Wohl keine Frage ist eindringlicher gestellt und weniger befriedigend beantwortet worden als die, die als Überschrift für diesen Artikel der Schriftleitung dient. Die Schwierigkeit liegt in der Tatsache, daß die Frage die Wirklichkeit von etwas behauptet und voraussetzt, das nicht wirklich ist, etwas, das nur einer falschen Auffassung von den Dingen wirklich erscheint. Die Fragestellung nimmt die Wirklichkeit des Bösen als selbstverständlich an und versäumt, zwischen dem, was wirklich ist, und dem, was lediglich zu sein scheint, zu unterscheiden.
Der materielle Sinn, die falsche Auffassung von den Dingen, stellt die Frage. Wenn diesem falschen Sinn eine befriedigende Antwort gegeben werden könnte, so würde sie den Irrtum glaubwürdig machen; sie würde dem Irrtum Wahrheit zugestehen und so scheinbar dem Irrtum im Namen der Wahrheit Fortdauer verleihen.
Die einzig richtige Antwort auf die Frage ist die, daß Sünde, Krankheit und Tod keine Ursache, keinen Schöpfer, kein Prinzip haben. In dem Maße, wie diese Antwort als vernünftig und annehmbar erkannt wird, wird die der Menschheit durch diese trügerischen Irrtümer auferlegte Last mehr und mehr abnehmen, bis sie schließlich verschwindet.
Die Christliche Wissenschaft vermittelt Sünde, Krankheit und Tod gegenüber eine Einstellung, die dem durch die Wissenschaft vorbereiteten Denken eine ständig zunehmende Überlegenheit über diese Irrtümer gibt. Wie Jesus, so liefert sie sowohl eine Erklärung wie auch den entsprechenden Beweis.
Ein vorbereitender Schritt wird in dem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ angeführt, wo Mrs. Eddy schreibt (S. 301): „Täuschung, Sünde, Krankheit und Tod entstehen aus dem falschen Zeugnis des materiellen Sinnes, der von einem vermeintlichen Standpunkt außerhalb der Brennweite des unendlichen Geistes aus ein umgekehrtes Bild des Gemüts und der Substanz darstellt, in welchem das Unterste zuoberst gekehrt ist.“
Um zu einer vollen Würdigung der Bedeutung dieser Erklärung zu gelangen, wollen wir einmal annehmen, Sie nähmen Ihre Bibel zur Hand, öffneten sie und stellten fest, daß Sie sie verkehrt herum hielten. Wenn Sie nicht ein mentaler Akrobat sind, werden die Seiten unverständlich für Sie sein.
Wenn Sie nun die Bibel in Ihrer Hand umdrehen, werden Ihnen die Worte verständlich. Doch wie steht es mit der Botschaft, die die Worte übermitteln? Eine Fähigkeit, die Worte zu lesen, gewährleistet nicht, daß die Botschaft verstanden wird. Die Umkehrung oder der Zustand, in dem das Unterste zuoberst gekehrt ist, befindet sich nun innerhalb des Bewußtseins, nicht außerhalb. Zu versuchen, eine geistige Botschaft „von einem vermeintlichen Standpunkt außerhalb der Brennweite des unendlichen Geistes aus“ zu verstehen, ist genau dasselbe, als wollten Sie versuchen, die Bibel verkehrt herum zu lesen.
Und das, was alles umkehrt, wer oder was ist es? Es ist das falsche „Zeugnis des materiellen Sinnes“, desselben materiellen Sinnes, der die Frage stellt: Woher kommen Sünde, Krankheit und Tod? Das geistige Dasein wird nur durch den geistigen Sinn erklärt. Dieser Seelen-Sinn war es, durch den Christus Jesus das Universum, einschließlich des Menschen, erschaute, und zwar „richtig herum“ oder wie die Christliche Wissenschaft es bezeichnet — in der Wissenschaft. Dieser geistige Sinn war es, der Mrs. Eddy befähigte, die wahre Bedeutung der Worte und Werke des Meisters zu erfassen. Und dieser geistige Sinn ist es auch, durch den wir das, was sie entdeckte und begründete, verstehen und demonstrieren.
