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Religion und Vergnügen

Aus der November 1951-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Es gab eine Zeit, wo die streng Religiösen fast jede Art Vergnügen mit Mißfallen betrachteten. Das Theater wurde als ein Übel angesehen; das Tanzen galt als eine Erfindung des Teufels; das fast nicht zu unterdrückende Verlangen junger Leute, hübsch, gut gekleidet und persönlich anziehend zu sein, wurde als ein Zeichen hoffnungsloser Oberflächlichkeit betrachtet. Der Sonntag wurde so trübselig und langweilig wie nur möglich gemacht und in strenger Stille verbracht; das einzige, was erlaubt war, außer in die Kirche zu gehen, war das Lesen „guter Bücher“. Der Frohsinn der Jugend wurde streng, aber nicht immer mit Erfolg unterdrückt; denn die jungen Leute lehnten sich oft gegen die Trübseligkeit der so dargestellten guten Lebensweise auf, wo Farbe und Heiterkeit für Gottlosigkeit galten.

Wenn man auch die Aufrichtigkeit und Lauterkeit vieler Gläubiger früherer Zeiten achtet, kann man doch nicht umhin zu sehen, daß ihre Ansichten eine gewisse Unklarheit in sich schlossen. Sie verstanden, daß man etwas aufzugeben habe, brachten selber bereitwillig das Opfer und zwangen es andern ziemlich unbarmherzig auf. Aber sie sahen nicht, daß es der Glaube an materiellen Genuß ist, den man aufzugeben hat, und daß dieses Opfer ein geringer Preis für geistige Freude ist; daß es tatsächlich das Aufgeben eines Schattens ist, während man Substanz erlangt.

Auf Grund dieses ungemein engherzigen Begriffs von Religion galt der Kirchengänger zuweilen als ein finsterer Mensch, der auffallend einfache Kleidung trug und alles Hübsche und allen Frohsinn verachtete. Christliche Wissenschafter anderseits wünschen sich durch ihre Gelassenheit, Freundlichkeit und Freudigkeit auszuzeichnen. Diese Kennzeichen haben schon oft jemand veranlaßt, ihre Gottesdienste zu besuchen, und sie haben auf den Fremden Eindruck gemacht. Christliche Wissenschafter gelten mit Recht als glückliche Menschen; und doch steht es außer Zweifel, daß sie gern in die Kirche gehen. Für sie ist die Kirche ihr wahres Heim und eine nie versagende Quelle des Segens und der Erbauung.

Es liegt dem Christlichen Wissenschafter fern, Freudigkeit zu unterdrücken; er ist eher geneigt, sein Denken zu prüfen und zu berichtigen, wenn er findet, daß ihm Freudigkeit mangelt; denn ein solcher scheinbarer Mangel läßt ihn erkennen, daß ein falscher, materieller Sinn von Vergnügen geltend macht, in seinem Bewußtsein die geistige Freudigkeit zu verdunkeln, die ihm als dem Bild und Gleichnis Gottes, der Liebe, als sein unveräußerliches Geburtsrecht zusteht. Er ist nicht willens, auf eine solche Denkart einzugehen, sondern prüft seine Beweggründe, um zu sehen, ob er des Meisters Anweisung befolgt hat, zuerst nach dem Reich Gottes oder der geistigen Harmonie zu trachten. Wenn Krankheit die Annahme zu sein scheint, die ihm die Freude raubt, fragt er sich, ob er vielleicht eine materielle Schwierigkeit für wirklich gehalten und versucht hat, kranke Materie zu heilen, anstatt zu verstehen, daß er als Gottes Widerspiegelung jetzt und immer die unanfechtbare Gesundheit einer geistigen Idee hat.

Mangel ist eine Schwierigkeit, die viel Sorge zu verursachen scheint. Wenn wir uns bemühen, eine bessere Auffassung von Versorgung zu erlangen, können wir uns sehr wohl fragen: Schreibe ich Gott vor, was ich brauche, und denke mir aus, durch welche Mittel mir die Versorgung zuteil werden muß? Dies verhindert zweifellos einen Beweis der Fülle. Man kann in der Wissenschaft nicht arbeiten, um ein so großartiges Haus wie ein reicher Verwandter, oder einen neuen Kraftwagen, oder so viel neue Hüte und Kleider wie eine reiche Nachbarin zu bekommen. Wenn wir verstehen gelernt haben, daß unser wirkliches Bedürfnis ist, im Hause des Herrn — dem Bewußtsein der Liebe — zu weilen; wenn wir nur auf unserem rechten Platz zu sein und in Übereinstimmung mit dem göttlichen Willen Schritte zu tun wünschen; wenn wir demütig und dankbar sind, dann bekundet sich in unserem Leben einigermaßen die Harmonie und die Fülle der geistigen Wahrheit, deren wir uns bewußt sind.

