Im neunten Kapitel des Johannesevangeliums wird berichtet, daß Christus Jesus und seine Jünger einen Menschen sahen, der blind geboren war. Die Jünger fragten Jesus: „Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, daß er ist blind geboren?“ Jesu Antwort legte eine große Tatsache dar, nämlich, daß diese Blindheit nicht als ein grausamer Zustand existierte, „sondern daß die Werke Gottes offenbar würden an ihm“. Jesus erkannte, daß hier eine Gelegenheit war, den Glauben der Welt an ungerechte Strafen und ungerechte Knechtschaft zurückzuweisen. Daher „spützte er auf die Erde“ und zeigte damit seine Verachtung für die Materie und materielle Methoden und „schmierte den Kot auf des Blinden Augen“. Der Mann ging dann hin und wusch sich, wie ihm gesagt worden war „und kam sehend“.
Diese Heilung enthält eine Anschauungslektion für uns in der heutigen Zeit. Gewöhnlich ergreifen wir eine Gelegenheit mit Eifer und Erwartung; hingegen sind wir oft nicht so bereit, einem Problem entgegenzutreten. Wir lernen in der Christlichen Wissenschaft, daß es bei einem Problem darauf ankommt, sofort zu erkennen, daß es sich in Wirklichkeit um eine Gelegenheit handelt, „die Werke Gottes“ wahrzunehmen und zu demonstrieren. Wir müssen frohlocken, daß niemals eine Wirklichkeit vorhanden ist, die wir unwirklich machen müssen; es ist nur eine Gelegenheit vorhanden, die Allheit Gottes, des Guten, zu beweisen.
Doch wir mögen das Gefühl haben, wir müßten im Besitz einer besonderen Gabe sein, um zu wissen, wie wir „mit dem Müden zu rechter Zeit reden“ können (Jes. 50:4). Wir mögen den Wunsch haben, Gutes zu tun, aber unsere Bemühungen mögen oft fehlschlagen oder nur von spärlichem Erfolg begleitet sein. Um wahrhaft im Gutestun erfolgreich zu sein, bedürfen wir einer wachsenden Erkenntnis von der Wissenschaft des Christentums oder der Christlichen Wissenschaft. Diese Wissenschaft, die von Mrs. Eddy entdeckt wurde, gibt eine volle Erklärung der Heilmethode des Meisterchristen und zeigt, wie wir sie anwenden können.
In ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit“ sagt Mrs. Eddy von Jesus (S. 315): „Er erklärte und demonstrierte den Weg der göttlichen Wissenschaft und wurde dadurch der Heilsweg für alle, die sein Wort annahmen. Von ihm können die Sterblichen lernen, wie sie dem Übel zu entrinnen vermögen.“
Die Erleuchtung, die wir durch das Studium der Christlichen Wissenschaft empfangen, steht in direktem Verhältnis zu der Reinheit unseres Verlangens, den Willen Gottes zu erkennen und zu tun. Echtes Verlangen ist Gebet und erweckt uns zu der Erkenntnis, daß wir als die Widerspiegelung Gottes eine uns eigene und fortdauernde Fähigkeit besitzen, Gutes zu tun. Daher müssen wir jede Gelegenheit ergreifen, um diese Fähigkeit anzuwenden.
Wir lesen im Matthäusevangelium (14:14): „Jesus ging hervor und sah das große Volk; und es jammerte ihn derselben, und er heilte ihre Kranken.“ Der Wegweiser empfand immer eine tiefe Barmherzigkeit, denn sein gesamtes Denken und Wirken war von der göttlichen Liebe bestimmt. Er heilte die Kranken, weil er beständig den wirklichen Menschen sah.
Mrs. Eddy enthüllt das Geheimnis von Jesu Erfolg in den folgenden Worten (Wissenschaft und Gesundheit, S. 476): „Jesus sah in der Wissenschaft den vollkommenen Menschen, der ihm da erschien, wo den Sterblichen der sündige, sterbliche Mensch erscheint. In diesem vollkommenen Menschen sah der Heiland Gottes eignes Gleichnis, und diese korrekte Anschauung vom Menschen heilte die Kranken.“
Wenn wir in die Welt hinausgehen, sehen auch wir diejenigen, die gegen moralische und geistige Forderungen blind zu sein scheinen, diejenigen, die sich scheinbar der Krankheit ergeben haben, diejenigen, die gleichgültige oder trotzige Sünder sind, diejenigen, die ein selbstsüchtiges Leben führen. Daher müssen wir empfänglich sein für das Christus-Bewußtsein, das den von Gott erschaffenen Menschen enthüllt. Wenn unser Standpunkt, von dem aus wir sehen und erkennen, sich von einer materiellen zu einer geistigen Basis wandelt, werden wir nicht verstimmt sein über das, was wie eine Unmenge von Problemen aussieht, sondern wir werden jede Gelegenheit benutzen, um „die Werke Gottes“ kundwerden zu lassen — den vollkommenen, von Gott erschaffenen Menschen.
Die Verfasserin hat die Geschichte von dem blinden Mann als Lehrerin in der Schule angewandt. Ein Lehrer ist zuweilen versucht, sich zu fragen, ob es der Fehler des Kindes oder der seiner Eltern ist, daß das Kind ständig mangelnde Zusammenarbeit oder Interesselosigkeit zeigt. Wenn der Lehrer ein Christlicher Wissenschaft ist und ernstlich die Führung des göttlichen Gemüts sucht, erlangt er das Verständnis, daß der Mensch Ordnung, Fortschritt und Wachstum bekundet, weil dies das Gesetz Gottes ist.
Die Lösung des Problems liegt darin, daß wir „in der Wissenschaft den vollkommenen Menschen“ sehen, ungeachtet dessen, ob nun das Kind oder seine Eltern von der Selbstsucht, Selbstrechtfertigung oder Eigenliebe des sterblichen Gemüts beherrscht zu sein scheinen.
Mrs. Eddy sagt (ebd., S. 86): „Das sterbliche Gemüt sieht, was es glaubt, ebenso gewiß, wie es glaubt, was es sieht.“ Die Berichtigung muß daher zuerst im Denken des Lehrers vorgenommen werden. Das Bild vom Menschen, das der Lehrer sieht und für wahr annimmt, muß stets die Idee des Gemüts sein, das vollständige und vollkommene Kind Gottes, das weder einer Veränderung noch einer Berichtigung bedarf.
Die Verpflichtung des Lehrers besteht nicht darin, die Schöpfung Gottes zu verändern oder dieser etwas hinzuzufügen, sondern die ewige Entfaltung des wirklichen Seins zu erkennen. Wenn er diese Gelegenheit, Gutes zu tun, ergreift, verschwinden scheinbare Disharmonie und Widersetzlichkeit, und Harmonie tritt in Erscheinung.
Wenn wir unverzüglich jede Gelegenheit ergreifen zu beweisen, daß Gott, das Gute, die einzige Macht ist, daß das Böse weder Ursache noch Wirkung sein kann und daß der Irrtum weder Person, Ort noch Ding ist, werden wir die Suggestionen des Irrtums überwinden und „die Werke Gottes“ bekunden.