Bewerber um eine Stellung als Radioberichterstatter werden manchmal auf ein hohes Gebäude geführt und aufgefordert zu beschreiben, was sie von diesem Punkt aus sehen können. Ihre Leistungen bewertet man dann nach ihrer Beobachtungsgabe und ihrer Fähigkeit, das Wichtige und Interessante an dem, was sie gesehen haben, mitzuteilen.
Der Frage: „Was kannst du sehen?“ begegnen wir oft, und die Antwort ist verschieden, je -nach dem, was der Betreffende sieht und was ihm wichtig und interessant erscheint. Als Christus Jesus zu seinen Jüngern sagte (Matth. 13:16): „Selig sind eure Augen, daß sie sehen“, brachte er klar zum Ausdruck, daß es erstrebenswert sei, über den Augenschein der materiellen Sinne hinauszuschauen. Ehe jemand jedoch dieses geistige Wahrnehmungsvermögen entwickeln kann, muß er wissen, wonach er ausschauen soll.
Mrs. Eddy schreibt in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 516): „Die Substanz, das Leben, die Intelligenz, die Wahrheit und Liebe, welche die Gottheit bilden, werden von der Schöpfung der Gottheit widergespiegelt; wenn wir das falsche Zeugnis der körperlichen Sinne den Tatsachen der Wissenschaft unterordnen, werden wir dieses wahre Gleichnis und diese wahre Widerspiegelung überall erblicken.“
Der Mensch als das Bild und Gleichnis Gottes, wie ihn die Bibel beschreibt, kann nicht in einem materiellen Körper oder im menschlichen Intellekt wahrgenommen werden. Er ist eine geistige Idee, und diese Idee kann nur durch die geistigen Eigenschaften erkannt werden, die der Mensch von Gott widerspiegelt. Diese Idee ist die Substanz, der die größte Bedeutung beigemessen werden und auf die sich das Interesse aller richten muß, die danach verlangen, geistig sehen zu können, und diejenigen, die anfangen das „wahre Gleichnis und [die] wahre Widerspiegelung überall [zu] erblicken“, stellen fest, daß die Fähigkeit der geistigen Wahrnehmung Befriedigung und Heilung in ihre menschliche Erfahrung bringt.
Menschen mit einem stark ausgebildeten geistigen Wahrnehmungsvermögen waren in der Bibel als Propheten oder Seher bekannt. Wir lesen, daß Elia, der den Ruf eines geistigen Sehers besaß, von Elisa gebeten wurde, diese Macht auf ihn zu übertragen. Elia erwiderte (2. Kön. 2:10): „Du hast ein Hartes gebeten. Doch, so du mich sehen wirst, wenn ich von dir genommen werde, so wird's ja sein; wo nicht, so wird's nicht sein.“ Und der Bericht fährt fort: „Elia fuhr also im Wetter gen Himmel. Elisa aber sah es.“
Was war es nun, das Elisa sehen mußte? Gewiß nicht nur das Entschwinden der menschlichen Gestalt des Elia; er mußte die immerwährende Substanz der geistigen Identität des Elia sehen, die von den materiellen Sinnen verborgen gehalten wurde. Elisa bestand diese Probe. Sein aufrichtiger Wunsch, die Gabe des geistigen Sehens zu erlangen, wurde erfüllt, und er benutzte dieses geistige Wahrnehmungsvermögen für viele praktische Zwecke, als er Armut und Hungersnot in seinem Volk milderte und den Sohn der Sunamitin wieder zum Leben erweckte. Als der syrische Hauptmann Naeman zu ihm kam, um vom Aussatz geheilt zu werden, gewahrte Elisa, daß Naeman den Unterschied zwischen Demut und Demütigung erkennen lernen mußte, und er forderte ihn daher auf, sich siebenmal im Jordan zu waschen.
Nun, Naeman konnte im Jordan nur einen unbedeutenden und ihm fremden Fluß sehen, für Elisa aber stellte er den Schauplatz seiner Trennung von Elia dar und auch der Offenbarung von der geistigen Identität des Menschen, die dieses Erlebnis mit sich gebracht hatte. Elisa konnte den Menschen als Gottes Bild und Gleichnis sehen, der als die Widerspiegelung der geistigen Substanz des wahren Seins nicht von Krankheit verzehrt werden kann, und diese geistige Wahrnehmung bewirkte die notwendige Heilung.
Mrs. Eddy sagt in ihrem Buch „Unity of Good“ (Die Einheit des Guten, S. 46): „Wir sehen hier nicht viel von dem wirklichen Menschen, denn er ist der Mensch Gottes, während der unsere der Mensch des Menschen ist.“ Im nächsten Abschnitt fährt sie fort: „Der wissenschaftliche Mensch und sein Schöpfer sind hier; und ihr wäret kein anderer als dieser Mensch, wenn ihr die materiellen Wahrnehmungen dem geistigen Sinn und Ursprung des Seins unterordnetet.“
