In dem Buch „Mary Baker Eddy, ein lebenswahres Bild“ gibt Dr. Lyman P. Powell eine Erklärung von Mrs. Eddy über die Auferstehung im wesentlichen wie folgt wieder (S. 228): „Der Auferstehungsgeist geht nicht ein auf die Vorschläge des Irrtums. Er ist immer ‚in dem, das [seines] Vaters ist‘, indem er das Prinzip widerspiegelt. Das ganze Leben Jesu war eine Auferstehung; das heißt sein Leben war ein bewußtes, beständiges, geistiges Sicherheben über Sünde, Krankheit und Tod; und seine Auferstehung aus dem Grabe war für den Sinn ein Kennzeichen des endgültigen Triumphes der göttlichen Liebe über die menschliche Annahme, daß Materie Substanz sei oder die Macht habe, dem Gemüt oder dem Menschen Grenzen vorzuschreiben.“
Auferstehung ist das höher steigende Bewußtsein, in dem man gewahr wird, daß das unzerstörbare Leben des Menschen nicht ein Teil des materiellen Daseins, sondern eine Tatsache seines individuellen geistigen Seins ist, das mit dem unendlichen Sein zusammenbesteht. Dieses geistige Höhersteigen beginnt mit einem Erhaschen herrlicher Lichtblicke vom Geist und von der geistigen Beschaffenheit der Schöpfung.
Christus Jesus hatte eine höhere Auffassung von der Auferstehung als irgend sonst jemand. Auf Grund geistiger Empfängnis war er von dem Christus in unbegrenztem Maße erfüllt; aber selbst er mußte Gehorsam lernen durch das, was er litt (vgl. Hebräer 5, 8).
Die Christlichen Wissenschafter müssen das Denken beständig aus der Erstarrung falscher Annahmen auferwecken. Dieser Auferwekkungsvorgang beginnt mit Augenblicken göttlich eingegebener Erkenntnis des wahren Seins, was oft ein solch klares Widerspiegeln des einen unendlichen Seins zur Folge hat, daß der sterbliche Sinn bald umgekehrt ist und man das Verständnis erlangt, das zu leichten, augenblicklichen Heilungen führt. Dieser Vorgang dauert fort, bis das fortschreitende Denken über der Annahme steht, daß etwas geheilt werden müsse oder etwas sterbe. Jeder Christliche Wissenschafter sollte danach trachten, der von Jesus bewiesenen Auferstehung und seinem Sicherheben über die Materie näher zu kommen.
Jedes Überwinden ist ein Teil des Auferstehungsvorgangs, wobei man sich durch ein immer wachsendes Verständnis der Allheit Gottes und des zu Gottes Ebenbild geschaffenen geistigen und unsterblichen Selbst des Menschen auf der Stufenleiter des Seins über das Sterbliche erhebt. So unablässig bieten sich dem sterblichen Gemüt Unwahrheiten dar, daß der Christliche Wissenschafter, um sich eine immer höher strebende Auffassung des Seins zu wahren, unausgesetzt wachen muß, damit sich nicht eine Unwahrheit in seinem Bewußtsein einwurzle. Der unwirkliche sterbliche Traum, der dem menschlichen Sinn so wirklich scheint, bietet viele Seiten dar, aus denen der Christliche Wissenschafter bei seinem Fortschritt himmelwärts durch die Auffassung von der Auferstehung aufgerüttelt und aufgeweckt werden muß. Etwas Geringeres als unbedingter Verlaß auf Gott und strenges Festhalten an den Lehren und Vorschriften der Christlichen Wissenschaft bedeutet für den Christlichen Wissenschafter ein Nachgeben. Ein unbedingter Verlaß auf Gott besteht darin, sich nicht auf die Anwendung von Arzneimitteln in irgendeiner Form einzulassen. Man muß auf das Denken achten, damit es nicht auch nur in der kleinsten Einzelheit vom unbedingten Verlaß auf die Wahrheit abweicht. Zuweilen mag ein Wissenschafter der Ansicht sein, daß eine kleine Abweichung doch nicht schaden könne. Er hört vielleicht auf die Einflüsterung, daß es nicht unwissenschaftlich sei, vor dem Frühstück eine Tasse heißes Salzwasser zu trinken, oder gewisse Nahrungsmittel oder Getränke zu gebrauchen, um die körperliche Ausscheidung anzuregen. Er täuscht sich selber, indem er sagt, es sei ja keine Arznei, sondern Nahrung. Trifft dies aber zu? Gebraucht er es nicht als Arznei, wenn er es in dem Gedanken tut, Körperverrichtungen anzuregen? Die Verfasserin lernte, als sie sich mit der Christlichen Wissenschaft zu befassen begann, bald verstehen, daß es seine Zuflucht zu andern Mitteln nehmen heißt, wenn man irgend etwas gebraucht, wodurch man nicht in restloser Treue anerkennt, daß Gott allerhaben und fähig ist, alle menschlichen Zustände zu beherrschen. Man muß endgültig wählen zwischen der Materie und dem Geist.
