Wenn die Christliche Wissenschaft wissenschaftlich demonstriert werden soll, so muß jeder Punkt ihrer Lehren in verständnisvoller Weise in Betracht gezogen werden; denn jeder Punkt, der klar verstanden wird, hilft dem Wissenschafter, durch die Heilung zu beweisen, daß es sich hierbei nur um geistige Tatsachen handelt und ein unwandelbares geistiges Gesetz.
Da die Menschen glauben, daß sie in einer Welt der Materie und in materiellen Körpern leben, haben ihre sogenannten wissenschaftlichen Studien und Untersuchungen sie gänzlich von der großen geistigen Tatsache abgelenkt, die ihnen, wenn sie erfaßt wird, das Verständnis von der Wirklichkeit und von ihrem wahren, vollkommenen Sein bringt. Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, schreibt in ihrem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 262): „Wir können das Wesen und die Beschaffenheit von Gottes Schöpfung nicht dadurch ergründen, daß wir in die Untiefen der sterblichen Annahmen untertauchen. Wir müssen unserm schwachen Flattern — nämlich unsern Versuchen, Leben und Wahrheit in der Materie zu finden — die entgegengesetzte Richtung geben und uns über das Zeugnis der materiellen Sinne, von der sterblichen zu der unsterblichen Idee Gottes erheben.“ Und weiter unten fährt sie fort: „Die Grundlage der sterblichen Disharmonie ist eine falsche Auffassung von dem Ursprung des Menschen. Richtig anfangen heißt richtig enden. Jeder Begriff, der mit dem Gehirn zu beginnen scheint, beginnt falsch. Das göttliche Gemüt ist die einzige Ursache oder das einzige Prinzip des Daseins. In der Materie, im sterblichen Gemüt oder in physischen Formen ist keine Ursache vorhanden.“
Der suggestive Einfluß des sterblichen Gemüts und der Materie verführt die Sterblichen beständig dazu, dort nach einer Ursache zu suchen, wo keine Ursache vorhanden ist. Die Christliche Wissenschaft offenbart, daß die große Erste Ursache alles Bestehenden im Gemüt zu finden ist, daß Gott oder das Gemüt der einzige bestimmende Ursprung und der belebende Geist der Schöpfung ist. Sie erklärt, daß angesichts der Tatsache, daß das Gemüt als Ursache gänzlich gut und gänzlich vollkommen ist, auch die Wirkung so sein muß. Viele geben vielleicht theoretisch die Vollkommenheit der Schöpfung zu, doch sie machen sich nicht klar, was das bedeutet.
Da das Gemüt vollkommene Ursache ist, ist auch sein Ausdruck oder seine Offenbarwerdung, der Mensch, vollkommen. Gott kann nicht der Urheber oder Urquell der Unvollkommenheit sein, ebensowenig kann es zwei unendliche, aus sich selbst bestehende Ursachen geben. Die Worte Jesajas machen es ganz klar, daß Gott das einzige schöpferische Prinzip ist (45:11, 12, 18): „So spricht der Herr, der Heilige in Israel und ihr Meister: Fraget mich um das Zukünftige; weiset meine Kinder und das Werk meiner Hände zu mir! Ich habe die Erde gemacht und den Menschen darauf geschaffen. Ich bin's, dessen Hände den Himmel ausgebreitet haben, und habe allem seinem Heer geboten... Denn so spricht der Herr, der den Himmel geschaffen hat, der Gott, der die Erde bereitet hat und hat sie gemacht und zugerichtet — und sie nicht gemacht hat, daß sie leer sein soll, sondern sie bereitet hat, daß man darauf wohnen solle —: Ich bin der Herr, und ist keiner mehr.“
Durch sein Heilungswerk verneinte und überwand Jesus den Anspruch der Materie oder der sterblichen Annahme, als Ursache oder Wirkung irgendwie wirksam sein zu können. Er erkannte den Geist als die einzige Ursache und den Menschen als die vollkommene Wirkung oder den vollkommenen Ausdruck des Geistes. Er wußte daher, daß die Krankheit weder Ursache, Substanz noch Gesetz hat. Ja, wenn eine Ursache für Krankheit oder Sünde festgestellt werden könnte, würde das nicht ihre Wirklichkeit beweisen?
Wenn einem der Augenschein körperlicher Disharmonie entgegentritt, so mag man den Antrieb fühlen, eine Ursache oder einen Grund für ihr scheinbares Dasein feststellen zu wollen, ja einen Anlaß in einem möglicherweise gebrochenen materiellen Gesetz zu suchen. Die sterbliche Annahme mag einem einflüstern, daß Ansteckung oder die Einwirkung widriger atmosphärischer Umstände die Ursache von Influenza, Erkältungen oder Blutandrang nach dem Kopf sein könnte; oder er mag sich möglicherweise erlauben zu denken, daß Haß oder Neid ihn beeinflussen und ihm Schmerzen oder Leiden verursachen können. Wenn er irgend solchen Einflüsterungen Wirklichkeit zugeschrieben hat, so hat er offenbar einen falschen Anspruch von Ursache angenommen. Wenn man jedoch wissenschaftlich denkt, so sieht man ein, daß man nicht der Einflüsterung Glauben schenken darf, daß bloße Annahme jemals als tatsächliche Ursache wirksam sein kann.