Ein ungestilltes Sehnen nach persönlichen Freunden und befriedigenden irdischen Beziehungen kann uns traurig zu stimmen scheinen. Wenn wir wissen, daß Gott unser einziger Verwandter ist; wenn wir Liebe als eine geistige Eigenschaft anerkennen und sie dankbar begrüßen, gleichviel, woher sie sich uns auch bekunden mag, anstatt verdrießlich zu sein, weil wir uns in den Kopf gesetzt haben, daß wir nur die Liebe einer bestimmten Person wollen; wenn wir die Freude des Gebens würdigen, wodurch wir die Freude des Empfangens erleben — dann lassen menschliche Beziehungen die göttlichen ahnen und bringen uns ein solch ungetrübtes Glück, wie es niemand haben kann, der diese Lehren nicht gelernt hat.

Zu oft ist es nur Niedergeschlagenheit — ein unklares Unbefriedigtsein vom Leben — was das Glück zu trüben scheint. Wie uns dies auffordert, uns aus dem materiellen falschen Begriff vom Leben zu dem wahren Bewußtsein zu erheben, daß das Leben geistig, ewig und göttlich ist, weil es Gott offenbart! Was für ein Trompetenruf es ist, unsere wirkliche Wesenheit als gesegnetes Kind Gottes geltend zu machen! Nur die Trugvorstellung eines sterblichen Lebens kann ein anscheinendes Unglücklichsein verursachen.

Wenn es schwer scheint zu glauben, daß materielle Vergnügungen kein Glück bringen und nicht das sind, was wir wirklich wünschen, dann müssen wir, wie Mary Baker Eddy klar macht, in der Tat durch Leiden lernen. Sie erklärt (Miscellaneous Writings, S. 213): „Leiden oder Wissenschaft oder beides weist in dem Verhältnis, wie man sich ihre Anweisungen zu eigen macht, den Weg, kürzt den Vorgang und macht das Sichfügen in die Verfahren der göttlichen Liebe zur vollständigen Freude.“

Ein Christlicher Wissenschafter, der vorzieht, durch die Wissenschaft zu lernen, sucht in der Bibel und in Mrs. Eddys Schriften, um den Weg zur Freude verstehen zu lernen. Er muß vor allen Dingen überzeugt sein, daß es tatsächlich Gottes Wille ist, daß Seine Geschöpfe freudig sein sollen. Wenn er die Bibel aufschlägt, findet er gleich am Anfang, im 1. Buch Mose, zwei Schöpfungsgeschichten. In der ersten sprach Gott, und es geschah; es ist die Geschichte des zu Gottes Bild und Gleichnis geschaffenen Menschen, der Gottes Segen empfing und dem Herrschaft gegeben wurde; der Bericht, daß Gott alles ansah, was Er gemacht hatte, und es „sehr gut“ fand. Dann heißt es sofort, daß ein Nebel aufstieg, worauf der zweite Schöpfungsbericht folgt: der aus Erde geschaffene Adam-Mensch, der wieder zu Erde wird; ein Mensch, der zu Ungehorsam verleitet werden konnte; der danach trachten konnte, wie ein Gott zu sein; der verflucht werden und aus dem Garten Eden ausgetrieben werden konnte. Es ist höchst wichtig, das erste Buch Mose in dem Licht zu verstehen, das das Kapitel mit der Überschrift „Genesis“ im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mrs. Eddy darauf wirft. Hier lernt man, daß die in ihrer einfachen Kürze herrliche erste Geschichte der wahre Bericht der geistigen Schöpfung ist, wogegen die zweite Erzählung die Geschichte des Irrtums ist.

Das sterbliche Gemüt sucht uns immer zu veranlassen, uns mit dem irrigen Adam-Menschen wesenseins zu betrachten. Tun wir dies, so führt es zu einem Gefühl des Getrenntseins von Gott; zu dem Wunsch, die menschliche Persönlichkeit zu verherrlichen; zu dem Glauben, daß man durch Nichtbefolgung der Gesetze Gottes etwas gewinnen könne; zu einem quälenden Gefühl des Verlusts und der Vereitelung; zu einem Sehnen nach etwas Unnennbarem. Auf diese Weise leiden heißt in den Adam-Traum verstrickt sein. Wer so leidet, muß aufwachen, wenn er Harmonie erlangen will. Der irrige Glaube an die Macht der Materie, des Sinnes, des Hasses und der Niedergeschlagenheit muß nachhaltig geleugnet werden.

