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Unsere „Menge vieler tausend Engel“

Aus der Juni 1953-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


„Wissenschaft und Gesundheit“, das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, ist mit Recht von der Verfasserin, Mary Baker Eddy, der Schlüssel zur Heiligen Schrift genannt worden, denn es offenbart die geistige Bedeutung der Bibel sowohl in Worten wie in Geschehnissen. Auf Seite 320 dieses Lehrbuches schreibt Mrs. Eddy: „Die Bibel ist voll von bildlichen Ausdrücken; Namen drücken oftmals geistige Ideen aus. Die hervorragendsten Theologen Europas und Amerikas stimmen darin überein, daß die Heilige Schrift eine geistige, wie eine buchstäbliche Bedeutung hat.“ Und sie fügt hinzu: „Die einzige Auslegung der Heiligen Schrift, die von Wichtigkeit ist, ist die geistige.“

Sollte man die Bibel nur buchstäblich nehmen, so könnte man zu dem Schluß kommen, daß Gott eine weit entfernte, persönliche Wesenheit sei, die vom Menschen getrennt ist, sich ihm jedoch durch übernatürliche Vermittelung oder Botschaft mitteilt. In der Christlichen Wissenschaft erkennen wir dagegen, daß die Gottheit, die göttliche Liebe, in ihrer unendlichen Allheit göttlich natürlich ist, und daß jede Offenbarwerdung des Geistes als natürlicher Ausdruck von Gottes Allgegenwart erkannt und angenommen werden sollte. Der Psalmist schrieb (Ps. 91:11, 12): „Er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen, daß sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.“ Was sind die Engel Seiner Gegenwart? Eine falsche theologische Auffassung möchte etwas materialisieren, das in Wirklichkeit ein schöner metaphysischer Begriff ist. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß Engel göttliche Ideen sind, intuitive Eingebungen, die immerwährend in Erscheinung treten und in Erscheinung treten sollten, wenn man sein wahres Selbst als die eigentliche Ausstrahlung des göttlichen Gemüts erkennt und demonstriert.

Wissenschaftlich gesprochen sind die Engel nicht etwa geistige Wesen, die den Sterblichen göttliche Botschaften bringen, obwohl in einem gewissen relativen Sinne die Engel Gottes oder die geistigen Begriffe des Gemüts scheinbar vom Gemüt zum Menschen kommen. Tatsächlich tritt die Entfaltung der geistigen Ideen des Gemüts als das wahre Sein des Menschen in Erscheinung, und in diesem untrennbaren Einssein mit Gott „seid [ihr] gekommen zu dem Berge Zion und zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, und zu der Menge vieler tausend Engel,“ wie Paulus in seinem Brief an die Hebräer erklärt (12:22). Als weitere Begriffsbestimmung heißt es in unserm Lehrbuch (S. 298): „Engel sind nicht ätherische, menschliche Wesen, welche in ihren Flügeln tierische Eigenschaften entwickeln, sondern sie sind himmlische Besucher, die auf geistigen und nicht materiellen Schwingen schweben. Engel sind reine Gedanken von Gott, mit Wahrheit und Liebe beschwingt, ganz gleich, welcher Art ihre Individualität auch sei. Die menschliche Mutmaßung überträgt auf die Engel ihre eignen Gedankenformen, die durch abergläubische Umrisse gekennzeichnet sind, und macht sie zu menschlichen Geschöpfen, die angeblich Federn haben; aber das ist nichts als Phantasie. Es liegt dem nicht mehr Wirklichkeit zugrunde als dem Gedanken des Bildhauers, der das „Standbild der Freiheit‘ meißelt, das seine Auffassung einer unsichtbaren Eigenschaft oder eines unsichtbaren Zustandes verkörpert, das aber keine physische, schon vorher dagewesene Wirklichkeit hat, außer in des Künstlers eigner Beobachtung und in seinen eignen ‚Bilderkammern‘.“

Da das göttliche Gemüt die einzige Gegenwart ist, kann diese Gegenwart niemals abwesend sein, obwohl diese göttliche Tatsache von den materiellen Sinnen nie erkannt oder anerkannt wird. Die Engel oder Gedanken, welche die göttliche Gegenwart darstellen, sind immer bei uns und offenbaren sich in dem individuellen Bewußtsein des reinen und vollkommenen Seins. In dem Maße wie jemand die wahre Bedeutung von Engeln verstehen lernt, begreift er, inwiefern er ein Recht hat, ihr Erscheinen hier und jetzt zu erwarten.

