Bei all den scheinbaren Kräften, die auf das Denken eines Kindes einwirken — sein Heim, seine Schule, seine Freunde, das Fernsehen und so weiter — mag eine einzige Stunde in der Woche recht unbedeutend erscheinen. Und doch reicht eine Stunde aus, um im Leben eines Sonntagsschülers eine bedeutsame Wandlung herbeizuführen, nicht nur für eine Woche, sondern für immer.
In meiner Arbeit als Feldgeistlicher in der amerikanischen Luftwaffe habe ich mit vielen jungen Männern und Frauen gesprochen, die in unterschiedlichem Grade eine Ausbildung in der christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule genossen hatten. Wenn ich einen wirklich aktiven Christlichen Wissenschafter fragte, was ihn so hatte werden lassen, dann pflegte er seine Antwort häufig mit den Worten einzuleiten: „Nun, ich hatte einen Sonntagsschullehrer, der ...“ Einige unter ihnen, und zwar solche, die sich unerschütterlich auf die Lehren der Christlichen Wissenschaft gründeten, waren junge Menschen, die allein standen — die einzigen Christlichen Wissenschafter in ihren Familien. Einige unter ihnen fanden den Weg zu dieser Religion, weil sie einen Sonntag zusammen mit einem Freund die Sonntagsschule besuchten.
Wir wollen einmal überlegen, was wir tun können, um die Stunde, in der wir in der Sonntagsschule unterrichten, zu einer Stunde zu machen, die wirklich erweckt. Welches sind die entscheidenden Faktoren, auf die es ankommt?
Als erstes muß der Lehrer der anziehenden Kraft der Wahrheit vertrauen. In der Christlichen Wissenschaft lernen wir, daß der Christus die Wahrheit ist. Uns ist klar, daß Jesus, als er sagte: „Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen“ (Joh. 12:32), von dem Christus, der Wahrheit, sprach. Der Lehrer muß verstehen, daß die anziehende Kraft der Wahrheit keiner Hilfe von seiten anderer, scheinbar interessanterer Tätigkeiten bedarf. Es gibt nichts Interessanteres, nichts Inspirierenderes, nichts Ergreifenderes in der irdischen Erfahrung irgendeines Menschen, als sich der Wahrheit bewußt zu werden. Der Lehrer, der dies weiß, wird dem Schüler die Wahrheit übermitteln.
Als zweites muß der Lehrer eine rechte Wertschätzung von der lebendigen Wirksamkeit des Unterrichtsplanes erlangen, wie er im Handbuch Der Mutterkirche von Mrs. Eddy dargelegt wird. In Artikel XX, Abschnitt 2, lesen wir: „Die Kinder in der Sonntagsschule sollen in der Heiligen Schrift unterwiesen werden, und der Unterricht muß ihrem Verständnis angepaßt sein, sowie ihrer Fähigkeit, die einfachere Bedeutung des göttlichen Prinzips, das sie gelehrt werden, zu erfassen.“ Und im folgenden Abschnitt finden wir die Überschrift: „Gegenstand der Lektionen“. Die ersten Lektionen umfassen die Zehn Gebote, das Gebet des Herrn und seine geistige Auslegung von Mrs. Eddy und die Bergpredigt. In der Satzung heißt es weiter: „Die darauffolgenden Lektionen bestehen aus Fragen und Antworten, die sich für eine Klasse von jugendlichen Schülern eignen. Sie sind in den Lektionen des „Vierteljahrshefts der Christlichen Wissenschaft“ zu finden, die in den Kirchengottesdiensten gelesen werden.“
Auf der Umschlagseite jedes Vierteljahrsheftes der Christlichen Wissenschaft befindet sich das Wort „Bibellektionen“. Wenn wir uns darüber im klaren sind, daß sich die „Fragen und Antworten“ auf die „Heilige Schrift“ beziehen, die den älteren Kindern gelehrt werden soll, und daß die ersten Lektionen sich mit der „Heiligen Schrift“ befassen, die sowohl den jüngeren wie auch den älteren Kindern gelehrt werden soll, dann werden wir von jedem Augenblick der kostbaren Stunde in strikter Übereinstimmung mit dieser Vorschrift Gebrauch machen.
