Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Seinen Lohn verdienen

Aus der Mai 1958-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Man hört mitunter Einwendungen gegen gewisse „Fürsorgemaßnahmen“ von Regierungen, zum Beispiel, daß die Leute dazu erzogen werden, etwas ohne Gegenleistung zu erwarten — ein gutes Auskommen und Sorglosigkeit, ohne den Preis dafür zu bezahlen; man hört den Einwand, daß diese Neigung den Wunsch nach Wohltaten erweckt, ohne genügende Anstrengungen zu machen, sich diesen Segen zu verdienen. Dieser Einwand beruht auf dem Naturgesetz, das erfordert, daß die „Soll-und-Haben-Seiten“ des Lebens im Gleichgewicht gehalten werden, und er demonstriert, daß wir letzten Endes nur das besitzen, was wir uns wirklich verdient haben.

Die Christliche Wissenschaft ist keine Ausnahme von dieser Regel. Wir können ihren wirklichen Segen nicht genießen, ohne ihn uns zu verdienen. Die Lehren dieser Wissenschaft, die auf den Worten und Werken des Meisters Christus Jesus begründet sind, betonen nachdrücklich dieselben grundlegenden Wahrheiten, die er in den Gleichnissen vom Himmelreich darlegte. Er sagte (Matth. 13:45, 46): „Abermals ist gleich das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte. Und da er eine köstliche Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.“

Die Christliche Wissenschaft kann für keinen geringeren Preis erkauft werden, als den, der mit ihren festgelegten Regeln der Ausübung in vollem Einklang steht. Viele sind bereit, ein Preisangebot auf die Christliche Wissenschaft zu machen, aber wenige sind willens, den Preis zu zahlen. Dieser Preis bedeutet nicht nur geistige Hingabe, sondern auch Gründlichkeit in der Behandlung durch die Aufdeckung des Irrtums und die Verteidigung der Wahrheit im Sinne der Christlichen Wissenschaft.

Das zugrunde liegende Fundament einer Behandlung ist, daß Gott das göttliche Prinzip alles Bestehenden ist — der Alles-in-allem. Der Zweck einer christlich-wissenschaftlichen Behandlung ist, die Vergegenwärtigung von der Gegenwart und heilenden Macht Gottes in das Bewußtsein zu bringen. Man könnte sagen, daß es zwei Arten von Behandlung gibt. Die eine Art ist die augenblickliche Christus-Weise, von der Mary Baker Eddy im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ in den folgenden Worten spricht (S. 411): „Wenn Geist oder die Macht der göttlichen Liebe für die Wahrheit zeugt, dann ist dies das Ultimatum, der wissenschaftliche Weg, und die Heilung ist eine augenblickliche.“ Die andere Art der Behandlung ist der Weg des Arguments, wofür die Erklärung auf vielen Seiten der Schriften Mrs. Eddys zu finden ist. Das Bejahen der Wahrheit und das Verneinen des Irrtums sind die menschlichen Hilfsmittel, die dazu dienen, das Denken zu der Erkenntnis der Heilkraft des Christus zu bringen.

Obgleich die Anhänger der Christlichen Wissenschaft ohne besondere Argumente viele wunderbare augenblickliche Heilungen zustande bringen, wie sie von Jesus und seinen Nachfolgern vollbracht wurden, so ist es doch zweifellos einleuchtend, daß der Wissenschafter fahrlässig handeln würde, wenn er den Fall nicht weiter verteidigen wollte, wie die Christliche Wissenschaft es uns lehrt, falls seine erste Behandlung nicht schnelle Ergebnisse erzielt. Die oft so nachdrücklich geäußerte Mahnung: „Handhabe den Anspruch!“ ist gebieterisch. Man würde das Vertrauen auf die Wahrheit verwirken, das für ihren Beweis so notwendig ist, wollte man lediglich absolute Erklärungen der Wahrheit wiederholen, ohne die entsprechende Anwendung auf das vorliegende Bedürfnis — und in einem Geist, der der notwendigen Barmherzigkeit und Nächstenliebe ermangelt.

