Was ist wahre Stärke? Ist es eine Eigenschaft, die zunehmen und abnehmen, erscheinen und verschwinden kann? „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben,“ erklärt der Psalmist (46:2). Da Gott unsere immergegenwärtige Stärke ist, kann dies keine schwankende oder abnehmende Kraft sein, denn Gott ist ewiglich allmächtig.
Die Tatsache, daß Gott unsere wirkliche Stärke ist, ist ein Gesetz des Schutzes und der Führung für alle, die diese Wahrheit verstehen und anwenden. Wahre Kraft ist nicht muskulös, mechanisch, elektrisch noch chemisch. Echte Stärke beruht auf dem Verständnis von der universalen Allerhabenheit Gottes und dem individuellen Einssein oder der individuellen Einheit des Menschen mit Gott. Gott regiert Seine Schöpfung in vollkommener Harmonie, und das Böse hat weder Raum noch Macht in dieser Schöpfung.
Die Christliche Wissenschaft offenbart die Regeln, die uns befähigen, die göttliche Wahrheit in unseren rechten täglichen Beschäftigungen anzuwenden und dadurch unser Leben harmonischer und kraftvoller zu gestalten. Mary Baker Eddy erklärt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 128): „Eine Kenntnis von der Wissenschaft des Seins entwickelt die latenten Fähigkeiten und Möglichkeiten des Menschen. Sie erweitert die Atmosphäre des Gedankens, indem sie den Sterblichen weitere und höhere Gebiete erschließt.“
Um all die schlummernden Fähigkeiten voll zu gebrauchen, die in der Erfüllung bürgerlicher, militärischer, geschäftlicher, beruflicher oder häuslicher Pflichten erforderlich sind, muß man eine Kenntnis vom wahren Sein entwickeln. Man muß verstehen lernen, daß es nur eine absolute Macht, nämlich Gott, Geist, gibt, und daß alle Ideen Gottes durch diese göttliche Kraft ewiglich erhalten und bewegt werden. Der Mensch, Gottes Bild und Gleichnis, besteht und bringt unaufhörliche Tätigkeit zum Ausdruck auf Grund der Macht des Geistes.
Geistige Stärke ist in unserer unaufhörlichen Erbschaft von Gott mit einbegriffen. Sie ist ein Erbe, „das behalten wird im Himmel euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit“, wie Petrus erklärt (1. Petr. 1:4, 5). Alles, das für uns im Himmel behalten wird, ist tatsächlich zu jeder Zeit gleich zur Hand, denn das Himmelreich ist nahe, ja, ist inwendig in uns. Die Kraft Gottes erwartet stets unsere Anerkennung und Anwendung.
Der Anhänger der Christlichen Wissenschaft, der diese verfügbare Stärke als stets zur Hand anerkennt, hat in der Tat die Gegenwart des Christus als den Erlöser in seinem Leben erkannt. Der Christus ist nie weit entfernt. Die Aufgabe von Christus, Wahrheit, ist zu retten, zu heilen, zu stärken und zu segnen. Und sein Zweck wird in dem Maße erfüllt, wie Christus, Wahrheit, verstanden und befolgt wird.
Unsere verfügbare Stärke darf in allen rechtschaffenen Umständen benutzt werden. Andere mögen unsere Stärke als Schwäche ansehen, als ein bloßes Tüttel von Macht, wie David es in seinem Streit mit Goliath anzuwenden schien. Wie auch in jenem Fall, mag der Feind sich lustig machen über unsere geistige Rüstung, unsere Schleuder und unseren Stein der Verteidigung und des Angriffs.
Hiob wurde in den folgenden Worten vom Herrn befragt (38:22, 23): „Bist du gewesen, da der Schnee her kommt, oder hast du gesehen, wo der Hagel her kommt, die ich habe aufbehalten bis auf die Zeit der Trübsal und auf den Tag des Streites und Krieges?“ Nein, Hiob war sich der großen Macht Gottes noch nicht gewahr, auch nicht der Tatsache, daß Seine Macht und Majestät stets in natürlicher Weise in Zeiten der Not zu unseren Gunsten offenbart werden kann.
Die Schätze dieser verfügbaren Stärke sind immer zur Hand. Wir dürfen jederzeit diese verborgene Macht in Anspruch nehmen, um uns vor Gefahr zu schützen und menschliche Probleme zu lösen. Die Segnungen unserer ewigen Stärke werden durch Gebet demonstriert, durch das Verständnis von der Allmacht und Allgegenwart Gottes und der Machtlosigkeit des Bösen.
Jeder einzelne von uns ist fähig, die höchste Macht Gottes für sich in Anspruch zu nehmen. Aber die Offenbarung wahrer Macht erscheint in unserer Erfahrung nur in dem Maße, wie wir die Allerhabenheit Gottes und die vollkommene Beziehung des Menschen zur Gottheit verstehen. Die göttliche Macht sorgt nicht für unwürdige Unternehmungen. Wenn auch böse Kräfte zuweilen erfolgreich erscheinen, können wir daraus erkennen, daß dieser scheinbare Erfolg nur einer Nachahmung der Macht seitens des Bösen zuzuschreiben ist, sowie der Tatsache, daß wir in irgendeiner Hinsicht versäumt haben, den sterblichen Irrtum zu erkennen und zu leugnen, und die göttliche Methode der Verteidigung und Führung, die stets zur Hand ist, zu gebrauchen.
Ein Konversationslexikon berichtet von einer Begegnung im späten fünfzehnten Jahrhundert zwischen den Waldensern, die nach den Alpen geflüchtet waren, um Gott auf ihre Art und Weise zu verehren, und ihren Verfolgern. Wir lesen, daß, während eines letzten nutzlosen Versuchs ihrer Feinde, diese religiösen Dissidenten auszurotten, ein Nebel ein gewisses Hochgebirgstal erfüllte.
Der Feind, anscheinend verwirrt durch den Nebel und das unbekannte Gelände, wurde zurückgetrieben und erlitt große Verluste. Die verfügbare Stärke, die sich diese Verteidiger zunutze machten, lag nicht in der Menge der Leute und der Munition, denn sie hatten derer nur wenig; sie lag vielmehr in einer Offenbarung des göttlichen Schutzes in der Form von Nebel, der sie von ihren Feinden verborgen hielt.
Unsere wahre Stärke besteht in unserer bewußten Einheit mit Gott, dem Guten. Es gibt keine Gefahr in der Feste Gottes. In einem Brief an die Kirchen Christi, Wissenschafter, in Chikago, Illinois, in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ (Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 164) in dem sie sich auf die großen Fortschritte der Christlichen Wissenschaft in jener Stadt bezog, schrieb Mrs. Eddy: „Was ist dieses Etwas, dieses Phönixfeuer, diese Säule am Tage, die euren Pfad erhellt, euch führt und bewacht? Es ist Einheit, das Band der Vollkommenheit, die tausendfältige Ausbreitung, die die Welt umgürten wird — Einheit, die den tiefinnersten Gedanken in uns in das Größere und Bessere, die Summe aller Wirklichkeit und alles Guten, entfaltet.“ Und sie fügt hinzu: „Diese Einheit ist verfügbare Weisheit und Stärke.“
    