Man darf nicht annehmen, man könne zwischen zwei Ideen vom Leben wählen. Die Wahl besteht zwischen der auf dem Verständnis des geistigen Gesetzes beruhenden ewigen Wahrheit des Lebens, und der auf einem Glauben an die Macht der Materie beruhenden Trugvorstellung vom Leben. Gegen den Nebel sterblichen Irrtums ankämpfen ist nutzlos; darin treiben ist verderblich. Man muß sich darüber erheben und die Wahrheit des Seins verstehen lernen. Man muß geltend machen, daß man der wahre Mensch ist, der zu Gottes Bild und Gleichnis geschaffen ist, dem Herrschaft gegeben ist, und der ein Teil jener geistigen Schöpfung ist, die Gott als „sehr gut“ anerkannte. Auf diese Weise findet man tiefe Befriedigung und jene geistige Freude, von der der Meister sagte, daß niemand sie uns nehmen könne. Kein Mensch, kein materieller Umstand, kein Gesetz der Materie kann diese göttliche Schöpfung berühren, die immer harmonisch und unversehrt ist.

Der Meister sprach oft von Freude. Dem Evangelium des Johannes gemäß sagte er, als er seine Jünger einige der Grundwahrheiten des Christentums lehrte (15, 11): „Solches rede zu euch, auf daß meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.“ Und später sagte er (Joh. 16, 22): „Und ihr habt auch nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.“

Jesus schien Freudigkeit als eine natürliche Folge des christlichen Ausblicks zu betrachten. Unter seinen damaligen Nachfolgern bekundete Paulus wahrlich Freude selbst in schwierigen Umständen, als er im Gefängnis Danklieder sang und dadurch seine Befreiung fand. Er erlebte zwar viele materielle Wechselfälle; aber nichts konnte seine sieghafte Freudigkeit und seine Dankbarkeit erschüttern.

Mrs. Eddy legt ihren Nachfolgern im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch immer wieder nahe, daß man sich, um ein harmonischeres Dasein zu erlangen, von dem materiellen Anschein weg- und der geistigen Tatsache zuwenden muß. Sie spornt beständig an zu einer erweiterten Anschauung, einem höheren Ausblick, zu müheloser Tätigkeit, zu unanfechtbarer Gesundheit, einer freudigeren Stellungnahme, und erklärt (S. 265): „Diese wissenschaftliche Auffassung vom Sein, welche die Materie für Geist aufgibt, deutet keineswegs darauf hin, daß der Mensch in der Gottheit aufgeht und seine Identität einbüßt, sondern diese Auffassung verleiht dem Menschen eine erweiterte Individualität, eine umfangreichere Sphäre des Gedankens und der Tätigkeit, eine umfassendere Liebe, einen höheren und dauernderen Frieden.“ In diesem Begriff vom Leben haben Mangel, Krankheit, Niedergeschlagenheit oder irgendwelche beschränkende und quälende Annahmen der Sterblichen keinen Raum.

Es ist eine veraltete Ansicht, daß Religion und Freude unvereinbar seien, und daß man, um religiös zu sein, das Leben kummervoll betrachten müsse. Diese Ansicht sollte man aufgeben und bloßstellen. Sie kann sich weder auf das Alte noch auf das Neue Testament stützen. Ja, auf vielen Seiten der Bibel finden wir die herrliche Wahrheit, daß geistiges Verständnis die einzig wahre Grundlage des Glücks ist. Wer diese Tatsache erfaßt hat, kann in heiterer Gelassenheit große und kleine Vergnügungen hinnehmen und sie ruhig und freudig schätzen; sie aber, wenn es sein muß, ebenso gern aufgeben, weil er weiß, daß kein menschliches Vergnügen für des Menschen Glück wesentlich ist. Er kann auch unerfreulich scheinenden Erfahrungen furchtlos entgegentreten, weil er weiß, daß Gott nur Gutes erschaffen hat.

Laßt uns also Leid, Niedergeschlagenheit, Trübsinn jeder Art als Irrtümer betrachten, die so gewiß überwunden werden müssen, wie Krankheit ein Irrtum ist, der überwunden werden muß, und uns freuen über die unbegrenzten Annehmlichkeiten und die unendliche Freudigkeit, die der Mensch als Gottes Ebenbild hat! Der Psalmist sang (16, 11): „Du tust mir kund den Weg zum Leben; vor dir ist Freude die Fülle und liebliches Wesen zu deiner Rechten ewigliche.“

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