Man erwirbt sich den Lohn wissenschaftlicher Demonstration, wenn man willig ist, seine mentalen Argumente gegen das Körperliche zu Felde zu führen, die verwickelten Formen des sterblichen Gemüts aufzudecken und ihnen mit der Wahrheit entgegenzutreten, ebenso wie ein Naturwissenschaftler Falschheiten beharrlich verfolgt und aufdeckt. Dies wird durch so ausdrückliche Verneinungen und so klare Bejahungen zustande gebracht, daß alle Stadien des Irrtums, ob sie nun furchterregend, moralisch oder körperlich sind, verschwinden müssen. Das göttliche Gemüt bekundet Genauigkeit bei der Aufdeckung einer Unwahrheit, und der Heiler muß sich diese Tatsache bei seiner Arbeit zunutze machen.

Mrs. Eddy erwähnte ihr Widerstreben, der Öffentlichkeit ein Kapitel über den tierischen Magnetismus zu geben, als sie ihre erste Ausgabe von „Wissenschaft und Gesundheit“ vorbereitete; und sie berichtet, wie ihr der göttliche Vorsatz klar gemacht wurde, daß dies zu geschehen hätte (siehe „Rückblick und Einblick“, S. 37). Der Wissenschafter entdeckt oft, daß das menschliche Gemüt sich dagegen sträubt, die Ansprüche des Irrtums zu erkennen und gründlich zu handhaben. Das Ergebnis hievon mag ein Aufschieben oder Übersehen der notwendigen Anstrengungen bedeuten. Die absoluten Wahrheiten, die die Grundlage der Wissenschaft bilden, werden in dem Maße verstanden, in dem materielle Annahmen erkannt und zerstört werden. Um den Segen einer Heilung zu erleben, muß man ihn sich durch geistiges Verständnis verdienen oder dadurch, daß man den Irrtum analysiert, sein Wesen aufdeckt und ihn dann der heilenden Macht der Wahrheit gegenüberstellt.

Manche mögen das Gefühl haben, daß die Verneinung des Irrtums zusammen mit der Bejahung der Wahrheit zu rudimentär für sie ist, da sie glauben, darüber hinaus bereits das Gebiet reinen abstrakten Wissens erreicht zu haben. Manche mögen sogar die Neigung haben, gewisse Teile des Lehrbuchs, die sich mit dem Irrtum befassen, als überholt anzusehen, während sie jene Teile, die sich mit abstrakter Metaphysik befassen, als fortschrittlich und ausreichend betrachten. Mangelnde Bereitwilligkeit, das Wesen der verborgenen mentalen Wege des Irrtums zu erkennen und ihnen mit der Wahrheit entgegenzutreten, ist ein Merkmal der Lehren gewisser religiöser und moralischer Bewegungen der Vergangenheit.

Die als Gnostik bekannte Philosophie war eine Mischung orientalischer, jüdischer und griechischer Religionen, welche in den ersten zwei Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung versuchten, ihre abstrakten und unfruchtbaren intellektuellen Lehren mit den reinen Lehren Jesu und seiner Nachfolger zu vereinigen. Die gnostische Philosophie umfaßte Lehren, die entweder zu strengem Asketentum oder uneingeschränkter Zügellosigkeit führten. Die gnostischen Spekulationen waren moralisch unfruchtbar und gaben sich mit Plattheiten von zweifelhafter Weisheit zufrieden. Diese Philosophie war einer der schädlichen Einflüsse, die die frühe christliche Kirche zu untergraben suchten, und sie war einer der Faktoren bei der Zerstörung ihrer Heilungs-Mission.

Es ist natürlich leichter und angenehmer, sich mit dem Guten als mit dem Falschen zu befassen und mit anderen über ihre Vorzüge zu sprechen, statt auf ihre Fehler hinzuweisen. In gleicher Weise mag man dem Aufdekken seiner eigenen Unzulänglichkeiten abgeneigt sein. Es bedarf eines hohen Grades geistiger Liebe und tiefen, mitfühlenden Verständnisses, um den Irrtum aufzudecken, auf ihn hinzuweisen und ihn durch die Christus-Macht zu heilen. Dies bedeutet nun nicht etwa, daß wir über Irrtümer grübeln und beständig über Unzulänglichkeiten nachsinnen sollten. Es bedeutet vielmehr, daß wir ihnen mutig entgegentreten und sie durch gebeterfülltes geistiges Verständnis zerstören sollten.

