Die Christlichen Wissenschafter erkennen an, daß Gott das Gute und allgegenwärtig, allwissend und allmächtig ist. Daraus folgt, daß die Schöpfung, die ein solch allmächtiger, alliebender und allwirkender Gott geschaffen hat, vollkommen sein muß. Ein inspirierter Ausspruch Mary Baker Eddys in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 207) lautet: „Die geistige Wirklichkeit ist die wissenschaftliche Tatsache in allen Dingen. Die geistige Tatsache, die sich in der Tätigkeit des Menschen und des ganzen Universums wiederholt, ist harmonisch und ist das Ideal der Wahrheit. Geistige Tatsachen können keine Umkehrung erfahren; die entgegengesetzte Disharmonie, die keine Ähnlichkeit mit der Geistigkeit hat, ist nicht wirklich.“ Es ist wahrlich eine grundlegende Behauptung, daß geistige Tatsachen keine Umkehrung erfahren können.
Durch den Augenschein der materiellen Sinne scheint es aber, als wäre die Schöpfung verkehrt, der Ungerechtigkeit und der Unfreiheit anheimgegeben. Da jedoch die geistige Tatsache der Vollkommenheit keine Umkehrung erfahren kann, muß das, was wir zu sehen scheinen, eine Täuschung sein. Wenn das Unvollkommene keinerlei Wirklichkeit besitzt, müssen wir sein Dasein leugnen, wo immer wir ihm auch zu begegnen scheinen. Etwas Unwirkliches kann keinen Widerstand leisten gegen das, was wirklich und wahr ist.
Die Bibel sagt von Gott, daß Er die Liebe sei. In der Christlichen Wissenschaft lernen wir verstehen, daß die göttliche Liebe allgegenwärtig ist. Liebe schließt Gerechtigkeit, Ordnung, Harmonie und deren vollkommenen Ausdruck in sich; daher ist da, wo Gott ist, Freiheit von Sünde, Krankheit und Tod. Da Gott überall ist, ist auch Freiheit überall; und die Freiheit des Menschen ist eine geistige Tatsache, die keine Umkehrung erfahren kann.
Paulus schrieb (2. Kor. 3:17): „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“ Es würde der Allgegenwart Gottes widersprechen, wenn es eine Stätte gäbe, wo der „Geist des Herrn“ nicht anwesend wäre. Dieser „Geist des Herrn“ beherrscht alle, und unter diesem göttlichen Gesetz entfaltet sich uneingeschränkt die Harmonie.
Nun scheint es aber so, als sei gerade die Unfreiheit des einzelnen eine der belastenden Erscheinungen des sterblichen Lebens. Da jedoch die Freiheit des Menschen eine geistige Tatsache ist, die nicht umgekehrt werden kann, so muß in dem einschränkenden Verhalten des sterblichen Sinnes der Grund dafür liegen, daß der Mensch sich unfrei und von mangelhaften Umständen gefesselt fühlt.
Als ein Pharisäer Christus Jesus fragte, was wohl das größte Gebot sei, antwortete dieser (Matth. 22:37): „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte.“ Und dann fügte er hinzu: „Das andere aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst.“ In diesen grundlegenden Geboten wird nichts vom Eigenwillen gesagt. Wenn die Menschen selbstsüchtig, haßerfüllt, unwahrhaftig und furchtsam werden und denken, daß der eigene Wille sie besser zu führen vermöge als das Lauschen auf den Willen Gottes, dann legen sie Fesseln an, die sich in Sünde, Krankheit und Tod ausdrücken. Diese Unfreiheit steht jedoch nicht im Einklang mit dem göttlichen Gesetz, und sie können sich davon frei machen, indem sie die Gebote Gottes halten. Denn nur, wo die Menschen das göttliche Gesetz der Liebe zu Gott und zum Nächsten erfüllen, wandeln sie in der Freiheit.
