Mary Baker Eddy schreibt in ihrem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 395): „Gleich dem großen Beispielgeber sollte der Heiler zu der Krankheit sprechen, wie einer, der Gewalt über sie hat, und sollte es Seele überlassen, den falschen Augenschein der körperlichen Sinne zu meistern und die Ansprüche der Seele der Sterblichkeit und Krankheit gegenüber geltend zu machen.“ In dieser Erklärung liegt eine sanfte Zurechtweisung für den Wissenschafter, den ein falsches Gefühl der Verantwortlichkeit niederdrückt, wenn er das christlich-wissenschaftliche Heilen für sich selber oder für andere zu beweisen sucht. Hier wird es ganz klargemacht, worin seine Arbeit bestehn soll. Er soll zu der Krankheit sprechen wie einer, der Gewalt über sie hat.
Göttliche Inspiration wird ihn dazu leiten, die Ansprüche des Bösen wirksam zu verneinen und Gottes Güte, Macht und Herrlichkeit nachhaltig geltend zu machen. Dies heißt mit Vollmacht sprechen; denn Gott allein ist der Schöpfer von allem, und alles, was Er erschafft, ist gut. Durch das Anerkennen dieser Wahrheit kann der Heiler mit voller Überzeugung sagen, daß alles gut werden wird; ja, daß alles gut ist. Gott hat dem Menschen Herrschaft verliehen; daher kann der Christliche Wissenschafter mit vollem Recht behaupten, daß Harmonie, Freudigkeit und Vollkommenheit das wahre Sein des Menschen darstellen, der zum Bild und Gleichnis des vollkommenen Vater-Mutter Gottes geschaffen wurde.
Da der Wissenschafter seine machtvollen heilenden Erklärungen auf den Felsen der Wahrheit gründet, ist er sich dessen freudig bewußt, daß Gott die Arbeit tut, und daß Gottes Werk schon getan ist. Er ist unendlich dankbar für die Macht des Guten, die ihm verliehen ist. Mit einem von Dankbarkeit erfüllten Herzen kann er es der „Seele überlassen, den falschen Augenschein der körperlichen Sinne zu meistern.“ Gottes Güte wird im menschlichen Leben offensichtlich, wenn der Heiler mit Vollmacht spricht und dann mit den Worten des Liedes (Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 233) sagen kann:
Du machst die Last mir leicht;
drum sing ich froh Dir, Herr, ein neues Lied.
Wer einen solch festen Standpunkt für die Wahrheit eingenommen und die unerschütterliche gedankliche Einstellung erlangt hat, daß er sich nur auf Gott verläßt, wird nie furchtsam sein, wenn die Heilung auf sich warten läßt. Er kann zwar seine christlich-wissenschaftliche Behandlung immer wieder nachprüfen in dem Bemühen, irgendwelche Schritte ausfindig zu machen, die er vielleicht übersehen hat, aber er braucht den Fall nicht unablässig furchtsam zu untersuchen. Solch ein besorgtes Beobachten verrät ein falsches Verantwortungsgefühl. Wenn der Anspruch des sterblichen Gemüts groß oder bedenklich scheint, mag der Irrtum sich laut Geltung zu verschaffen suchen, um den, der an der Erkenntnis von der Macht des Gemüts festhält, dahin zu bringen, daß er zweifelt. Aber wie Nehemia weigert sich der Wissenschafter, der auf dem göttlichen Prinzip eine feste gedankliche Mauer errichtet, hinabzukommen. Er steht unerschütterlich fest, da er weiß, daß Gottes heilendes Gesetz am Werk ist. Zuversichtlich und in vollem Frieden erkennt er die Macht Gottes an und erwartet ruhig den Sieg.
Ein kleines Kind, das vertrauensvoll eine Wahrheit äußert, die es in der Christlichen Wissenschaft gelernt hat, denkt nicht daran, von seinem Standpunkt abzuweichen. Wenn es erklärt hat: „Gott ist die Liebe“, oder „Gott liebt mich“, oder irgendeine andere machtvolle Erklärung von der Güte Gottes, braucht es seine Erklärung in der Regel nicht zu wiederholen. Sein Denken ist nicht belastet mit den Befürchtungen älterer Leute sondern vertraut rückhaltlos. Es stellt die Verantwortung für das Gute Gott anheim, überläßt Gott das Feld und siegt. Es ist schon viel gesagt worden über die Einfachheit des kindlichen Denkens, die schnelles Fortschreiten im Verstehen der Wahrheit ermöglicht. Aber wie tiefgründig sind doch die Kinder in ihrer Einfachheit! In ihrer vertrauensvollen, unerschütterlichen Standhaftigkeit legen sie die Weisheit des göttlichen Gemüts an den Tag. Der Erwachsene, der durch das Beispiel des Kindes verstehen lernt, wem die Verantwortung zusteht, wächst in Kraft, Weisheit, Gnade und Zielbewußtsein. Er wird wahrhaft demütig in seiner Erkenntnis von der Allmacht Gottes. Es ist die Art Demut, die Jesus im Sinn hatte, als er sagte (Matth. 5:5): „Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.“
Es ist nicht schwer zu verstehen, wie ein Schwanken uns der Heilung berauben kann. Wie können wir einerseits aufrichtig die Macht Gottes verkündigen und anderseits glauben, daß wir selber die Macht haben, die Heilung zustande zu bringen? Das ist nicht verantwortliches Denken. Verantwortliches Denken gibt Gott alle Ehre, und einem solch unerschütterlichen Denken folgen baldige und wunderbare Heilbeweise. Verantwortliche Denker finden es natürlich, Gott vertrauensvoll für Seine Güte zu danken, ehe die menschliche Offenbarwerdung des Guten in die Erscheinung tritt, da sie unbedingt wissen, daß das Gute schon jetzt eine Tatsache ist. Gott ist immer die einzige Macht gewesen und wird es immerdar bleiben. Dies ist eine ewige Tatsache. Die menschlichen Wesen erheben nur ihr Denken zur Erkenntnis dieser unendlichen und unwandelbaren Wahrheit, und dadurch bringen sie augenscheinliche Beweise dieser Tatsache in ihre eigene Erfahrung und die Erfahrung derer, denen sie in der Christlichen Wissenschaft beistehn.
Mrs. Eddy schreibt im Vorwort zu „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. vii): „Für alle, die sich auf den erhaltenden Unendlichen verlassen, ist das Heute reich an Segnungen.“ Sie sagt nicht, daß diese Segnungen denen zuteil werden, die sich auf Menschen verlassen — oder auf Gott sowohl wie auf Menschen. Sie sagt, daß wir nur dem allmächtigen Vater restlos Treue schulden. Wenn wir uns darin treu erweisen, geht die wunderbare Verheißung der Segnungen in Erfüllung.