Als drittes muß der Lehrer erkennen — und zwar nicht durch menschliche Psychologie, sondern durch Gebet —, worauf es bei dem Kinde wirklich ankommt, und die Lektion des betreffenden Tages mit dem in Verbindung bringen, was dem Kinde wichtig erscheint. Das ureigenste Wesen der Christlichen Wissenschaft deutet darauf hin, daß sie nicht gelehrt werden kann, ohne ihre Anwendung auf die menschliche Lebenserfahrung zu zeigen. Wenn der Unterricht erfolgreich gewesen ist, wird das Kind nach Hause gehen in der Erkenntnis, daß das Gebot, die Seligpreisung, das Gebet oder die Lektion, über die in jener Stunde gesprochen wurde, ihm einen neuen Ausblick auf seine eigene menschliche Lebenserfahrung gegeben hat. Hier war etwas, das es anwenden und von dem es Gebrauch machen konnte; und es kam von Gott, und es wird ihm daher stets gegenwärtig bleiben.
Auf Seite 466 ihres Buches „Wissenschaft und Gesundheit“ schreibt Mrs. Eddy: „Wahrheit ist unsterblich; Irrtum ist sterblich. Wahrheit ist unbegrenzt; Irrtum ist begrenzt. Wahrheit ist intelligent; Irrtum ist nichtintelligent. Ferner, Wahrheit ist wirklich, und Irrtum ist unwirklich. Diese letzte Behauptung enthält den Punkt, den du äußerst widerwillig zugeben wirst, obgleich er von Anfang bis zu Ende der wichtigste ist, den es zu verstehen gilt.“ Da dies der „wichtigste“ Punkt ist, „den es zu verstehen gilt“, ist es der Punkt, der sich am nachhaltigsten auf den Erfolg einer Sonntagsschulklasse auswirkt. Ob ein Lehrer wirksam unterrichtet, steht in direktem Verhältnis dazu, inwieweit er seinen eigenen inneren Widerstand überwindet zuzugeben, daß „Wahrheit. .. wirklich [ist] und Irrtum. .. unwirklich [ist]“. Welche Wahrheit? Welcher Irrtum?
Die Wahrheit, mit der sich der Sonntagsschullehrer beschäftigt, die Wahrheit, die diese eine unschätzbare Stunde mit dem Kinde am Sonntagmorgen von allen anderen unterscheidet, ist die Christus-Wahrheit, mit der sich die Lektion für den Tag befaßt. Die Worte der Bibel und die Worte des Buches „Wissenschaft und Gesundheit“, sie sind die Worte der Wahrheit. Was sie sagen, ist wirklich. Wenn der Lehrer zutiefst überzeugt ist, daß dem so ist und daß alles, was dem hier Gefundenen widerspricht oder von ihm ablenkt, in Wahrheit unwirklich ist, dann wird die Lektion für den betreffenden Tag wahrhaft wirksam sein. Methodik, Gelassenheit, Herrschaft, Disziplin, Logik, Liebe, Inspiration, wirksame Beispiele, Beteiligung — alles entfaltet sich aus dieser Überzeugung. Die Worte unseres eingesetzten Pastors, der Bibel und des Buches „Wissenschaft und Gesundheit“, nehmen solch eine umfassende Bedeutung an, daß unser eigenes persönliches Verständnis nur ein kleiner, kindlicher Anfang zu sein scheint. Anstatt, daß ein Lehrer also den Kindern das Wenige erzählt, das er weiß, sitzen Lehrer und Kinder zusammen und stellen Fragen an den Pastor, und der Pastor antwortet.
Wenn der Lehrer sorgfältig genug studiert und inständig genug gebetet hat, um das persönliche Selbst aus dem Wege zu räumen, so daß die Worte des Pastors ihn erreicht haben, dann wird die Lektion für die betreffende Woche sowohl den Lehrer wie auch die Schüler am Sonntagmorgen während dieser einen unschätzbaren Stunde erreichen.
Eine Stunde ist alles, was wir benötigen.