Da die Engel der Gegenwart Gottes sich als Gedanken offenbaren, ist der Mensch niemals von dem unmittelbaren Urquell jener Inspiration der Engel getrennt. Als die sich entfaltende unendliche Idee sollte das untrennbare Einssein des Menschen mit dem Gemüt sich offenbaren — und offenbart sich — in der beständigen Gegenwart und Wirksamkeit der göttlichen Führung und Weisung. In dem, was unsere menschliche Erfahrung darstellt, mögen die Engel die Form einer von Gott inspirierten Eingebung annehmen, welche die Grundlage einer geschäftlichen Entscheidung bildet, oder auch einer geistigen Führung bei einem Problem menschlicher Beziehungen. Wenn man im Frieden mit sich selber ist und bewußt Ehrlichkeit, Freundlichkeit und Harmonie mit seiner Umgebung demonstriert, so bedeutet das einen Zustand geistiger Empfänglichkeit, in dem Engel, göttliche Gedanken, leiten und regieren.

In der ganzen Bibel ist zu beobachten, daß die Engel Gottes, die intuitiven Führungen und Botschaften des Geistes, unfehlbar zu denen kamen, die geistig darauf abgestimmt waren, sie zu empfangen. Dies ist heute noch ebenso wahr wie damals und sollte den Christlichen Wissenschafter anspornen, zunehmende Empfänglichkeit für die geistige Inspiration und Intuition der Seele zu demonstrieren und an den Tag zu legen.

Mrs. Eddy beschreibt Michael und Gabriel sehr schön als die Eigenschaften des geistigen Denkens, durch die wir die uns innewohnende Freiheit von falschen Annahmen beweisen. Um die Christliche Wissenschaft richtig demonstrieren zu können, brauchen wir sowohl den Michael wie den Gabriel. Beide Typen von Engelsgedanken sind notwendig bei der Bekämpfung der angeblichen Ansprüche des Bösen. Manchmal brauchen wir die Kraft, die geistige Stärke und den moralischen Mut eines Michael, um den scheinbar aggressiven Argumenten der Krankheit und den Versuchungen zur Sünde furchtlos entgegenzutreten. Es bedeutet, mit der Kraft der Allheit des Geistes ausgerüstet zu sein. Es bedarf des Mutes und der Wachsamkeit des Michael, die Ansprüche des tierischen Magnetismus aufzudecken und unerschrocken ihre absolute Geistlosigkeit, ihre absolute Falschheit zu erkennen.

Wenn wir andrerseits manchmal berufen sind, einer drohenden Phase des Bösen entgegenzutreten und sie zu überwinden — wie Elias, Elias und viele andere Propheten Gottes — so bedürfen wir der ruhigen Versicherung von der Allgegenwart der Liebe, die der Engel Gabriel versinnbildlicht. Gabriel ringt oder kämpft nicht mit dem Bösen als einer Wirklichkeit — ebensowenig wie Michael. Gabriel versinnbildlicht das ruhige, friedvolle Erkennen. Gabriel offenbart die Erkenntnis von der Allheit der Liebe. Gabriel führt uns „zum frischen Wasser“ — dem Bewußtsein des göttlichen Wesens und Seins, das von dem Tumult, der Spannung und der Furcht des sterblichen Sinnes nicht berührt oder beunruhigt wird.

In einem Aufsatz mit der Überschrift „Engel“, der in „Miscellaneous Writings“ (Vermischte Schriften, S. 307) erscheint, schreibt unsere Führerin: „Wenn Engel uns besuchen, so hören wir nicht das Rauschen von Flügeln, auch fühlen wir nicht die fedrige Berührung einer Taubenbrust; doch wir empfinden ihre Gegenwart durch die Liebe, die sie in unserm Herzen erwecken. Oh, mögest du diese Berührung fühlen! — es ist nicht ein Händedruck noch die Nähe eines geliebten Wesens; es ist mehr als das: es ist eine geistige Idee, die deinen Pfad erhellt! Der Psalmist sagte: ‚Er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten.‘ “

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