Gott hat keinen Anfang. Er ist ewig und schließt Seine unendliche Schöpfung in sich. „Das Unendliche hat keinen Anfang“, erklärt Mary Baker Eddy in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 502). Das geistige Weltall, einschließlich des Menschen, begann niemals und wird niemals enden; und von dieser Grundlage aus muß man folgern, wenn man fehlerlose Logik in seinen Schlußfolgerungen hervorbringen will. Zur Erläuterung ihrer obigen Erklärung fügt Mrs. Eddy hinzu: „Das Wort Anfang wird gebraucht, um das Einzige zu bezeichnen — d.h. die ewige Wahrheit und Einheit von Gott und dem Menschen, einschließlich des Universums.“
Das materielle Universum bietet ein Bild von dem Leben dar, das erscheint, wächst, reift, verfält und stirbt. Doch das ist nur eine Vorstellung des sterblichen, gefälschten Daseinbegriffs. Der sterbliche Mensch ist der objektive Zustand der materiellen Annahme, die schließlich gegen die unsterbliche Idee der Seele ausgetauscht werden muß. Es ist diese Idee der Seele, des wirklichen Menschen und Universums, die weder Anfang noch Ende hat. Der Prediger sagte (Pred. 3:15): „Was geschieht, das ist zuvor geschehen, und was geschehen wird, ist auch zuvor geschehen.“
Die Christliche Wissenschaft macht es klar, daß es in Wirklichkeit nur das Jetzt gibt. Es gibt keinen Moment im wirklichen Sein, dem eine Leere voranging — Dunkelheit, Vergessenheit, ein Nichts. Das Sein in all seiner Herrlichkeit besteht ewiglich im Gemüt. Wenn es von Gott heißt, daß Er Himmel und Erde gründete, so bestanden diese in Wirklichkeit schon in Gott. Was der inspirierte Chronist als einen Anfang bezeichnete, war eigentlich eine Entfaltung dessen, das ewig besteht. Die Schöpfung ist das immerwährende Erscheinen der Ideen Gottes im Bewußtsein. Sie ist nicht zeitlich.
Die Zeit bezieht sich nur auf die Materialität. Entfernt die Materie, und die Zeit wird unwichtig, belanglos. Alles, was ewig, gut und wahr ist, ist in dem ewigen Jetzt inbegriffen. Die geistige Gegenwart schließt jede Offenbarwerdung Gottes in sich — ja, selbst die Einzelwesen, deren irdische Daseinsform dem sterblichen Auge nicht mehr wahrnehmbar ist. Das immer gegenwärtige Jetzt schließt den Christus in sich, die vollständige, geistige Widerspiegelung Gottes. Sie schließt gleichfalls die individuelle Wesenheit in sich, die Söhne und Töchter Gottes, und jede geringere unkörperliche Individualität. Jede Idee des Guten, Schönen und Nützlichen existiert in der ewigen Gegenwart, ohne Körperlichkeit zu besitzen.
In der Genesis (2:5) wird erklärt, daß Gott „allerlei Bäume auf dem Felde und allerlei Kraut auf dem Felde schuf, ehe sie auf Erden waren“ (nach der engl. Bibelübersetzung). Alles, was Gott widerspiegelt, alles, von dem wir hören, daß Gott es erschaffen hat, existiert im Gemüt, in der zeitlosen Ewigkeit. Die scheinbar körperlichen Offenbarwerdungen von Pflanzen, Kräutern und allen lebenden Wesen beeinflussen nicht ihre unendliche, fortdauernde Natur in Gott. Keine sterbliche Regel, keine Annahme körperlicher Existenz kann die geistige Existenz berühren oder beeinflussen.
Christus Jesus deutete die zeitlose Natur seines wahren Seins an, als er sagte (Joh. 8:58): „Ehe denn Abraham ward, bin ich.“ Wenn Jesus zeitlich gesinnt gewesen wäre, hätte er vielleicht gesagt: „Ehe denn Abraham war, war ich“, doch er erkannte weder Anfangspunkt noch Endpunkt an.