Die Sterblichen verwechseln Gesetzlosigkeit sehr oft mit Freiheit und erleben dann, daß gerade die Gesetzlosigkeit sie in die Unfreiheit verstrickt. Zur wahren Freiheit gehört es, daß der Mensch sich geborgen und sicher fühlt. Geborgenheit und Sicherheit kann jedoch nur im Gesetz Gottes gefunden werden. In der Apostelgeschichte wird uns erzählt, daß Petrus gefangen war und gebunden mit zwei Ketten zwischen zwei Kriegsknechten schlief, und daß die Hüter vor der Tür das Gefängnis bewachten (12:6). Der Engel des Herrn weckte Petrus und befahl ihm, schnell aufzustehen. Die Ketten fielen von seinen Händen, eine eiserne Tür tat sich vor ihm auf, und Petrus war frei! Weder Gefängnis noch Ketten vermögen die Menschen zu binden, wenn sie die volle Freiheit ihres geistigen Seins erkennen und anerkennen. Die Macht der Wahrheit vermag alle irdischen Fesseln zu sprengen.
Mrs. Eddy sagt in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 28): „Der feste Vorsatz, Geist im Bann der Materie zu halten, ist der Verfolger von Wahrheit und Liebe.“ Der Glaube an ein sterbliches Gesetz der Beschränkung scheint unsere geistige Freiheit zu fesseln. Wir sollten ohne Unterlaß wachen und beten. Die Freiheit des Menschen ist eine geistige Tatsache, und wir können diese Freiheit nur verteidigen, wenn wir dem göttlichen Gesetz beständig gehorsam sind. Paulus sagte (Gal. 5:1): „So besteht nun in der Freiheit, zu der uns Christus befreit hat, und lasset Euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen.“
Das Bewußtsein, daß die Freiheit immer und fortdauernd besteht, was auch der materielle Augenschein uns glauben machen möchte, erhebt uns über die Furcht. Wie oft sagte Jesus: „Fürchtet Euch nicht.“ Die Furcht will uns vorspiegeln, daß der Mensch von Gott getrennt werden könnte; aber wie die Sonne niemals von ihren Strahlen getrennt werden kann, so kann auch der Mensch niemals von Gott, seinem Ursprung, geschieden werden. Die unaufhörliche Verbindung von Gott und Seiner Idee ist eine geistige Tatsache, die keine Umkehrung erfahren kann.
Wir brauchen uns nicht zu fürchten. Stellen sich uns Probleme entgegen, so ist die unbedingte Anerkennung der Allheit Gottes das erste, womit wir bei der Lösung des Problems beginnen sollten. Dort, wo das Problem zu sein scheint, ist in Wirklichkeit die Allgegenwart Gottes; und die Wirkung dieser Allgegenwart kann nur Freiheit und Harmonie sein.
Auf Seite 114 von „Wissenschaft und Gesundheit“ sagt Mrs. Eddy: „Die Christliche Wissenschaft erklärt alle Ursache und Wirkung für mental, nicht für physisch. Sie hebt den Schleier des Geheimnisses von Seele und Körper. Sie zeigt die wissenschaftliche Beziehung des Menschen zu Gott, sie entwirrt die verworrenen Doppelsinnigkeiten des Seins und befreit den gefangenen Gedanken.“ Dadurch daß wir die geistige Tatsache der göttlichen Wirklichkeit anerkennen, gewinnen wir die Freiheit. Es ist belanglos, daß der materielle Sinn die Liebe leugnet, wenn wir diese falsche Behauptung sogleich umkehren und daran festhalten, daß die Liebe das allein wirkende Prinzip alles Lebens ist, und daß Unwissenheit, Stolz und Trägheit den Nebel darstellen, den ein einziger Strahl der Wahrheit durchdringt.
