„Herz, harre aus: für Haß lieb um so mehr !
Gott ist ja gut, Verlust oft segenschwer.“
Im Nachdenken über diese Zeilen von Mary Baker Eddy (Gedichte, S. 4) wurde es einer Christlichen Wissenschafterin klar, daß geistige Umwandlung der Weg ist, um die Heiligkeit und Herrlichkeit Gottes, der Liebe, kundzutun. Sie erkannte, daß Feindseligkeit in dem Verhältnis aus dem Bewußtsein verschwindet, wie wir mehr lieben. Wenn unser eigenes Denken oder Bewußtsein geläutert ist, so können wir Unreinheit nicht länger als zum Menschen gehörig betrachten. Wir können unserem Bruder keine unfreundlichen oder Gott unähnlichen Züge zuschreiben, weil Gott, der die einzige Ursache und der einzige Schöpfer ist, sie nicht gemacht hat. In Wirklichkeit existieren daher keine feindseligen Persönlichkeiten, keine irrigen Situationen und keine widrigen Verhältnisse.
In „Miscellaneous Writings“ (Vermischte Schriften) stellt Mrs. Eddy die folgenden wichtigen Fragen: „Könnt ihr einen Feind gewahren, wenn ihr nicht zuvor für ihn diesen Ausdruck geprägt habt und dann auf den Träger dieses eures Begriffes schaut? Was ist es, das euch kränkt? Kann denn Hohes oder Tiefes, oder eine andere Kreatur euch scheiden von der Liebe, die das allgegenwärtige Gute ist, — die unendlich segnet, einen und alle?“ Und im folgenden Absatz rät sie: „Nennt nur das euren Feind, was das Christusbild, das ihr widerspiegeln sollt, besudelt, entstellt und entthront.“
Die göttliche Liebe fördert und unterstützt Bruderliebe, Barmherzigkeit, Rücksichtnahme, Geduld, Höflichkeit und Freundlichkeit. Diese christlichen Eigenschaften bringen ihrerseits natürliches Handeln, Eingehen auf andere, Freude, Harmonie und guten Willen ans Licht, denn die Liebe hebt durch die Ausmerzung alles Unfreundlichen das Christusbild mit seiner heilenden Macht auf den Thron.
Die Lehre der Christlichen Wissenschaft, daß Gott Alles-in-allem ist, entlarvt Feindseligkeit als eine Täuschung des sterblichen Gemüts. Diese Bloßstellung seiner Nichtsheit zerstreut seine scheinbare Macht und Gegenwart. Wenn man Gottes universale, allumfassende Liebe und Unparteilichkeit geistig wahrnimmt, so fühlt man Seine Allheit. Dann erkennt man, daß die göttliche Liebe das Prinzip des Seins des Menschen ist, und daß der Mensch Seine Heiligkeit widerspiegelt, weil Gott Liebe ist.
Die Wahrnehmung dieser Wahrheit befähigt uns, unsern Nächsten wie uns selbst zu lieben und ihn als die Widerspiegelung oder das Bild Gottes zu erkennen. Simon Petrus‘ Erkenntnis der Universalität Gottes befähigte ihn, mit Gewißheit zu erklären (Apg. 10:34): „Nun erfahre ich mit der Wahrheit, daß Gott die Person nicht ansieht.“ Durch die Annahme dieser logischen Schlußfolgerung erwirbt man den Anspruch, an der unerschöpflichen Versorgung der Liebe teilzunehmen und ihre Lieblichkeit, die nährt und erhält, allüberall zu erkennen. Der Sieg der Liebe offenbart das ununterbrochene Wirken, die Beständigkeit ihres Wohlwollens, ihrer Gnade und Unveränderlichkeit.
Josephs Lebensbericht im Alten Testament weist auf die Macht der widergespiegelten Liebe hin. Obgleich seine Brüder solange von Eifersucht, Habgier und Bosheit beherrscht wurden, bis sie die Einflüsterungen des Bösen, ihn aus dem Wege zu schaffen, zur Tat werden ließen, so muß Joseph doch ausgeharrt und für Haß um so mehr geliebt haben, denn viele Jahre später, als er wieder mit seinen Brüdern vereinigt war, sagte er (1. Mose 45:5): „Nun bekümmert euch nicht und denkt nicht, daß ich darum zürne, daß ihr mich hieher verkauft habt; denn um eures Lebens willen hat mich Gott vor euch her gesandt.“
Gleich Joseph müssen auch wir größer sein, als unsere Probleme, und unsere Erfahrungen in Segnungen verwandeln, indem wir uns durch das Prinzip, Liebe, regieren und leiten lassen. Durch einen klareren Begriff von Liebe als unendlich gut, lernen wir, kein Böses zu fürchten. Wir müssen Tadelsucht, Argwohn, Verurteilung und Bosheit durch das von Gott verliehene Vertrauen, durch Zuversicht, Barmherzigkeit und Verständnis ersetzen, um die heilende Gegenwart der allumschließenden Liebe zu empfinden. Wenn in unseren menschlichen Beziehungen Empfindlichkeit, Misverständnisse und Reibereien aufkommen, wenn sich im Geschäftsleben Nebenbuhlerschaft zeigt oder wenn in uns selbst Unruhe herrscht, so haben wir in dem Christus-Bewußtsein das Gegenmittel — jenem Bewußtsein, in dem des Menschen Einheit mit Gott wahrgenommen wird.
Einen Sieg der Liebe über Abneigung und Groll erlebte die Schülerin einer christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule, die große Liebe für ihre Mutter und Erbitterung gegen ihren Stiefvater empfand. Ihr wurde gezeigt, daß die wirkliche, vom Prinzip hergeleitete Liebe selbstlos und uneigennützig ist. Sie wurde auch darauf hingewiesen, daß der Prüfstein wirklicher Liebe die Bereitwilligkeit ist, das Selbst zu vergessen. Sie, ihre Klasse der Sonntagsschule und ihr Heim wurden gesegnet, weil sie lernte, „für Haß. .. um so mehr zu lieben.“
Unter der Randüberschrift „Der Harnisch der Göttlichkeit“ schreibt Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 571): „Zu allen Zeiten und unter allen Umständen überwinde Böses mit Gutem. Erkenne dich selbst, und Gott wird dir Weisheit und Gelegenheit zu einem Sieg über das Böse geben. Bist du mit dem Panzer der Liebe angetan, so kann menschlicher Haß dich nicht erreichen. Der Zement einer höheren Menschlichkeit wird alle Interessen in der einen Göttlichkeit vereinen.“