Geistige Liebe ist dynamisch, denn sie ist der unmittelbare Ausdruck Gottes, des allmächtigen Gemüts oder der göttlichen Liebe. Jede Eigenschaft der Liebe, die wir pflegen und zum Ausdruck bringen, ist „Gott mit uns“, ja der Beweis unseres Einsseins, oder unserer Einheit, mit dem schöpferischen Prinzip. Johannes sagt uns: „Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist völlig in uns. Daran erkennen wir, daß wir in ihm bleiben und er in uns, daß er uns von seinem Geist gegeben hat.“ 1. Joh. 4:12, 13;
Die Schriften des Johannes zeigen, daß er ein tiefes Verständnis von der grundlegenden Bedeutung der Lehren Christi Jesu besaß. Jesus lebte, um Liebe zum Ausdruck zu bringen. Sein Wirken war der Aufgabe geweiht, seine Mitmenschen zu erheben, zu heilen und zu trösten. Die Christliche Wissenschaft ist gekommen, um das geistige Gesetz zu enthüllen, das seinen erbarmungsvollen Worten und Werken zugrunde lag, und zu zeigen, wie auch wir etwas von dieser göttlichen Zärtlichkeit, dieser Liebe der Liebe erlangen und dann dadurch heilen können.
Gott, die göttliche Liebe, ist der Schöpfer von allem. Er ist vollkommenes Gemüt und schließt die wirkliche Identität aller Menschen in sich, wodurch er sie für alle Ewigkeit in unwandelbarer Harmonie erhält. Krankheit muß also unwirklich sein, weil sie der schöpferischen Liebe unbekannt ist, deren Allheit die Möglichkeit irgendeines Gegenteils ausschließt. Infolgedessen ist das, was Leiden zu sein scheint, lediglich ein sterblich mentales Phänomen, eine Annahme von Mangel an Liebe, und die dankbare Erkenntnis der Wärme und Zärtlichkeit unseres alles umfangenden Vater-Mutter Gottes wird dieses Bewußtsein von Disharmonie auslöschen.
Mrs. Eddy schreibt: „Das lateinische Wort omni, das alles heißt, deutet im Englischen — wenn es den Worten Macht, Gegenwart, Wissen vorangestellt wird — auf Allmacht, Allgegenwart, Allwissenheit hin. Definiere mit diesen Worten Gott, und nichts bleibt im Bewußtsein übrig als Liebe, ohne Anfang und ohne Ende, ja der ewige Ich bin und Alles, neben dem es nichts anderes gibt.“ Message to The Mother Church for 1902, S. 7;
Eine rein menschliche Gefühlsregung wird dieses heilende Bewußtsein der Liebe niemals hervorbringen, denn solche Regung ist mit einem materiellen, besitzergreifenden Wesen verbunden. Das menschliche Gemüt muß immer mehr von seiner persönlichen Zuneigung gereinigt und zu einer höheren Liebe, die der göttlichen näherkommt, emporgehoben werden.
Das griechische Wort eros, von dem das Wort „erotisch“ hergeleitet ist, beschreibt einen körperlichen, sinnlichen Begriff von Liebe, der zur Zeit in so hohem Maße zur menschlichen Natur zu gehören scheint. Dieses Wort kommt nicht im Neuen Testament vor, aber das griechische Verb phileo, das gewöhnlich einen höheren Begriff von menschlicher Zuneigung oder brüderlicher Liebe andeutet, kommt fünfundzwanzigmal vor.
Doch das große Wort für Liebe in ihrer geistigen Bedeutung ist wieder ein anderes. Es ist agape, und das Wort selbst oder das entsprechende Verb wird im Neuen Testament mehr als zweihundertfünfzigmal gebraucht. Agape weist auf das rein geistige Licht und die rein geistige Wärme hin, die von der göttlichen Liebe zu ihren Ideen hinströmen und den Sünder reinigen und den Kranken heilen, wenn sie im menschlichen Leben nutzbar gemacht werden. Es ist weit mehr als menschliche Zuneigung, wie wichtig diese auch ist. Es ist ein Bewußtsein von dem allumfassenden Charakter des Guten, von der Einheit aller Individualität in der Substanz des göttlichen Seins. Mrs. Eddy sagt uns: „Geistige Liebe bringt dem Menschen zum Bewußtsein, daß Gott sein Vater ist; und das Bewußtsein, daß Gott Liebe ist, gibt dem Menschen Kraft zu unbegrenzter Entfaltung.“ S. 8;
Liebe bekundet kraftvolle Energie, denn sie ist Leben und Gemüt. Liebe ist die Seele des wirklichen Menschen und trägt ihn mit ihrer unwandelbaren Spannkraft und Freude. Die der Liebe innewohnende Freude ist ihr größter Lohn, und diese unschätzbare Gabe wird allen denen zuteil, die in der Liebe leben und deren Wesen zum Ausdruck bringen. Jesus sprach zu seinen Jüngern über seine Demonstration geistiger Freude und darüber, wie sie zu erlangen ist, mit folgenden Worten: „Gleichwie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibet in meiner Liebe !... Solches rede ich zu euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.“ Joh. 15:9, 11;
Der Meister liebte die wirkliche Identität seiner Mitmenschen, und diese wissenschaftliche Liebe heilte sie. Er weigerte sich, das verkehrte Bild kranker, sündiger, dem Tode geweihter Sterblicher zu akzeptieren. Statt dessen schaute er mit dem durchdringenden Wahrnehmungsvermögen des geistigen Sinnes durch die Illusion der Materie hindurch und sah die Menschen als harmonische geistige Ideen, die von Liebe, umfangen sind. Das ist agape, geistige Liebe, die dynamische heilende Erkenntnis von der Vollkommenheit des Menschen als Gottes Bild und Gleichnis.
Mrs. Eddy erkannte in ähnlicher Weise die erhaltende Gegenwart der göttlichen Liebe und demonstrierte unermüdlich deren Eigenschaften in ihrem täglichen Leben. Dies gab ihr die Kraft und die geistige Schau, ihre gewaltige Aufgabe zu erfüllen, nämlich die christlich-wissenschaftliche Bewegung zu gründen. Allein die Dynamik der Liebe konnte sie befähigt haben, ihre Mission unbeirrt fortzuführen. In ihrem klaren, präzisen Stil und vom Standpunkt zahlloser Beweise aus sagt sie uns: „Liebe erfüllt das Gesetz der Christlichen Wissenschaft, und nichts Geringeres als dieses göttliche Prinzip kann, wenn verstanden und demonstriert, jemals die Vision der Apokalypse erschließen, die sieben Siegel des Irrtums mit der Wahrheit öffnen oder die zahllosen Illusionen von Sünde, Krankheit und Tod aufdecken.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 572.
