Norman und Lucie wohnten in einem großen Landhaus in Nordirland. Lucie wußte seit kurzer Zeit etwas von der Christlichen Wissenschaft, aber zu Hause war sie die einzige Christliche Wissenschafterin. Sie las gern in der Bibel und in „Wissenschaft und Gesundheit“ von Mary Baker Eddy, und, soweit sie die Wahrheiten verstand, die sie aus diesen Büchern lernte, wandte sie sie auf alle Situationen an, die ihr begegneten.
Lucie hatte eine Hündin, einen weißen Spitz, Jill genannt, und sie liebte ihren kleinen Hund zärtlich. Jill war immer bei ihr, wohin sie auch ging.
Eines Tages brachte Norman einen weißhaarigen Terrier mit nach Hause, ein allerliebstes junges Hündchen. Er nannte es Peggy. Man hätte gedacht, Jill würde freundlich und mütterlich zu diesem Hündchen sein, aber ich muß leider sagen, daß gerade das Gegenteil davon der Fall war. Wenn der Spitz Peggy sah, fletschte er die Zähne und gab ein leises Knurren von sich, womit er in der Hundesprache zu sagen schien: „Du hast hier nichts zu suchen; das ist mein Haus, nicht deins.“
Die kleine Peggy fürchtete sich vor Jill, und so blieb sie meistens in der Küche bei der Köchin, die sehr gut zu ihr war. Wenn sie hinausging, spielte sie hinter dem Haus. Aber Jill spielte vor dem Haus, außer wenn sie mit Lucie zusammen nach hinten ging.
Allmählich wurde Peggy aber größer. Eines Tages, als Jill sie wegzujagen versuchte, indem sie auf sie losging, wehrte sich Peggy. Sie wurden getrennt, und Lucie schalt Jill, daß sie so ungezogen war. Aber es kam immer häufiger zu einer Beißerei, und beinahe jeden Tag mußte jemand die Hunde auseinanderbringen. Jeder versuchte, sie miteinander anzufreunden, aber vergeblich.
Dann sagte die Mutter eines Tages: „Ihr Kinder könnt das unter euch ausmachen, aber wir können das so nicht weitergehen lassen. Einer von den Hunden muß weggegeben werden.“
Lucie antwortete schnell: „Jill war zuerst hier.“
Hierauf entgegnete Norman: „Jill ist schuld.“
Lucie wußte, daß es so war, wie Norman sagte. Dann kam ihr in den Sinn, daß ganz gewiß die Christliche Wissenschaft helfen konnte. Warum hatte sie nicht daran gedacht, ihr Verständnis von dieser Wissenschaft anzuwenden?
Sie rief Jill, und sie gingen zusammen in Lucies Zimmer. Dann nahm sie die Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit“ heraus und begann die Bibellektion der betreffenden Woche aus dem Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft zu lesen.
Jill lag still zu Lucies Füßen. Als Lucie zu Ende gelesen hatte, begann sie mit Jill zu sprechen. Sie sagte ihr, daß es keinen Zweck hätte, sich die Lektion anzuhören, wenn sie nicht versuchte, richtig zu handeln. Jill konnte natürlich die Worte nicht verstehen, aber sie schien den Gedanken zu erfassen.
Lucie hatte in der Christlichen Wissenschaft gelernt, daß Gott die Liebe ist, wie die Bibel lehrt, und daß Er immer bei uns ist. Christus Jesus zeigte uns, daß Gott Seine geringeren Ideen liebt, als er von Gottes Fürsorge für die Lämmer, die Vögel, die Blumen und sogar für das Gras sprach.
Es kann keine Ursache für Eifersucht geben, denn wir lesen in den Psalmen (145:16): „Du tust deine Hand auf und erfüllest alles, was lebt, mit Wohlgefallen.“
Lucie erklärte diese Wahrheiten ebensosehr, um sich selbst zu überzeugen, wie um Jill zu beeindrucken, so daß der Hund auch die Herrschaft der Liebe erkennen könnte. Lucie hatte in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 550) gelesen: „Gott ist das Leben oder die Intelligenz, welche die Individualität und Identität der Tiere sowohl wie der Menschen bildet und erhält“, und sie wußte, daß alle Identitäten Gottes die Liebe widerspiegeln müssen.
Dann sagte Lucie, sie würde spazierengehen. Das Wort „spazieren“ verstand Jill, und der Hund sprang umher und bellte vor Begeisterung.
Zur Haustür hinaus ging es und auf die Straße. Als sie zum Hintereingang ihres Hauses kamen, stand Lucie still und rief „Peggy! Peggy!“
Jill war darüber nicht so erfreut und hörte auf zu springen und zu bellen. Eine scheue kleine Peggy kam langsam zu Lucie, und Lucie sagte: „Wir gehen spazieren, Peggy, zum See. Komm mit, wir gehen alle zusammen. Es wird keinen Ärger und keine Beißerei geben, denn alle Ideen Gottes lieben sich untereinander.“
Zwei kleinlaute Hunde liefen die grasbewachsenen Gräben rechts und links von der Straße entlang, und Lucie ging in der Mitte. Den ganzen Weg ging das so. Es war ein sehr stiller Spaziergang. Lucie dachte immer daran, daß die Liebe stets gegenwärtig ist.
Als sie an den See kamen, begann Lucie Stöcke und Steine in das Wasser zu werfen. Die Hunde konnten dem natürlich nicht widerstehen, und sie sprangen und bellten. Peggy stürzte sich gleich in das Wasser, um einen Stock zu holen, während Jill bellte und am Ufer umhertanzte. Dann hielt Lucie einen Stock hoch, und beide Hunde sprangen danach und stießen aneinander, aber sie bissen sich nicht.
An dem Morgen trotteten zwei glückliche kleine Hunde zusammen die drei Kilometer nach Hause, und jeder trug einen Stock. Das war das Ende der Feindseligkeiten. Die Liebe hatte gesiegt, und Lucie war sehr glücklich, daß sie Jill nicht fortzugeben brauchte.
Und es ist da noch etwas, das ich erwähnen möchte, um zu zeigen, wie vollständig die göttliche Liebe heilt. Weil Jill ein langes Fell hatte, konnte Peggy sie nur in das Gesicht beißen, wo das Fell kurz war. So war ihr Gesicht narbig geworden, und es war Lucie gesagt worden, daß das Fell nicht mehr wachsen würde, wo die Narben waren. Aber eines Tages stellte sie fest, daß die Narben verschwunden waren und das Fell wieder gewachsen war. Seht ihr, die Eifersucht, die die Narben verursacht zu haben schien, war niemals wirklich gewesen, und so konnte sie auch keine Spur hinterlassen.
