichen Gemüts in das klare Sonnenlicht der Wirklichkeit. Er erweckte sich durch bewußte Vergegenwärtigung, daß sein wirkliches Selbst der Ausdruck des göttlichen Gemüts war. Und dies war der Vorgang, der schließlich zu seiner Auferstehung und Himmelfahrt, zu seinem endgültigen Sieg über alle materiellen Annahmen führte. Seine Auferstehung war das Ergebnis seiner Vergegenwärtigung des todlosen und ewigen Daseins des Menschen, das durch die Finsternis und Beschränktheit eines materiellen Sinnes des Daseins hindurchschien. Die wahre Tatsache ist und war immer, daß es „für den wirklichen Menschen und für das wirkliche Universum keinen Todesvorgang gibt”, wie Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 289) schreibt. Die Auferstehung im höchsten wissenschaftlichen Sinne ist nicht eine Rückkehr zum Leben, sondern das Überwinden des Glaubens, daß die Widerspiegelung und der Ausdruck des ewigen Lebens etwas unterworfen seien, dem das Leben selber nicht unterworfen ist. Es ist die Unsterblichkeit des Lebens, die den gottgeschaffenen Menschen unsterblich macht; und es war Jesu Verwerfung des Glaubens an ein materielles Dasein mit seinen Entwicklungsstufen Krankheit, Leiden und Tod und sein Sicherheben darüber, was schließlich zur Auferstehung führte. Seine Auferstehung war eine geistige Erfahrung, wie es alle anderen Siege in seiner erhabenen und herrlichen Laufbahn waren.
Das Leben ist nie materiell. Selbst das sogenannte materielle Dasein ist nicht ein Leben in der Materie, noch wird es von der Materie unterstützt, sondern es ist eine mentale Erscheinung, wie die Wissenschaft enthüllt. Das menschliche Bewußtsein drückt sich in dem aus, was nach dem Zeugnis der materiellen Sinne Leben zu sein scheint. Das Leben ist immer im Reiche wahrer Ideen. Das sogenannte materielle Leben ist die Veräußerlichung des sterblichen Gemüts und ist der Annahme nach in der Materie. Jesu geistiges Denken zeigte in der Auferstehung sein Leben unberührt von den sterblichen Annahmen Haß, Gewalttätigkeit, Leiden und Tod. Seine ununterbrochene Vergegenwärtigung der Einheit des Menschen mit Gott und sein klares und bewußtes Zeugen für die Allheit des Lebens durchdrang das undurchsichtige sogenannte menschliche Gemüt und bewies des Menschen ewig todloses, unzerstörbares und unkörperliches Sein.
In der Himmelfahrt, die „den irdischen Bericht über Jesus abschloß, erhob er sich über das körperliche Erkennen seiner Jünger, und die materiellen Sinne sahen ihn nicht mehr”, schreibt unsere Führerin (Wissenschaft und Gesundheit, S. 46). Dieser weitere Schritt in seinem Beweis des ewigen Seins ging der Herrlichkeit der Pfingsten, die seinen Nachfolgern zuteil wurde, dem Ausgießen des Heiligen Geistes, der göttlichen Wissenschaft, voraus, das das beweisbare Verständnis Gottes und seines Christus bringt.
Im letzten Kapitel des Evangeliums des Lukas lesen wir über Jesu Begegnung mit den Jüngern nach der Auferstehung: „Da öffnete er ihnen das Verständnis, daß sie die Schrift verstanden. ... Er führte sie aber hinaus bis gen Bethanien und hob die Hände auf und segnete sie. Und es geschah, da er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel. Sie aber ... kehrten wieder gen Jerusalem mit großer Freude”. Er schied von ihnen, und dennoch hatten sie eine große Freude. Scheint dies nicht zuerst seltsam? Erwartet man nicht als selbstverständlich, daß sie traurig gewesen wären? War aber gerade dieses Erleuchten ihres Verständnisses nicht der große Segen, den unser lieber Meister ihnen und auch sich selber brachte — dieses Klären des Verständnisses, wodurch sie Dinge sahen, die über den sterblichen Blick hinausgehen, und von der Freude erfüllt waren, die nichts ihnen nehmen konnte? Ist der Segen, womit Jesus sie segnete, nicht der Gabe ähnlich, die der Prophet Elias seinem treuen Schüler Elisa verlieh? Elisas Bitte um ein zwiefältig Teil des Geistes des Elias sollte ihm unter der Bedingung gewährt werden: „So du mich sehen wirst, wenn ich von dir genommen werde”.
