In Verbindung mit Weihnachten schreibt Mary Baker Eddy (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 256): „In diesen glücklichen Tagen lüftet sich der Schleier der Zeit unter der Berührung der Liebe.“ Niemals berührt der Finger der Zeit den ewigen Christus oder die Wahrheit, denn der Christus existiert nicht in der Zeit, sondern in der Ewigkeit. Er wird durch die Lehren der Christlichen Wissenschaft enthüllt, und in dem verdunkelten menschlichen Bewußtsein erscheint das Licht.
Vielleicht ist es anfangs nur ein schwacher Schimmer, ein einzelner Stern am Horizont unseres Verständnisses, aber es nimmt in dem Maße an Glanz zu, wie wir vorwärtskommen, und allmählich und unausbleiblich offenbart es die wahre Natur des Menschen. Der Christus erweckt das Bewußtsein aus dem tiefen Traum des Materialismus. Die geistige Schönheit, Macht, Gesundheit und Harmonie des wahren Seins werden offenbart. Dies ist die wirkliche Bedeutung der Weihnacht. Sie ist das Erscheinen des Christus im menschlichen Bewußtsein. In diesem Zeitalter ist uns durch die Christliche Wissenschaft der lebendige, praktische Christus offenbart worden.
Wenn auch unser neugeborenes Verständnis klein und schwach scheinen mag, so kann es uns doch nicht hemmen. Vielleicht ist es sogar gut, es in unseren Anfangserfahrungen so zu haben,weil es uns lehrt, uns fester an die Wahrheit, die wir erfaßt haben, zu klammern und auf diese Weise zu lernen, unser Verständnis zu schützen gegen die Malpraxis, die es uns aus der Hand reißen möchte. Wir werden in allen Punkten geprüft, damit sich zeige, ob wir tauglich sind, den Christus zu behalten. Kein weiser Christlicher Wissenschafter wird erwarten, daßer er uns bedingungslos gegeben wird. Seine Anforderungen sind groß, und es ist nötig, daß wir sie getreulich erfüllen.
Unser neugeborenes Verständnis scheint anfangs klein; wie ein Kindlein in der Wiege muß es mit mütterlicher Liebe genährt und versorgt werden. Wir müssen unseren noch unfertigen Begriff von der Christlichen Wissenschaft lieben. Freudig und dankbar müssen wir ihn an unser Herz nehmen. Er muß aus der materiellen Umgebung herausgeschält und dorthin gebracht werden, wo er hingehört — zu Gott.
Die geistige Idee entwickelt sich in unserem Denken in dem Maße, wie wir vorwärts kommen. Sie wird stärker und reifer. Wir erkennen, daß sie nicht nur der Weg ist, sondern auch die Wahrheit und das Leben, und daß sie jeden Menschen erleuchtet und alles erklärt. Wir sind nun bereit, vor dieser Kundwerdung von Gottes Gnade, und Herrlichkeit, demütig niederzuknien, und auf den Christus als auf unseren Erlöser von Sünde, Krankheit und Tod zu blicken.
Auf dieser Stufe unserer geistwärts gerichteten Wanderung erkennen wir in unseren Angelegenheiten die Vollmacht des Christus an. Mehr und mehr werden wir Herrschaft erlangen, bis sich jede irrige Annahme vor der göttlichen Autorität beugt. Wir lernen, daß es in Wirklichkeit keine Materie gibt. Was Materie zu sein scheint, ist sterbliches Gemüt. Alles Gemüt jedoch ist Gott, und Seine Kundwerdung ist der Christus.
Der Christus ist niemals unfertig. Es ist nur unser begrenzter Sinn, der die Wahrheit nicht in ihrer vollen Herrlichkeit wahrnimmt. Gemüt und Materie verbinden sich nicht im Christus. Wenn Materie und Geist sich vermischen könnten, dann würde der Christus Unreinheit enthalten und dem Tode unterworfen sein. Das reine Bewußtsein, das Gott und Seine ewige Schöpfung gewahrt, besteht in all seiner Vollständigkeit und harmonischen Vollkommenheit. Dieses geistige Bewußtsein ist der Mensch. Nichts kann der Schöpfung Gottes hinzugefügt, noch von ihr genommen werden. Unsere Aufgabe ist es, unsere wahre Identität als Kind Gottes anzuerkennen.
Wie weit entfernt von dieser Auffassung des Christus ist doch der allgemeine Begriff von Weihnachten! Es ist der lebendige, praktische Christus, den wir in der Christlichen Wissenschaft empfangen. Der Christus wird dem Christfest zurückgegeben, und so feiern wir nicht länger nur das an einen Zeitpunkt gebundene Fest.
Kein Wunder, daß der Lahme, der an des Tempels Tür lag, die da heißt „die Schöne“, augenblicklich geheilt war und vor Freude sprang, als er durch den lebendigen Christus, wie Petrus und Johannes ihn verstanden, den Tempel oder Körper fand, dessen Bau geistig und dessen Schöpfer Gott ist.
Unsere fröhliche Weihnacht ist das freudige Anerkennen des Christus. Unsere Gaben sind die Schätze der Wahrheit, kostbare Edelsteine christusähnlichen Charakters, die wir in Ehrfurcht und Dankbarkeit hegen. Was wir von Gott empfangen, ist sicher in der Obhut der Seele; es ist geborgen in den Schatzkammern der Liebe.
Unsere wahre Kirche, unser wahres Heim und Geschäft sind keine weltlichen Angelegenheiten, die wir uns mit unserer Strine Schweiß erhalten müssen. Das ist der Adam-Begriff, nicht der Christus. Alles, was wir an Kirche, an unserem Heim und Geschäft lieben, besteht im Gemüt, das Gott ist, und in dem Maße, wie wir uns über die Annahme, daß Materie Substanz sei, erheben und stattdessen erkennen, daß alles Geist ist, werden wir uns am täglichen Kommen des Christus in unser menschliches Dasein erfreuen. So sehen wir, daß wir nicht, um frohe Weihnachten zu erleben, an ein bestimmtes Datum oder eine Jahreszeit gebunden sind.
Es sei hier noch einmal betont, daß der Christus mit Autorität spricht. Es wird vom Meister gesagt: „Er predigte gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten“ (Matth. 7:29). Wir sollten erkennen, daß reine Verstandeskraft uns zu keinen Ergebnissen in unserer Suche nach dem Christus führt. Der sichtbare Ausdruck des Christus erschien auf Erden als das Kindlein in der Krippe. Der Mensch Jesus kam als Christi Stellvertreter auf Erden. Er war sich der geistigen Existenz des Menschen bewußt, und durch seine Herrschaft über Sünde, Krankheit und Tod verkündigte er seine gottverliehene Vollmacht.
Wir sind seine Nachfolger. Laßt uns unsere Christusähnlichkeit rein und ungetrübt erhalten. Auf diese Weise werden wir den Christus wieder in unser Christfest bringen und mit neuer Freude und tieferem Verständnis das schöne Weihnachtslied unserer Führerin singen, dessen zwei letzte Verse lauten (Gedichte, S. 29):
„Lebendiger Liebe sanfter Strahl,
Todloses Sein!
Urew'ge Wahrheit, weit entfernt
Von Erdenpein
Und frei von starrer Glaubensform,
Erfüll uns heut
Mit allem, was du bist, bleib uns
Ein Hort allzeit.“