Die Annahme, daß das Sein einen Anfangspunkt hat, führt zu der Schlußfolgerung, daß es schließlich enden muß. Die Gegentatsache der falschen Annahme eines körperlichen Anfangs ist, daß die Schöpfung, die unser wirkliches Seins, unsere wahre Wesenheit, in sich schließt, sich in dem ewigen Jetzt immer weiter entfaltet. Mrs. Eddy sagt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 507): „Die Schöpfung erscheint immerdar, und der Natur ihrer unerschöpflichen Quelle nach muß sie immerdar weiter erscheinen.“ Der Anfang ist in Wirklichkeit unendliche geistige Entfaltung; und diese findet in der einzigen Zeit statt, die es gibt — dem Jetzt. Es gibt keine zwei Schöpfungen, eine geistige und eine materielle. Es gibt nur den geistigen Ausdruck des Seins, und der ist zeitlos.
Jemand mag klagen: „Ach, wenn ich doch nur noch einmal anfangen könnte! Wie anders würde ich handeln, wenn sich mir noch einmal Gelegenheit böte!“ Wenn man erkennt, daß der Anfang des Seins immer im Jetzt ist, so hat man sogleich eine neue Gelegenheit zu beweisen, daß man wahrhaft geistig und vollkommen ist, ohne Anfang oder Ende.
Als Jesus von Nikodemus gefragt wurde, was er tun sollte, sagte er ihm, er müsse von neuem geboren werden. Jesus verstand die Möglichkeit eines geistigen Erwachens zum unkörperlichen Sein als der einen und einzigen Existenz. Seine Erklärung enthielt keine Andeutung, daß die Schöpfung etwas Zeitliches sei, das vor langer Zeit entstand, und das dem Verfall und der schließlichen Zerstörung unterworfen sei. Wir werden von neuem geboren in dem Maße, wie wir der Wahrheit Einlaß in unser Bewußtsein gewähren, daß Gottes Schöpfung, einschließlich unserer eigenen unsterblichen Wesenheit, in dem nie-endenden Jetzt immer weiter in Erscheinung tritt.
Johannes, der sich der Vollkommenheit der göttlichen Schöpfung klar bewußt war, sagte (1. Joh. 3:2): „Wir sind nun Gottes Kinder.“ Damit wollte er nicht sagen, daß ein zeitlicher, fleischlicher Sterblicher Gottes Kind sei, sondern daß die unsterblichen Ideen des Geistes jetzt schon Gottes vollkommene, unkörperliche Kinder sind.
Was tatsächlich beim Erwachen zum geistigen Sein stattfindet, ist die Überwindung der falschen Annahmen, daß wir aus Materie geschaffen wurden, und in gewissem Maße von Zeit, Raum, Umfang und Entfernung abhängig sind. Wir sind jetzt schon in Wirklichkeit Gottes nützliche, vollkommene Ideen, unbehindert von Zeit oder Materie, obwohl es der blinden sterblichen Annahme anders zu sein scheint.
Das menschliche Verlangen nach Befreiung von Schmerz, Krankheit oder Sünde kann nur durch die klare Erkenntnis befriedigt werden, daß das wahre Sein geistig und ewig ist, nicht materiell und zeitlich, und daß es daher nicht von der Zeit oder einem physischen Körper behindert oder geknechtet werden kann. In dem Verhältnis, wie der Christus, die Wahrheit, dem menschlichen Bewußtsein das Gesetz der Vollkommenheit offenbart, werden wir von neuem geboren. Die Gegenwart des Christus erweckt uns zu dem Verständnis, daß Leben und Sein zeitlos und vollkommen sind, und daß der Anfang oder die Entfaltung der Schöpfung immerdar im Jetzt besteht.