Mit Bezug auf die Neigung, das Handhaben der Ansprüche des Irrtums zu vermeiden, hört man gelegentlich die Bemerkung, daß die Verneinung des Irrtums ihn zu wirklich mache, daß sie unsere Gemütsruhe störe, das Denken verwirre und die Harmonie des Bewußtseins zerstöre. Selten tritt man in der menschlichen Erfahrung den unangenehmen Dingen freiwillig entgegen. Gewöhnlich wendet man sich von ihnen ab und versucht, an etwas anderes zu denken; dies zerstört sie jedoch nicht. Unser Meister forderte uns auf, wachsam zu sein. Solche Wachsamkeit sollte weder Furcht noch Verwirrung verursachen, noch sollte sie uns erschöpfen. Der getreue Wächter erwartet freudig das Erscheinen der Wahrheit im Bewußtsein und das Verschwinden des Irrtums.

Was uns heilt ist das, was wir von der geistigen Allheit wissen, die der Nichtsheit des Irrtums entgegenwirkt. Man macht den Irrtum nicht dadurch wirklich, daß man seine Wahrhaftigkeit verneint. Mrs. Eddy sagt (Rückblick und Einblick, S. 64): „Es ist wissenschaftlich, in bewußter Harmonie zu verharren, in der gesundheitspendenden, todlosen Wahrheit und Liebe. Um dies tun zu können, müssen die Sterblichen vor allem die Augen offen halten für alle trügerischen Formen, Verfahren und Spitzfindigkeiten des Irrtums, damit die Trugvorstellung, d.i. der Irrtum, zerstört werden kann. Geschieht das nicht, so werden die Sterblichen das Opfer des Irrtums werden.“

Die Materie ist nicht substantieller für uns als unsere Gedanken über die Materie. Der Irrtum ist eine vergängliche, schnell dahinschwindende Form der Täuschung oder des Hypnotismus, die nicht länger im menschlichen Gemüt verweilt, als ihr gestattet wird. Der Irrtum befaßt sich mit der Anatomie, mit dem menschlichen Körper, den Gesundheitsgesetzen, der Versorgung, sozialen Beziehungen, dem Geschäftsleben, der Welt und allem, was mit ihr zusammenhängt. Diese Dinge werden im Denken vergegenständlicht und erscheinen äußerlich in dem, was körperliche Zustände oder materielle Dinge genannt wird. Man wird finden, daß der Glaube an die Materie und die Furcht die beiden hauptsächlichsten Irrtümer sind, denen man entgegentreten und die man überwinden muß. Der Irrtum, zusammen mit seinen sogenannten körperlichen Wirkungen, verschwindet, wenn er direkt durch die Wahrheit bekämpft wird.

Es sollte erkannt werden, daß Krankheit oder Disharmonie in der Hauptsache eine hypnotische Annahme im Gemüt des Patienten ist, und daß die Veränderung seines Gemütszustandes durch Behandlung Heilung herbeiführt. Mrs. Eddy sagt in ihrer Predigt „Christian Healing“ (Christliche Heilung, S. 6): „Der Mensch denkt, daß er ein Medium der Krankheit sei; daß, wenn er krank ist, die Krankheit seinen Körper beherrsche mit was für Krankheitserscheinungen wir auch sehen mögen. In der Metaphysik bleibt jedoch die Tatsache bestehen, daß nur das Denken des Menschen ein Ergebnis an seinem Körper hervorbringen kann.“

Dem Verfasser wurde der folgende Vorfall berichtet. Er ging in einem Gerichtshof vor sich, in dem ein Fall von Familienzwistigkeiten verhandelt wurde. Der klägerische Anwalt war äußerst glatt und gewandt. Er plädierte für seinen Fall anscheinend mit größter Überzeugung; aber sein Plaidoyer war geschickt mit Entstellungen der Tatsachen und falschen Gesetzesauslegungen durchwirkt. Seine Unverschämtheit und Anmaßung setzten den jungen gegnerischen Anwalt derart in Erstaunen, daß er stumm wie an seinen Stuhl gefesselt dasaß. Er bot keine auf den Tatsachen begründete Verteidigung, noch berichtigte er die so falsch ausgelegten Gesetzesvorschriften. Der Hypnotismus des Irrtums behauptete sich ungestraft, und der Fall wurde verloren.

