Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft [Christian ScienceSprich: kr’istjən s’aiəns.], nimmt in ihren Schriften auf zweierlei Weise auf ihre Kirche Bezug. Zuweilen nennt sie sie die streitende Kirche, und bei anderen Gelegenheiten, wenn sie von der geistigen Wirklichkeit spricht, nennt sie sie die triumphierende Kirche.
In ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ definiert unsere Führerin Mrs. Eddy „Kirche“ wie folgt (S. 583):
„Der Bau der Wahrheit und Liebe; alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht.
Die Kirche ist diejenige Einrichtung, die den Beweis ihrer Nützlichkeit erbringt und die das Menschengeschlecht hebt, das schlafende Verständnis aus materiellen Annahmen zum Erfassen geistiger Ideen und zur Demonstration der göttlichen Wissenschaft erweckt und dadurch Teufel oder Irrtum austreibt und die Kranken heilt.“
Im zweiten Teil dieser Definition hat Mrs. Eddy die Funktion der streitenden Kirche in ihrer Beziehung zu menschlichen Angelegenheiten dargelegt. Es ist eine streitende Kirche, weil sie alles Böse wie auch eine oberflächliche Religion herausfordert. Sie fordert die Lehren der scholastischen Theologie in bezug auf die Natur des Bösen ebenso heraus wie die Lehren der physikalischen Wissenschaft in bezug auf das Wesen der Materie und die Arzneimittellehre in bezug auf das Wesen der Krankheit. Kurz, sie fordert die gesamte Masse des menschlichen Glaubens an die Wirklichkeit einer materiellen Schöpfung mit ihrer Sünde, ihrer Krankheit und ihrem Tod heraus. In der „wissenschaftlichen Erklärung des Seins“ (ebd., S. 468), die mit den Worten beginnt: „Es ist kein Leben, keine Wahrheit, keine Intelligenz und keine Substanz in der Materie“, faßt unsere Führerin diese Herausforderung zusammen, und sie hat diese entschiedene Erklärung zu einem Teil der Gottesdienste gemacht.
Die Mitglieder dieser Kirche haben sich freiwillig in den Dienst des Kampfes gegen Krankheit und Sünde gestellt; sie lernen sich gegen die bösen Einflüsterungen von Niederlage zu schützen, und indem sie sich in ihrem Verständnis verschanzen, daß das Gute allein wirklich ist, zerstören sie den Irrtum. Unter Gottes Führung lernen sie, wann sie vorwärtszugehen und wann sie zu stehen haben; der christliche Streiter verkündet niemals den Rückzug. In diesem Kampf verletzt der Christliche Wissenschafter niemanden und segnet alle, denn er kämpft niemals mit Personen, obgleich er, wie Jakob, oft mit sich selbst ringt.
Die Waffen, mit denen er kämpft, sind nicht fleischlich; er kämpft mit dem Schwert des Geistes. Er weiß, daß seine Schutzwehr bereits aufgerichtet ist, doch in gewissem Sinne richtet er sie jeden Tag von neuem auf. Er behält von dem Kampf keine Narben zurück, denn er trägt beständig die undurchdringliche Rüstung der Gerechtigkeit und den Schild des Glaubens. Während er dem Bösen in rechter Weise widersteht, wird er stärker im Kampf.
Die Mitglieder dieser Kirche haben eine zweifache Aufgabe: sie müssen, jedes für sich, die Christliche Wissenschaft [Christian Science] im eigenen Leben zum Ausdruck bringen und als Gesamtheit durch die Kirchenorganisation — als ein mächtiges Heer, in einer grenzenlosen Brüderschaft — die Herrschaft der Wahrheit und Liebe in der Welt aufrichten und die Einheit des Menschen mit dem göttlichen Gemüt beweisen.
Wenn wir Mitglieder dieser Kirche sind, deren Ziel es ist, das Menschengeschlecht zu heben, können wir nicht zu denen gehören, die niederreißen, vielmehr müssen wir zu denen gehören, die aufbauen. Das Mitglied der Kirche Christi, Wissenschafter, singt oft in seinem Herzen (Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Lied Nr. 105):
Hilf uns, einander aufzubau’n,
Den geist’gen Schatz vermehr‘.
Das Mitglied sollte keines Menschen Last durch Wort oder Gedanken vergrößern, sondern dem Bedrängten helfen, die Last abzulegen, und es ihm auf diese Weise ermöglichen, frei einherzugehen — und höher zu steigen. Es bemüht sich, nichts über seinen Bruder oder seine Kirche zu sagen, was es nicht verwirklicht sehen möchte. Die Kranken werden geheilt.