Die Verfasserin hat in einem Falle das Wirken der befreienden Macht richtiger Gedanken besonders erkannt. Da sie ein ärztliches Attest für eine Berufswahl brauchte, mußte sie sich einer Röntgendurchleuchtung unterziehen. Am nächsten Tage wurde ihr eröffnet, daß am rechten Lungenflügel dunkle Flecken auf eine unausgeheilte Entzündung schließen ließen, so daß ein Aufenthalt in einem Sanatorium wünschenswert sei. Man wollte am folgenden Tage noch einmal eine Aufnahme und eine Blutprobe machen, um den Grad der Erkrankung festzustellen.
Der erste Gedanke der Verfasserin war voll Unsicherheit und Furcht, der zweite, sich sogleich an eine Ausüberin der Christlichen Wissenschaft zu wenden. Sie fühlte sich plötzlich ihrer Freiheit der Entscheidung beraubt; denn sie erkannte, daß ihr nur eine Nacht Zeit gegeben worden war, um der Behauptung einer heimtückischen Krankheit, der sie unerwartet gegenüberstand, entgegenzutreten. Bevor sie jedoch das Telegramm an die Ausüberin aufgab, kam ihr der erleuchtende Gedanke, daß Gottes Allgegenwart ihr genau so zur Verfügung stünde wie ihrer treuen Helferin.
Sie legte sich zu Bett und suchte in Aufsätzen der christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften Hilfe und Sicherheit. Aber anstatt sich zu beruhigen, fand sie, daß sich plötzlich Schmerzen in eben jenem Lungenflügel einstellten, der von den Ärzten für angegriffen erklärt worden war. Da erkannte sie die ganze Täuschung klar. Vor der Untersuchung hatte sich ihr Bewußtsein in einem Traum von Sicherheit gewiegt, obwohl eine jahrelang zurückliegende Rippenfellentzündung niemals ganz aus ihrem Gedächtnis gewichen war; so gelang es nun der Furcht, die ihr das Röntgenbild eingeflößt hatte, die Schmerzen und Beschwerden zu erzeugen.
Sie erkannte, daß sie einer Täuschung anheimgefallen war, und daß sie froh sein mußte, nun einen unausgemerzten Irrtum aus ihrem Bewußtsein auslöschen zu können. Sie erhob ihr Denken über die Furcht, indem sie freudig die geistige Tatsache anerkannte, daß sie vollkommene Gesundheit und Harmonie verköperte; denn der Mensch besteht aus vollkommenenen Ideen und wird ununterbrochen geistig erhalten. Statt der Furcht hatte sie jetzt ein wunderbares Gefühl der Befreiung und schlief ruhig ein.
Zu der Untersuchung am nächsten Morgen ging sie in froher Erwartung, fügte sich allen Anordnungen willig und war nicht erstaunt, als man ihr eröffnete, daß keinerlei Flecken auf der neuen Aufnahme sichtbar seien, auch keine Entzündung in der Blutprobe festgestellt werden könnte.
Die Verfasserin hatte sich gemerkt, wieviel Macht der Anerkennung der geistigen Tatsache der göttlichen Wirklichkeit innewohnt, und wenn ein scheinbares Problem auftauchte, hat sie unermüdlich daran gearbeitet, den absoluten Standpunkt der Christlichen Wissenschaft zu erlangen.
Jedes menschliche Problem, gleichviel ob Krankheit, Mangel oder Furcht, bedeutet eine Beschränkung der Freiheit. Völlige Freiheit jedoch ist eine geistige Wirklichkeit. Wenn auch das Ringen, diese geistige Wirklichkeit der Freiheit voll zu schauen und anzuerkennen, oft übermenschlich scheinen mag, so gelingt es doch, mit Hilfe der Bibel, der Schriften Mrs. Eddys, der christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften oder des Beistandes der Ausüber den Weg zur Freiheit zu finden.
Die Allheit der göttlichen Wirklichkeit kann bewiesen werden. Wer dem göttlichen Gesetz gehorsam ist, den erhält dieses selbe Gesetz in der vollkommenen Freiheit der Kinder Gottes.
