Eine geputzte Lampe ist eine Lampe, die fertig ist zum Gebrauch. Vom ersten Kapitel der Genesis, wo Gottes Befehl: „Es werde Licht“, das Chaos und die Dunkelheit verbannte, bis zum 21. Kapitel der Offenbarung, wo „die Herrlichkeit Gottes“ die unbeschreibliche Schönheit der heiligen Stadt erleuchtete, wird das Symbol des Lichtes benutzt, um das geistige Verständnis bildlich darzustellen, das die Unwirklichkeit, das Nichtbestehen, des Bösen oder der Dunkelheit enthüllt. Die strahlende Wirklichkeit des göttlichen Gemüts und seiner Offenbarwerdung wird von Johannes in diesen Worten zum Ausdruck gebracht (1. Joh. 1:5): „Gott [ist] Licht und in ihm ist keine Finsternis.“ Als David erkannte, daß sein menschliches Leben größerer geistiger Inspiration und Leitung bedurfte, betete er zu Gott (Ps. 119:105): „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.“ Das Studium des Wortes Gottes und die praktische Nutzbarmachung seiner ewigen Wahrheiten bringt die Gewißheit rechten Handelns, den Reichtum, die Schönheit und Farbe in die menschliche Erfahrung, die die Widerspiegelungen des göttlichen Gemüts sind.
Jesu Gleichnis von den zehn Jungfrauen, (Matth. 25:1–13) ist zutreffend und nützlich für die heutige Zeit. Jesus beschreibt ein Dorf im alten Palästina. In der Dunkelheit der alten Straßen mußten die, die an einem Hochzeitszug teilnehmen wollten, ihre eigenen Lampen tragen. Um daher an diesem farbenfreudigen Zug teilnehmen zu können, wie es damals Sitte war, mußte man seine Lampe zugerichtet haben; sie mußte mit Öl versorgt sein, und der Docht mußte geputzt sein. Als Jesus dieses Gleichnis gab, wählte er eine Lektion aus der täglichen Erfahrung seiner Zuhörer.
Wie sollen wir unsere Lampe füllen und darauf achten, daß sie stets genug Öl habe, und so bereit sein, wenn „der Bräutigam kommt“? Die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft Mary Baker Eddy gibt eine Definition für „Öl“ im Glossarium von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“, die wie folgt lautet: „Heiligung; Nächstenliebe; Milde; Gebet; himmlische Inspiration“ (S. 592). Heiligung im Dienste der Wahrheit; Nächstenliebe für alle Menschen, eine Nächstenliebe, die sich auf das Verständnis gründet, daß der Mensch geistig ist; Milde, die die Widerspiegelung der göttlichen Liebe ist; Gebet, das ein tiefes Verlangen nach der Wahrheit ist; himmlische Inspiration, jene Flamme des geistigen Lichtes und der unbeschreiblichen Schönheit — das ist das Öl, welches wir für unsere Lampen kaufen müssen. Wir werden einen bestimmten Preis dafür zu zahlen haben. „Öl“ muß mit Gehorsam und Aufopferung der falschen Vorstellung vom Selbst erkauft werden. Unsere Lampen müssen durch Hingabe und Treue wieder aufgefüllt werden.
Ein geputzter Docht ist unerläßlich für eine gute, stetige Flamme. Wie putzen oder reinigen wir unsere Gedanken, wie bringen wir unser Denken in Ordnung, damit es sich das geistige Licht erhalten möge? Dieses „Putzen“ ist ein Vorgang der Selbstberichtigung. Könnten wir dies nicht dadurch tun, daß wir die verkohlte Asche früherer Erfahrungen und bitterer Erinnerungen aus dem Wege räumen? Oder müssen wir vielleicht eine mit unserem menschlichen Charakter verbundene krankhafte Empfindlichkeit und Neigungen oder Abneigungen überwinden, ja auslöschen, bevor diese die Flamme ersticken? Mrs. Eddy, unsere Führerin, sagt uns (ebd., S. 234): „Wenn die Sterblichen über das sterbliche Gemüt recht Wache halten wollten, dann würde die Brut des Bösen, die dasselbe quält, ausgetrieben werden.“ Ein geputzter Docht — wie trockenes Holz — brennt mit heller Flamme.
Wenn unsere Lampe geputzt ist und hell brennt — was sind dann die Irrtümer des sterblichen Gemüts, die zuweilen das Licht wieder zu verdunkeln drohen? Die Anbetung der Materie, die Sorgen und Freuden dieser Welt, Gleichgültigkeit und Untätigkeit, Trägheit und Aufschub — diese Irrtümer würden die Flamme wieder zum Erlöschen bringen.
Unser Verhalten kann tatsächlich dem der törichten Jungfrauen verglichen werden, wenn wir nicht beständig die Warnung Mrs. Eddys beachten (ebd., S. 233): „Jeder Tag fordert von uns höhere Beweise, nicht nur Bekenntnisse der christlichen Kraft.“ Eine einzige Demonstration, die wir gemacht haben, wie wunderbar sie auch gewesen sein mag, und über die wir uns auch weiterhin mit Recht freuen mögen, reicht nicht aus, um darauf auszuruhen. Auch wird nicht das bloße Bekenntnis unseres Glaubens an die Christliche Wissenschaft unsere Lampen mit Öl versorgt halten. Wir müssen den Forderungen eines jeden Tages nachkommen, unser Verständnis muß erweitert werden und durch praktische Anwendung zur Vollendung heranreifen.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß der Christus zu allen kommt, die bereit sind, ihn zu empfangen. Doch er kommt nicht in dem Sinne, daß er jemals abwesend gewesen wäre, denn in Wirklichkeit ist der Christus immer bei uns. Aber wer seine Lampe geputzt hat und sie leuchten läßt, ist der, der die Gegenwart der Wahrheit erschauen kann. Daher ist unser größtes Bedürfnis, unsere Lampen mit dem Öl des geistigen Verständnisses brennen zu lassen, damit wir in ihrem Lichte neue Ausblicke von der Allheit der göttlichen Liebe erlangen können.
Die Christlichen Wissenschafter lieben das Licht; sie schauen auf Gott, um Öl für ihre Lampen zu erhalten; sie verbergen ihr Licht nicht unter einem Scheffel, aber sie setzen es auch nicht dem Bösen aus, das es auslöschen möchte. Wir sollten unsere Lampen so geputzt halten, daß sie uns hell leuchten können und ihr Schein weithin sichtbar werde, bis alle Dunkelheit — alle Unwissenheit über Gott und unsere wahre Selbstheit — verscheucht ist.