Es gibt nichts Geheimnisvolles an dem geistigen Sinn. Es ist der Sinn, der uns allen von unserem Schöpfer verliehen worden ist. Wir betätigen ihn, wenn wir in Begriffen der Allheit des Geistes denken, und wenn wir von der Grundlage der Allheit des Geistes aus zugeben, daß in Wirklichkeit nichts Ungeistiges existiert.
In „Wissenschaft und Gesundheit“ lesen wir (S. 210): „Da der Meister wußte, daß Seele und ihre Attribute sich immerdar durch den Menschen offenbaren, heilte er die Kranken, gab er den Blinden das Gesicht, den Tauben das Gehör und den Lahmen den Gebrauch ihrer Füße wieder; auf diese Weise brachte er das wissenschaftliche Wirken des göttlichen Gemüts auf menschliche Gemüter und Körper ans Licht und gab ein besseres Verständnis von Seele und Heil.“
Was befähigte Jesus zu wissen, daß Seele und ihre Attribute „sich immerdar durch den Menschen offenbaren“? Es war der Christus, das göttliche Element in ihm. Er versuchte nicht, einen kranken Menschen gesund zu machen. Sein geistig wissenschaftlicher Begriff vom Menschen befähigte ihn, den Menschen so zu sehen, wie er wirklich ist: gesund, vollständig und frei — trotz des falschen Augenscheins des materiellen Sinnes, der für das Gegenteil zeugt, und dies brachte den Augenschein, den dieser falsche Sinn darbot, zum Verschwinden.
Im ersten Kapitel der Genesis lesen wir, daß Gott den Menschen zu Seinem Ebenbild und Gleichnis schuf. Da Gott Geist ist, muß dieser Mensch geistig sein. Daraus ergibt sich dann logischerweise, daß das umgekehrte Bild, der materielle Begriff vom Menschen, das Ungleichnis Gottes ist. Dieser materielle Begriff stellt den Menschen als einen körperlichen Sterblichen dar. Er schreibt der Materie die Eigenschaften des Seins zu, die nur dem Geist angehören. Aus dieser Umkehrung nun, aus diesem falschen Zeugnis des materiellen Sinnes, entstehen Täuschung, Sünde, Krankheit und Tod.
Der Christus, das göttliche Ideal, das die Wirklichkeit von des Meisters Sein erstellte, erstellt ebenso die Wirklichkeit unseres Seins. In dieser Tatsache finden wir die große Bedeutung der Lehre des Meisters, die einzigartige Verheißung seines segensreichen Wirkens. Wenn wir ihn in dem Bereich unserer gegenwärtigen Bedürfnisse wirksam werden lassen, dann identifiziert dieser Christus, diese göttliche Natur des Menschen, jeden Aspekt der Schöpfung mit Gott, dem Geist, „dem Vater des Lichts, bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis“ (Jak. 1:17).
Wird das falsche Zeugnis der materiellen Sinne zurückgewiesen und werden die Dinge von einem Standpunkt innerhalb „der Brennweite des unendlichen Geistes aus“ gesehen, so haben wir ein korrektes Bild des Gemüts und der Substanz, in dem alles „richtig herum“ steht, in dem sich alles in seiner richtigen Beziehung zum göttlichen Prinzip befindet und daher in harmonischem Einklang mit allem anderen.
Unsere Führerin erklärt in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 488): „Gemüt allein besitzt alle Fähigkeiten, alles Wahrnehmungs-und Begriffsvermögen. Daher sind die mentalen Gaben nicht dem organischen Bau, noch dem Verfall preisgegeben, denn sonst könnten sogar die Würmer den Menschen entkörpern. Wenn es möglich wäre, daß die wirklichen Sinne des Menschen verletzt werden könnten, dann könnte Seele sie doch in all ihrer Vollkommenheit wieder erzeugen. Aber sie können nicht gestört, noch zerstört werden, denn sie haben ihr Dasein im unsterblichen Gemüt und nicht in der Materie.“