Schon bei ihrem Schulantritt werden viele Kinder getestet, um ihre relative Intelligenz, Geschicklichkeit und Befähigung zu beurteilen. Aufgrund des Prüfungsergebnisses werden die Kinder in den Augen der Eltern und Lehrer oft als begabt, d.h. über dem Durchschnitt stehend, oder als unbegabt, d.h. unter dem Durchschnitt stehend, eingestuft.
Solch eine Einstufung, die sich auf schwankende menschliche Bewertungen, Theorien und Meinungen gründet, kann nicht endgültig sein. Sie gibt ein sehr begrenztes Bild von den Fähigkeiten des Menschen, ein Bild, das weit von der inspirierten Darstellung der Heiligen Schrift entfernt ist, die den Menschen als das Bild und Gleichnis Gottes beschreibt.
Die weitverbreitete Auffassung, daß der Mensch lediglich ein biologisches und psychologisches Wesen sei, von Einflüssen und Umständen abhängig, über die er keine Kontrolle habe, veranlaßt Eltern und Kinder oft, der Ansicht zuzustimmen, daß ein Kind auf dem Gebiet der Schularbeit in einigen Fächern gute oder sogar hervorragende Leistungen zeigen kann, in anderen Fächern jedoch schwächer ist oder völlig versagt. Ein Christlicher Wissenschafter kann solch ein Bild vom Menschen unmöglich akzeptieren, weil es die geistige Beziehung zwischen Gott und dem Menschen übersieht. Die Christliche Wissenschaft gründet sich auf das Verständnis, daß der Mensch, da er das Gleichnis Gottes, des Geistes, ist, wie die Bibel erklärt, geistig ist, und nicht materiell; demzufolge ist er von Gott mit unbegrenzten göttlichen Eigenschaften ausgerüstet. Diese göttlichen Gaben schließen die Fähigkeit ein, Gott, das göttliche Gemüt, ohne Behinderung irgendwelcher Art widerzuspiegeln und auszudrücken.
Dieses Verständnis vom Menschen hat nichts mit einem Wunschtraum zu tun. Es verlangt eine Veränderung des Denkens von einer materiellen zu einer geistigen Grundlage. Es führt uns dazu, furchterfüllte und begrenzte Ansichten über den Menschen aufzugeben und stattdessen zu den wahren Fähigkeiten des Menschen als des Kindes Gottes geistig zu erwachen. Der Apostel Paulus wies auf dieses Aufgeben des Menschlichen um des Göttlichen willen hin, als er die Brüder ermahnte (Rom. 12:2): „Und stellet euch nicht dieser Welt gleich, sondern verändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf daß ihr prüfen möget, welches da sei der gute, wohlgefällige und vollkommene Gotteswille.“
Die Bereitschaft, den Menschen als den unbehinderten Ausdruck des göttlichen Gemüts — der Intelligenz — zu sehen, öffnet dem Fortschritt die Tür. Eine geistig korrekte Anschauung vom Menschen bringt Harmonie und Heilung in unser Leben, heute ebensogewiß wie zu der Zeit, als unser Meister Christus Jesus durch sein geistiges Verständnis von der wahren Natur des Menschen als des geliebten Ebenbildes Gottes den Blinden das Gesicht wiedergab, den Schwachen Kraft und den Geisteskranken einen gesunden Verstand.
Dieses wird durch die Erfahrung eines Oberschülers veranschaulicht. Er hatte niemals besonders gute Leistungen in der Schule gezeigt und befand sich in einer kritischen Lage. Er hatte in einem erforderlichen Hauptfach versagt, und der Lehrkörper hatte seinen Eltern mitgeteilt, daß er seine Zeit vergeudete, wenn er Vorbereitungskurse für die Hochschule nähme, denn er eigne sich auf keinen Fall für die Hochschule.
Dieser Junge war ein Schüler in der christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule, und er entschloß sich, sich gänzlich auf Gott zu verlassen, um die Lösung für sein Problem zu finden. Durch ein tägliches gebeterfülltes Sich-Vertiefen in die Bibel, in Verbindung mit dem Buch „Wissenschaft und Gesundheit“ von Mary Baker Eddy, begann sich ihm die Lösung zu entfalten. Er wurde sich immer klarer bewußt, daß der geistige Mensch das göttliche Gemüt unbegrenzt widerspiegelt und daß dieses Gemüt das einzige Bewußtsein ist, die einzige Quelle der Intelligenz. Im Gebet begann er anzuerkennen, daß diese Tatsachen auch in bezug auf seine eigene wirkliche Selbstheit zutrafen.
Während er sein Denken vergeistigte, gewann er Schritt für Schritt seine Freiheit von der Knechtschaft eines Glaubens, daß Gedächtnis und Auffassungsvermögen in ihm selbst beständen. Er überwand die Furcht, vor der Klasse zu sprechen. Es kostete ihn keinen Kampf mehr, seine Hausarbeiten zu machen, und er fürchtete sich nicht mehr vor Klassenarbeiten. Er lernte in Begriffen des grenzenlosen, unpersönlichen Gemüts zu denken anstatt in denen eines begrenzten, persönlichen Auffassungsvermögens. Es wurde ihm zur Gewohnheit, vor jedem Vortragen vor der Klasse des Menschen göttliches Erbe unendlicher Fähigkeiten schweigend zu behaupten.
Nach Ablauf einer Beurteilungsperiode waren seine Noten in dem Fach, in dem er zuvor versagt hatte, hervorragend. Auch in anderen Fächern verbesserten sich seine Zensuren erheblich. Er beendete das Jahr mit über dem Durchschnitt stehenden Leistungen, und es blieb dabei bis zum Ende seiner Schulzeit. Er gewann ein Stipendium für die Hochschule und beendete einen vierjährigen Kursus in dreieinhalb Jahren mit Auszeichnung.
Dieser Schüler hatte bis zu einem gewissen Grade ein besseres Verständnis von den gottverliehenen Fähigkeiten des Menschen gewonnen, die unsere Führerin in ihrem Werk „Wissenschaft und Gesundheit“ wie folgt beschreibt (S. 258): „Der Mensch ist mehr als eine materielle Form mit einem Gemüt darin, das seiner Umgebung entrinnen muß, um unsterblich zu sein. Der Mensch spiegelt Unendlichkeit wider, und diese Widerspiegelung ist die wahre Idee Gottes.“ Und sie fügt hinzu: „Gott bringt im Menschen die unendliche Idee zum Ausdruck, die sich immerdar entwickelt, sich erweitert und von einer grenzenlosen Basis aus höher und höher steigt.“
