Als Ich Eines Abends — ich war noch ein Kind — in meinem Bett lag, fiel mein Blick auf einen merkwürdigen Gegenstand. Ich strengte meine Augen an, um besser sehen zu Können, was es war — und plötzlich bewegte sich das Ding. Es sah aus wie ein Saurier. Natürlich hätte ich das Licht anknipsen können, aber es schien mir besser, mucksmäuschenstill liegenzubleiben, damit das Vieh mich nicht bemerkte.
Die ganze Nacht hindurch beobachtete ich dieses Wesen. Hin und wieder dachte ich, es schlafe. Aber sobald ich meine Augen bewegte, bewegte es sich auch — nicht viel, aber genug, um mir zu zeigen, daß es auf der Hut war. Und wieder starrte ich in die Dunkelheit. Es war eine lange Nacht!
Als schließlich die Morgensonne in mein Zimmer schien, hörte das Wesen auf, sich zu bewegen. Und dann sah ich zu meinem größten Erstaunen, daß da gar kein Untier war. Im Klaren Morgenlicht konnte ich in der Ecke, in dem mein fürchterlicher Bewacher gelauert hatte, nichts anderes entdecken als den Baseballhandschuh meines Bruders.
Können wir unseren Augen immer trauen? Christus Jesus gab auf diese Frage eine eindeutige Antwort. Die Bibel berichtet, daß er sagte: „Richtet nicht nach dem, was vor Augen ist, sondern richtet gerecht.“ Joh 7:24.
Eines Tages kam ein Aussätziger zu Jesus und bat, er möge ihn heilen. Im Neuen Testament steht über diesen Vorfall: „Und es jammerte ihn, und er streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach zu ihm: Ich will’s tun; sei rein!“ Mk 1:41. Der Mann war augenblicklich gesund.
Hätte Jesus diesen Mann so gesehen, wie andere Leute ihn sahen, dann hätte er ihn nicht heilen können. Aber der Meister sah in ihm das Vollkommene, geliebte Kind Gottes. Jesus war sich der Gegenwart und Wirklichkeit des Guten bewußt, er wußte, daß nur das wirklich wahr ist, was Gott geschaffen hat.
Die Heilige Schrift sagt: „Alle Dinge sind durch dasselbe [das Wort Gottes] gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.“ Joh 1:3. Gott, das Gute, ist der einzige Schöpfer. Daher drückt alles, was je geschaffen wurde, Sein vollkommen gutes Wesen aus. Krankheit und Sterblichkeit haben keinen Raum in der Güte Gottes und keinen Raum im Menschen, dem Ebenbild Gottes. Und sie hatten keinen Raum in Jesu reinem geistigem Bewußtsein. Sein klares Verständnis, daß das Gute die Substanz allen Seins ist, brachte all jenen Licht, auf denen seine Gedanken ruhten. Wenn dieses kraftvolle geistige Licht der göttlichen Wahrheit das menschliche Bewußtsein erhellte, löste es die falsche Vorstellung von Krankheit auf und brachte Heilung.
Schauen wir auf den materiellen Augenschein — auf das, was sich den physischen Sinnen präsentiert —, statt an der geistigen Tatsache der allgegenwärtigen Güte Gottes festzuhalten, dann sind wir wie Kinder, die sich einbilden, in der Dunkelheit von etwas Schrecklichem gefangengehalten zu werden. Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, schreibt Mary Baker Eddy: „Das Universum — wie der Mensch — muß durch die Wissenschaft von seinem göttlichen Prinzip, Gott, aus gedeutet werden, und dann kann man es verstehen; aber wenn das Universum — wie der Mensch — von der Grundlage des physischen Sinnes aus erklärt und so dargestellt wird, als ob es dem Wachstum, der Reife und dem Verfall unterworfen wäre, dann ist es ein Rätsel und muß ein Rätsel bleiben.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 124.
Ignorieren wir nicht einfach die Probleme, wenn wir von dem materiellen Bild wegschauen? Nicht, wenn wir uns Gott zuwenden, um zu verstehen, was unter Seiner Herrschaft tatsächlich vor sich geht. Indem wir vom materiellen Augenschein wegschauen und bei Gott ein besseres Verständnis von Ihm und unserer Beziehung zu Ihm suchen, tun wir genau das, was getan werden muß. Wir lassen mehr von dem Licht der Wahrheit ein — und das falsche Schattenbild von einem Leben, das an die Materie gekettet ist, wird ausgelöscht. Wir erkennen, daß es in der geistigen Wirklichkeit des Seins keinen Verfolger oder Böses irgendwelcher Art gibt.