In der ersten Zeit wurden die Lehren der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] fast ausschließlich durch Heilen verbreitet. Es gab viele Menschen, die sich danach sehnten, Gott zu erkennen, und es gab solche, die mit selbstloser, echter Demut die Arbeit unternahmen, die getan werden mußte. Sie waren Pioniere im Geist und in der Tat. Sie hatten keine Zeit, lieblose Gedanken zu hegen. Sie hießen voller Herzlichkeit alle willkommen, die sich sehnten, Gott und Seinen Christus zu erkennen; und die Kirche wuchs.
Heute fordert die streitende Kirche immer noch Wissenschaft, Theologie und Medizin heraus, wie auch den Atheismus, Agnostizismus und das neuzeitliche Heidentum. Der Kampf ist heute im wesentlichen der gleiche wie zu Jesu oder Mrs. Eddys Zeit. In den Mittwoch-Zeugnisversammlungen, die in den Kirchen der Christlichen Wissenschaft abgehalten werden, kann öffentlich von den Siegen berichtet werden, die die Christlichen Wissenschafter weiterhin über Sünde und Krankheit gewinnen, und mit jedem Zeugnis erbringen sie den praktischen Beweis, daß sie sich von der streitenden Kirche zur Verwirklichung der triumphierenden Kirche erheben
In der „historischen Skizze“ im Handbuch Der Mutterkirche von Mrs. Eddy (S. 19) lesen wir: „Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, in Boston, Mass., soll sich auf den Felsen Christus gründen, ja auf die Erkenntnis und Demonstration der göttlichen Wahrheit, des göttlichen Lebens und der göttlichen Liebe, welche die Welt von Sünde und Tod heilt und erlöst. Dadurch soll sie in gewissem Grade die universelle und triumphierende Kirche widerspiegeln.“ Dürfen wir daraus nicht schließen, daß die Kirche in dem Maße, und nur in dem Maße, die triumphierende Kirche wird, wie sie die universelle Kirche wird, und umgekehrt? Jesus betete (Joh. 17:21), „daß sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; daß auch sie in uns seien.“ Jedes Wort der Lehren Jesu ist von der grundlegenden Überzeugung getragen, daß der Mensch das Kind Gottes ist. Dieses Gebet legt die Einheit des Gemüts dar, die Universalität des Christus, die Vaterschaft Gottes und die Brüderschaft des Menschen — die grundlegende Lehre der Christlichen Wissenschaft [Christian Science]. Mrs. Eddy verwarf eine begrenzte Vorstellung von Gott; sie offenbarte Gottes Vaterschaft und Mutterschaft.
Mrs. Eddy fordert von ihren Nachfolgern, daß sie die Universalität der Wahrheit kundtun, indem sie das ganze Menschengeschlecht heben; sie gebraucht in ihren Schriften das hier benutzte englische Wort „race“ vorwiegend im Sinne von Menschengeschlecht oder Menschheit. Sie läßt keinen Zweifel darüber bestehen, wie die Menschheit gehoben werden soll. Sie sagt (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 288): „Liebe zur Menschheit ist es, die das Menschengeschlecht hebt; sie demonstriert Wahrheit und spiegelt die göttliche Liebe wider.“ Diese christliche Methode erfordert, daß persönliches und nationales Vorurteil aufgegeben und die göttliche Liebe als unparteiisch und alles einschließend erkannt und anerkannt wird. Auf diese Weise wird unsere Kirche, wie Jesus es tat, diejenigen zu sich ziehen, die mit Krankheit beladen und von Sünde gepeinigt sind, um das Joch der Knechtschaft durch die Freiheit der geistigen Wahrheit ersetzen zu können. Dieses Verständnis von der alles einschließenden Natur der Liebe, ohne menschliche Vorbehalte, stillt alle menschlichen Nöte und zeigt, daß das Böse nichts ist.
Wenn dieser göttliche Weg verfolgt wird, dann wird die menschliche Demonstration von Kirche die tatsächliche Wirksamkeit der „universellen und triumphierenden Kirche“ in der menschlichen Erfahrung sein. Das ist die Kirche, die die Prophezeiung des Jesaja erfüllt, der einen Berg beschreibt, auf dem der Herr Zebaoth „allen Völkern ... ein fettes Mahl, ein Mahl von reinem Wein“ (25:6) macht, und er verheißt, daß Gott „auf diesem Berge die Hülle wegtun [wird], damit alle Völker verhüllt sind, und die Decke, damit alle Heiden zugedeckt sind.“ Diese Kirche ist die Kirche, die Mrs. Eddy vor Augen hatte, als sie unter Gottes Führung Die Mutterkirche organisierte, die „in gewissem Grade die universelle und triumphierende Kirche widerspiegeln“ soll.