Man kann noch auf viele andere Arten auf den Irrtum eingehen oder von der unbedingten Christlichen Wissenschaft abweichen: durch Unmäßigkeit, oder Mangel an Herrschaft über irgendwelche falsche sinnliche Begierden; durch den Glauben, daß sinnliche Genüsse wirklich und begehrenswert seien, während man die Annahme von Schmerz als unwirklich verneint; wenn man seinen Begriff vom Menschen als dem Ebenbild der Liebe dadurch erniedrigt, daß man Klatsch anhört oder Unwahrheiten über jemand verbreitet. Dies sind einige der Irrtümer, die unsere Auffassung, daß wir Gottes Ebenbild sind, erniedrigen und unsere Fähigkeit beeinträchtigen, fortschreitend zu der Höhe unseres geistigen Seins emporzusteigen. Es ist Irrtum, etwas als wirklich hinzunehmen, was Gott nicht erschaffen hat. Man sollte eine Lüge, ob es sich dabei um uns selber, um unsern Nächsten oder um unsere Welt handelt, verneinen und die Tatsache behaupten, daß die einzige von Gott erschaffene Schöpfung geistig und daher unversehrt ist.
Durch das Widerspiegeln des göttlichen Prinzips, das die Liebe ist, werden die prinziplosen Kräfte des Bösen unterjocht. Das regierende Prinzip, die Liebe, erhält das geistige Weltall einschließlich der höchsten Idee Gottes, des Menschen, in beständiger und vollständiger Ordnung, Harmonie und Vollkommenheit. Man erwartet nie, daß die Erde sich rückwärts drehen oder die Sonne am Abend aufgehen werde. Dies wäre ein Zeichen von Wirrnis. Die Weltordnung bleibt aufrechterhalten, weil die göttliche Liebe das zugrunde liegende Prinzip ist, das die beherrschenden Kräfte stützt.
Wenn man im Neuen Testament forscht, wird es einem klar, daß Jesu Auffassung von der Auferstehung eine immer höhere Stufe erreichte. Er sagte (Joh. 6, 63): „Der Geist ist's, der da lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze.“ Da er immer wußte, daß das Fleisch nichts nütze ist, daß der Geist es war, der das Werk vollbrachte, heilte er die Kranken, machte er die Aussätzigen rein, gab er den Blinden das Gesicht, den Tauben das Gehör, und den Stummen die Stimme. Er ging auf dem Wasser, stillte den Sturm und weckte Tote auf. Das heilende Gesetz, das er anwandte, rüttelte das Denken derer, die bei ihm Hilfe suchten, einigermaßen auf und lenkte es von der Materie auf den Geist, von Krankheit auf Gesundheit, vom Tod auf Leben hin.
Indem Jesus stufenweise diese Heilungen für andere vollbrachte, stieg er selber auf der Stufenleiter des Denkens höher; und was sich ihnen äußerlich als Heilung bekundete, bekundete sich ihm innerlich in der Auffassung von der Auferstehung; es bereitete ihn auf seinen höchsten Beweis vor, wo er seinen eigenen Körper aus dem Grab erheben sollte. Der Irrtum hatte ihn oft vernichten wollen, ehe er für diesen Beweis des ewigen Lebens bereit war, aber er sagte: „Meine Zeit ist noch nicht hier“ (Joh. 7, 6). Dies scheint anzudeuten, daß er sich dieser höchsten Prüfung noch nicht ganz gewachsen fühlte. In dem, was er in Gethsemane erlebte, erreichte sein höher steigendes Denken die Stufe, wo er boshafte Gewalten des Bösen überwand und die völlige Unwirklichkeit des mesmerischen materiellen Gemüts bewies.
Über dieses Erleben in Gethsemane schreibt Mrs. Eddy (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 47, 48): „Im Garten Gethsemane in der Nacht voller Trübsal und Herrlichkeit erkannte Jesus den gänzlichen Irrtum einer Annahme der Möglichkeit irgend einer materiellen Intelligenz. Die Qualen der Vernachlässigung und die Keulenschläge bigotter Unwissenheit trafen ihn schwer. Seine Schüler schliefen. Er sagte zu ihnen:, Könnet ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?‘ “ Und sie fährt weiter unten fort: „Diesem menschlichen Sehnen ward keine Antwort zuteil, und so wandte sich Jesus auf immer von der Erde dem Himmel, vom Sinn der Seele zu.“
Kann es uns, da Christi Jesu ganzes Leben ein beständiges Sicherheben über die Irrtümer des Sinnes war, nicht anspornen und ermutigen, den Kampf mit „der Welt, dem Fleisch und dem Teufel“ fortzusetzen in der Gewißheit, daß wir durch diese Auffassung von der Auferstehung unsern Aufstieg vervollständigen werden, bis wir das von der Materie völlig getrennte wahre Sein vollkommen beweisen?