Ein interessanter Nachtrag zu dieser Geschichte ist, daß der junge Anwalt eine wertvolle Lehre aus dieser Erfahrung zog, die ihm in seiner späteren Praxis gute Dienste leistete. Es sind viele Fälle vor Gericht bekannt, bei denen durch die Anwendung der Christlichen Wissenschaft die Machenschaften des Bösen überwunden und Gerechtigkeit durchgesetzt wurde.

Wenn man sich in einer körperlichen Prüfung befindet, sollte man sich nicht durch ihre scheinbare Wirklichkeit überwältigen lassen. Der Irrtum versucht, aus Nichts Etwas zu machen; die Materie als einen Zustand der Schwellung, Entzündung oder Krankheit darzustellen; Furcht oder Sünde wirklich erscheinen zu lassen, uns entmutigt und unharmonisch zu machen; oder gar Zweifel an unserer Fähigkeit zu erwecken, das Böse aufzudecken und zu überwinden. Der Irrtum besitzt jedoch nicht dies Vorrecht. In der Wissenschaft gibt es nirgends etwas anderes als das Gute.

Mrs. Eddy hat die Erläuterung einer Gerichtsverhandlung als eine Allegorie dargeboten, in der die Verteidigung der Christlichen Wissenschaft den Kranken heilt. Besonders geschickt ist ihr Vergleich der Argumentation eines Rechtsanwalts mit den Argumenten, die wir in der Behandlung eines Falles im Sinne der Christlichen Wissenschaft anwenden. Argumente bei Gericht beruhen auf menschlichem Gesetz. Ein Argument in der Christlichen Wissenschaft beruht auf der Grundlage des absoluten göttlichen Gesetzes, der Allheit Gottes und alles dessen, was dies in sich schließt.

Genau wie von einem Rechtsanwalt erwartet wird, daß er die verschiedenen Phasen der gegnerischen Argumentation mit peinlich genauer Beweisführung und Zurückweisung widerlegt, indem er das Rechte statt des Falschen darbietet, so zergliedert auch die christlich-wissenschaftliche Behandlung die Irrtümer der Sinne und ersetzt sie durch geistige Ideen. Der Wissenschafter findet, daß der persönliche Sinn beständig mit sich selbst und für sich selbst, sein Wesen und seine Begierden argumentiert. Es ist daher seine Arbeit, auf die einzelnen Punkte im besonderen, klar und direkt einzugehen. Ohne dies direkte Eingehen auf die einzelnen Punkte würde seinen Anstrengungen die Wirkungskraft fehlen, wie dies der Fall mit dem jungen Rechtsanwalt war, der verabsäumte, die falsch dargestellten Punkte im einzelnen zu widerlegen.

Was auch immer sich dem Denken des Wissenschafters als Furcht, Mangel, Unfähigkeit, Dunkel, Verwirrung, Krankheit oder Sünde darstellt, muß als Illusion oder falsche Annahme ausgelöscht und durch Gottes ewige unwandelbare Ideen ersetzt werden. Im Falle von Krankheit sollte die Argumentation auf ihr Wesen und ihre Symptome ausgedehnt werden. Vor Gericht könnte ein nicht widerlegter Rechtsanspruch gegen uns entschieden werden. Genau so müssen in einer Behandlung, wenn Argumente angewandt werden, diese Argumente bis zu dem Punkt besonderer Widerlegung und Vernichtung der falschen Annahme durchgeführt werden, und zwar ohne eine Spur von Furcht oder irrigem Denken.

Weil die Christliche Wissenschaft die Wissenschaft des göttlichen Gemüts ist, erfordert sie eine wissenschaftliche Inangriffnahme im Verständnis und in der Ausübung. Dies schließt unwandelbare Regeln und ihre Anwendung in sich. Die inspirierte, geistige Offenbarung Gottes und Seines Abbildes bringt oft augenblickliche Heilung; wenn, wie gesagt, jedoch mehr Arbeit erforderlich ist, dann müssen mentale Argumente angewandt werden, um das menschliche Bewußtsein zum Verständnis der göttlichen Wahrheit und Liebe zu bringen. So erwirbt man den Segen der Christlichen Wissenschaft durch Festhalten an ihren Regeln der Ausübung. Es ist die angewandte Wissenschaft der Wahrheit und Liebe, die den Kranken heilt, den Sünder erlöst und unsere Vorstellung vom Menschen auf ihrer absoluten, unverrückbaren, ewigen Grundlage aufrichtet.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / Mai 1958

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.