Doch wie können wir unsere Augen von dem abwenden, was uns da belauert, wenn es so real und mächtig erscheint, wenn es uns die ganze Nacht über in Bann hält und das Tageslicht ewig nicht kommen will? Ich hatte vor kurzem Gelegenheit, eine Antwort auf diese Fragen zu finden. Als ich an diesem Tag die Zeitung las, war ich erschüttert: nichts als drastische Schilderungen von Bandenüberfällen, Vergewaltigung, Mord und Armut. Eigentlich hatte ich mir die Zeitung vorgenommen, um zu sehen, wo ich bei dem, was in unserer Stadt vor sich ging, durch mein Gebet helfen konnte. Aber die Bilder des Bösen waren so schrecklich, daß ich mich plötzlich in einem furchtbaren inneren Widerstreit befand. Ich sehnte mich nach dem Licht der Güte Gottes, wurde jedoch gefangengehalten von der aggressiven Suggestion, daß das Leben des Menschen von Gott getrennt sei.
Ich nahm meine Bibel und suchte darin Hilfe und Trost. In den Psalmen fand ich einen guten Rat: „Opfere Gott Dank und erfülle dem Höchsten deine Gelübde, und rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen.“ Ps 50:14, 15.
Als ich über diese Verse nachdachte, wurde mir klar, daß ich Gott „meine Gelübde“ nicht erfüllt hatte. Vor lauter Furcht akzeptierte ich die Illusion vom Leben in der Materie und hielt sie für wirklich und mächtig. Ich hatte vergessen, daß Gott, das Gute, die einzig wirkliche Macht ist. Statt an der harmonischen geistigen Wirklichkeit festzuhalten — das Licht einzulassen —, akzeptierte ich das disharmonische materielle Bild als gültig und starrte wieder genauso in die Dunkelheit, wie ich es als Kind getan hatte.
Ich wandte mich im Gebet an Gott, und bald sah ich klarer, was tatsächlich vor sich ging. In Wirklichkeit lebe ich in den Armen des allgegenwärtigen Vater-Mutter Gottes, der unendlichen Liebe. Nichts kann mich oder irgend jemand anders von der göttlichen Liebe trennen, wie schrecklich auch die Lage zu sein scheint, in der wir uns befinden. Und die klare Erkenntnis dieser Wahrheit kann eine schwierige Situation heilen. Ich war von unendlicher Dankbarkeit erfüllt für Gottes beständige liebevolle Fürsorge für Seine Kinder; Dankbarkeit dafür, daß wir alle immer in diesen allmächtigen, liebenden Armen geborgen sind, daß ein Leben, getrennt von Gott, dem Guten, dem einzigen Schöpfer, eine Unmöglichkeit ist — eine Illusion —, denn der Mensch ist Sein geistiges Gleichnis. Die Furcht war vergangen, ich lobte Gott.
Mit neuer Kraft konnte ich dann weiter beten und ganz gezielt den unharmonischen Vorkommnissen entgegentreten, von denen die Zeitung berichtet hatte. Ich wußte, daß mein Gebet zur Heilung beitrug. Als Christliche Wissenschafterin hatte ich mich in Zeiten der Not schon oft an Gott gewandt und erlebt, daß Gebet eine machtvolle und verläßliche Hilfe beim Heilen von Krankheit und Wiederherstellen der Harmonie ist.
Da war zum Beispiel eines Nachts unser Sohn ganz verstört in unser Schlafzimmer gekommen. Er sagte, sein Bein täte sehr weh, und er bat meinen Mann und mich, für ihn zu beten. Als wir zu dritt miteinander beteten — unser Denken der Güte Gottes öffneten —, strömte das sanfte geistige Licht der Wahrheit in mein Bewußtsein. Mir wurde klar, daß es nur eine Macht gibt — Gott, das Gute. Und im unendlichen göttlichen Guten gibt es weder Schmerz noch Gefahr.
Ich sah ein, daß die Beziehung unseres Sohnes zu Gott trotz des illusorischen materiellen Bildes ununterbrochen und sicher fortbestand. Nach kurzer Zeit waren die Schmerzen verschwunden, und das Kind schlief friedlich ein. Die Schwierigkeit ist nie wieder aufgetreten.
Wir brauchen uns nicht davor zu fürchten, die begrenzte materielle Auffassung vom Leben hinter uns zu lassen. In dem Maße, wie wir die geistige Wirklichkeit erfassen — das Leben in und von Gott —, erkennen wir klarer, was wahr ist, und das Ergebnis ist Heilung. Beginnen wir mit Gott, dann sind wir überlegen — nicht unterlegen.
Wenn das allmächtige Licht Gottes unser Denken erleuchtet, werden wir nicht länger von den Schattenbildern der Krankheit und Disharmonie an der Nase herumgeführt. Wir stehen im „Morgen“ der geistigen Offenbarung, im reinen Bewußtsein der Güte Gottes und unseres ununterbrochenen Wohlbefindens.