Schließlich muß doch erkannt und demonstriert werden, daß Ursache niemals im sterblichen Gemüt zu finden ist. Unser Lehrbuch erklärt ganz klar und bestimmt (S. 207): „Es gibt nur eine Grundursache. Daher kann es keine Wirkung aus irgend einer andern Ursache geben, und es kann keine Wirklichkeit in irgend etwas geben, was nicht von dieser großen und einzigen Ursache herrührt. Sünde, Siechtum, Krankheit und Tod gehören nicht zur Wissenschaft des Seins. Sie sind die Irrtümer, welche die Abwesenheit von Wahrheit, Leben und Liebe voraussetzen.“
Geistige Ursächlichkeit stellt die Tatsache von der ewigen Vollkommenheit des Menschen als geistiger Wirkung fest. Wenn wir das göttliche Gemüt als die einzige Ursache anerkennen, werden wir befähigt, die Wirklichkeit des Seins, die Wirklichkeit des Menschen, wahrzunehmen. Dann können wir auch die ewige Vollkommenheit aller Wesenheiten des Gemüts verstehen und aufrechterhalten. Es muß jedoch auch festgestellt werden, daß die Christliche Wissenschaft den falschen Anspruch auf Ursache nicht ignoriert. Durch unsere Erkenntnis der Wahrheit berauben wir den Irrtum seines Anspruchs auf Wirklichkeit, sei es als Ursache oder als Wirkung. Daher sind wir zum Beispiel imstande zu beweisen, daß erbliche Belastung nicht als Ursache für Krankheit oder Sünde wirken kann, da Erblichkeit keine Ursache ist sondern auf der falschen Annahme beruht, daß der Mensch in der Materie geboren wird, lebt und stirbt. Eine Annahme ist niemals mehr als eine Illusion — vollkommen falsch und unbegründet in der Wahrheit.
Die Christliche Wissenschaft offenbart, daß es in Wirklichkeit kein sterbliches Gemüt gibt, das Krankheit oder Sünde hervorbringen könnte, kein Gemüt, das Böses denken oder an das Böse glauben oder krankwerden kann, da das göttliche Gemüt allein das Gemüt des Menschen ist. In der Wissenschaft ist alles Böse unwirklich, sowohl als Ursache wie als Wirkung, und muß so erkannt werden.
Dies ist zum Beispiel auch wahr in Beziehung auf sogenannte Unfälle. Wir werden in der Wissenschaft gelehrt zu erklären, daß nie ein Unfall stattgefunden hat — doch haben nicht manche eine gewisse Neigung, gedanklich wieder wachzurufen, was der Annahme nach geschah, und es immer und immer wieder zu wiederholen und dadurch vielleicht den falschen Anspruch auf Ursache und Wirkung zu bestätigen? Das bewußte Festhalten an der Wirklichkeit sollte und wird alle Erinnerung an eine unwirkliche Vergangenheit auslöschen. Es befähigt uns zu verstehen, daß ein unliebsamer Zwischenfall oder Unfall niemals stattgefunden hat, daß er in Wahrheit keine Ursache hatte. Es befähigt uns ebenfalls, das sogenannte Gesetz des Zufalls zunichte zu machen und die ewige Wirklichkeit von vollkommener Ursache und Wirkung zu demonstrieren.
Wenn wir in der Christlichen Wissenschaft fortschreiten, so lernen wir verstehen, daß alles Böse, welche Form es auch immer annehmen mag, bloß eine projizierte Suggestion des Adam-Traumes und daher nicht die Wirklichkeit des Seins ist. Unser Lehrbuch sagt (S. 556): „Im Schlaf sind Ursache und Wirkung bloße Illusionen. Sie scheinen etwas zu sein, sind es aber nicht. Mit dem Schlaf kommen Vergessenheit und Träume, nicht Wirklichkeiten. Genau so dauert die Adams-Annahme fort, deren Traum das sterbliche und materielle Leben ist.“
Wie kann man dann in hilfreicher und heilender Weise über Unfälle denken? Der Mensch, der wirkliche und einzige Mensch, war nie gleichbedeutend mit einem Tagtraum oder Nachttraum des sterblichen Daseins und kann nie damit identifiziert werden. Als Ausdruck des unkörperlichen Seins bekundet seine Selbstheit die unzerstörbare Substanz des Geistes. Das sterbliche Gemüt, das an Unfälle glaubt, und der materielle Körper, der behauptet, sie zu erleben, sind Lügen über Gott und den Menschen, über das Gemüt und seinen vollkommenen Ausdruck. Als Offenbarwerdung des Seins der Liebe existiert der Mensch immerdar im Reich der Wirklichkeit. Da das göttliche Gemüt weder Unfälle noch Krankheit kennen oder erleben kann, kann auch der Mensch als Widerspiegelung des Gemüts keine Unfälle oder Krankheit kennen noch erleben. Wenn daher diese Tatsache erkannt und begriffen wird, so wird sie grundlegend für die Demonstration einer allharmonischen Beziehung zwischen Gott und dem Menschen, zwischen dem Prinzip und seiner Idee. Auch deutet sie das fundamentale Gesetz von geistiger Ursache und geistiger Wirkung an.