Als Kind wünschte die Verfasserin sich oft, zur Zeit Jesu gelebt zu haben, so daß sie seine Heilungswerke hätte sehen und seine liebreichen Worte hätte hören können. Manchmal war sie versucht zu glauben, daß Gott jenem Zeitalter, vor neunzehnhundert Jahren, viel mehr gegeben hätte als dem unsern. Doch heute hat sie verstehen gelernt, daß jetzt ebensoviel Gutes vorhanden ist wie damals. Die Macht und Güte Gottes haben mit den verfließenden Jahrhunderten nicht abgenommen.
In einem seiner Briefe an die Christen in Korinth sagte Paulus (2. Kor. 6:2): „Sehet, ... jetzt ist der Tag des Heils!“ Jetzt ist immer der Tag der Erlösung von den Gefahren und Schmerzen der materiellen Annahmen, wenn wir dies nur erkennen wollen. Der lebendige Christus spricht in der lebendigen Gegenwart. In den Worten Christi Jesu (Matth. 5:3): „Selig sind, die da geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr.“ Jesus lehrte, daß das Himmelreich, das heißt, die herrschende Gegenwart des harmonischen Guten, all denen zugehört, die die trügerischen materiellen Werte und den Sinnengenuß aufgegeben und sich in Demut Gott zugewandt haben, um Gesundheit, Versorgung, Inspiration und Frieden zu finden.
Die göttliche Wissenschaft des Heilens, die Jesus lebte, lehrte und demonstrierte, ist auch heutzutage gegenwärtig, um zu erlösen und zu segnen, ebenso wie zu Jesu Zeiten. Wir haben ihre Substanz und ihre Regeln in der Christlichen Wissenschaft. Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, beginnt das Vorwort zu ihrem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ mit den tröstlichen Worten (S. vii): „Für alle, die sich auf den erhaltenden Unendlichen verlassen, ist das Heute reich an Segnungen.“
Sich wahrhaft auf den erhaltenden Unendlichen verlassen, ist inbrünstiges, selbstloses Gebet. Es bedeutet, den Wunsch haben, mehr von Gott zu wissen, anstatt zu wünschen, daß Gott mehr von uns wisse; es bedeutet, danach zu streben, daß wir Ihm wirkungsvoller dienen, statt zu wünschen, daß Er uns wirkungsvoller dienen möge; es bedeutet, von Tag zu Tag mehr von Seiner Liebe widerzuspiegeln, anstatt darum zu bitten, daß Er uns mehr liebe. Solche Art Gebet führt zu den Segnungen, die wir erstreben.
Gott, der eine Unendliche, erhält Seine Kinder ebenso gewißlich, wie die Sonne die Lichtstrahlen erhält, die von ihr ausgehen. Der Mensch ist die Widerspiegelung Gottes, die Idee des Gemüts, die Ausstrahlung der Liebe. Der Mensch kann ebensowenig ohne Gott existieren, wie das Sonnenlicht ohne die Sonne. In der Wissenschaft ist der Mensch untrennbar mit dem Vater verbunden.
Der materielle und falsche Begriff des Menschen könnte uns dazu führen zu glauben, daß die Menschen voneinander getrennt und von Gott losgelöst sind, daß sie in Zeit, Raum und in ihrer Tätigkeit eingeschränkt sind und einer dunklen, Gott unähnlichen Macht unterworfen, die Sünde, Krankheit und Tod hervorbringt. Das ist die sterbliche — d.h. die toderfüllte oder unwirkliche — Auffassung vom Menschen. Das ist nicht der Mensch. Das menschliche Bewußtsein entfaltet sich und schreitet vorwärts aus der Dunkelheit dieser materiellen Annahme zum Licht des geistigen Begriffes, und dieser Fortschritt bedeutet Heilung. Die Kraft, uns von allen Übeln des Fleisches freizumachen, beruht in unserem Verständnis von der geistigen Wesenheit des Menschen als des Kindes Gottes.
Wir lernen, richtig zu beten, in dem Maße wie wir lernen, Anspruch zu erheben auf unser Gebifrtsrecht als Kinder Gottes. Jemand, der an einer körperlichen Krankheit leidet, kann augenblicklich Heilung finden, wenn er sich abwendet von dem Glauben an dieses Trugbild der materiellen Sinne — das nicht die Wahrheit über Gottes Ebenbild und Gleichnis darstellen kann — zu der Wahrheit selbst; so erhebt er Anspruch auf sein Erbteil geistiger Vollkommenheit.
Die Unendlichkeit Gottes, des Guten, schließt die Möglichkeit eines wirklichen Daseins von irgend etwas, das nicht gut ist, aus. Gott schließt alle Macht, alle Wirklichkeit, alles Leben, alle Güte in sich, und es gibt keine Macht, die Ihm widerstehen kann. Um Freiheit von Begrenzungen aller Art zu erleben, müssen wir die Wahrheit erkennen, die uns freimacht, wie Christus Jesus betonte; wir müssen die Tatsache der ewig im Geist begründeten Freiheit des Menschen erkennen. Wir müssen erkennen, daß Gott, das Gute, Alles-in-allem ist.
Diese Wahrheit wurde von der Verfasserin demonstriert, als sie sich vor einigen Jahren als letzte Zuflucht der Christlichen Wissenschaft zuwandte, um Heilung von einer Krankheit zu finden, welche die Ärzte für unheilbar erklärt hatten. Sie hatte mehrere Jahre lang daran gelitten. Durch das Lesen des ersten Kapitels in „Wissenschaft und Gesundheit“, mit der Überschrift „Gebet“, lernte sie begreifen, was Gebet ist. Die Heilung kam augenblicklich, und es wurde ihr klar, daß ihre Wiederherstellung nicht weniger wunderbar war als die Heilungen, die Christus Jesus wirkte, jene Wunder, die sie als Kind so gerne hätte miterleben mögen. Sie sah endlich ein, daß diese nicht übernatürliche, sondern göttlich natürliche Vorgänge waren. Es ist immer natürlich und richtig, daß ein Gotteskind gesund sei.
„Das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen“, versichert uns die Bibel (Jak. 5:15), „und der Herr wird ihn aufrichten; und so er hat Sünden getan, werden sie ihm vergeben sein.“
Wenn ... du betest, so gehe in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten öffentlich. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viel Worte machen. Darum sollt ihr euch ihnen nicht gleichstellen. Euer Vater weiß, was ihr bedürfet, ehe denn ihr ihn bitte.— Matthäus 6:6–8.