Elisa im Altertum und die Jünger einige Jahrhunderte später hatten etwas von dem wirklichen Menschen zu sehen bekommen, der nie kam und nie ging, sondern immer Gottes geliebte Idee gewesen ist, jetzt ist und ewig sein wird, in dem einen unendlichen Gemüt gesegnet, gestützt, heilig erhalten und unzerstörbar. Die göttliche Idee besteht getrennt von allem materiellen Schein und bedarf keiner materiellen Merkmale, um zu sein oder erkannt zu werden. Und wenn wir den Menschen als die göttliche Idee zu erkennen beginnen, sehen wir ihn in ewiger Harmonie bewahrt, vollständig, frei, befriedigt — sehen wir, daß er sein alles in Gott hat und der Ausdruck der Allheit Gottes ist. Und diese erhöhte Anschauung vom Menschen erhebt das Denken sanft und allmählich unter denselben „Schirm des Höchsten”, und es hilft jedem von uns, seinen eigenen Platz im Heiligtum des Geistes, im wirklichen Sein zu finden.
Ist das nicht die Bedeutung der Worte Mrs. Eddys in Wissenschaft und Gesundheit (S. 34): „Seine Auferstehung war auch ihre Auferstehung”, und nehmen wir nicht einigermaßen wahr, wie „seine Auferstehung” auch unsere Auferstehung ist? Indem die Christliche Wissenschaft uns verstehen hilft, daß die Auferstehung Jesu der Höhepunkt seines täglichen Sicherhebens über alle materiellen Annahmen war, sehen wir, daß wir alle diesem heiligen Beispiel folgen müssen. Wir anerkennen Jesus als unsern Wegweiser, und dieser Name bedeutet, daß der Weg, den er ging, für jeden einzelnen praktisch und ihm möglich ist. Und dieser Weg ist der Weg beständigen Aufwachens aus dem Adamtraum zum Einssein mit unserem wahren Selbst als dem Ausdruck des göttlichen Gemüts. Auferstehung ist das Erscheinen der göttlichen Idee, das Erscheinen der Widerspiegelung Gottes, des Menschen, der keinen materiellen Zuständen unterworfen ist.
Die Auferstehung bedeutet also eine Abkehr vom Materiellen, und dies ist ein Punkt, den wir nicht aus den Augen verlieren dürfen. Die Christliche Wissenschaft heißt uns gebieterisch den Glauben an die Wirklichkeit der Materie oder des materiellen Daseins aufgeben. Behaglichkeit in der Materie, materielle Gesundheit, materielles Wohlergehen, materielle Besitztümer, sogenanntes materielles Glück, das alles ist nicht das Ziel, auf das wir in der Christlichen Wissenschaft hinarbeiten. Wahre Heilung besteht im Erlangen des geistigen Bewußtseins, das nur Harmonie kennt. Und das sterbliche Gemüt hat nicht die Kraft, den Menschen der Harmonie zu berauben.
Die Arbeit der Christlichen Wissenschafter besteht also darin, daß man beständig „sich und andere aus geistiger Stumpfheit und aus dem blinden Glauben an Gott zu der Erkenntnis unendlicher Möglichkeiten” erhebt, wie unsere Führerin schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 34), mit andern Worten, täglich die Auferstehung aus materiellen Annahmen ausarbeitet. Wahrlich, eine große und herrliche Arbeit, die uns über alle sogenannten kleinlichen Erfahrungen und Pflichten des irdischen Daseins erhebt und jede einfache Aufgabe in eine herrliche Gelegenheit verwandelt, die Allheit Gottes, die Gegenwart und Allmacht des Guten zu beweisen!
Diese Auferstehung geht stündlich und beständig für jeden vor sich, der etwas von dem Christus, der Wahrheit, gesehen hat. Die herrlichen Lichtblicke, die wir von der Wahrheit des Seins gewinnen, heißen uns den falschen Sinn des Daseins als materiell und endlich aufgeben. Und die Tatsachen des wahren Daseins, verstanden, anerkannt und daher ein Teil unseres Bewußtseins werdend, manifestieren sich in unseren Alltagserfahrungen. Laßt uns jedoch daran denken, daß dieser bessere und glücklichere Sinn des Daseins nur durch Aufgeben des falschen Sinnes, durch Sicherheben über materielles Denken und materielle Gewohnheiten gewonnen werden kann!
Die Auferstehung ist ein beständiges Sicherheben über sterbliche Annahmen und Einflüsterungen; und die Himmelfahrt zu der Herrlichkeit, in der der Mensch sein Sein hat, ist die beständige Vergegenwärtigung dessen, was wir in unserem wahren Sein sind und immer sein werden.