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Die umwandelnde Macht der Heiligen Schrift

Diese illustrierte Bibelserie im Herold schildert die dramatische Entwicklung der heiligen Schriften in der Welt über Jahrtausende hinweg. Im Mittelpunkt stehen die großen Reformer, die die Bibel geschrieben und übersetzt haben. Viele von ihnen opferten ihr Leben, um die Bibel und ihren umwandelnden Einfluß allen Menschen zugänglich zu machen. Die Serie erscheint monatlich.

Luther beginnt die protestantische Reformation

2. Teil

Aus der März 1995-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


DIE ÜBERSETZUNG DES NEUEN TESTAMENTS


Trotz tiefer innerer Dunkelheit übersetzte Luther während seines Aufenthalts auf der Wartburg das griechische Neue Testament des Erasmus ins Deutsche. Die Übersetzung hatte er bereits nach elf Wochen fertiggestellt.

Im September 1522 wurde das vollendete Neue Testament veröffentlicht, ein stattlicher Band mit Holzschnitten aus der Werkstatt von Lukas Cranach. In den ersten zwei Monaten wurden ungefähr fünftausend Exemplare verkauft.

Die Reihenfolge der Bücher im Neuen Testament Luthers war neu — und allein sein Werk. Er ordnete die Bücher nach ihrer Betonung Christi Jesu. Fast alle Bibeln, die seit Luthers Zeit übersetzt worden sind, halten sich an seine Anordnung des Neuen Testaments.

Das Neue Testament Luthers vermied viele der alten Formulierungen aus den wenigen vorhandenen, schlechten Übertragungen der Vulgata — Worte, die der römisch-katholischen Liturgie angepaßt waren. Statt Priester benutzte Luther zum Beispiel Heiland oder Ältester, statt Kirche Versammlung oder Gemeinde. Und statt büßen gebrauchte er Buße tun.

DER BAUERNKRIEG


Inzwischen riefen Luthers radikalere Anhänger immer offener dazu auf, sich mit Gewalt gegen die Übergrieffe der Kirche und der reichen Adeligen zur Wehr zu setzen. Je länger Luther in seinem Versteck blieb, desto größer wurde die Gefahr, daß die Radikalen ihm das Heft aus der Hand nahmen. Hitzköpfe wie Andreas Karlstadt hetzten Luthers Anhänger zur Störung von Gottesdiensten auf — Bildwerke wurden zerschlagen und Priester mißhandelt. Dies alarmierte Luther und seinen engsten Freund, den sanften Philipp Melanchthon, der ebenfalls protestantischer Reformator und Professor an der Universität Wittenberg war.

Außerdem wurde Luther von liberalen Kräften dazu gedrängt, eine öffentliche Erklärung abzugeben, daß Mönche und Nonnen in die Welt gehen und das Evangelium predigen sollten, statt ein zurückgezogenes Klosterleben zu führen. Er ging schließlich so weit, auch die Heirat ehemaliger Mönche und Nonnen gutzuheißen, obwohl er sagte: „Mir wird niemand ein Weib anhängen.“

Im Frühling 1522 wollten „Schwarmgeister“ aus Zwickau die Leute in Wittenberg dazu bringen, sich von den Lehren der Bibel abzuwenden. Das konnte Luther nicht untätig mit ansehen. Er kümmerte sich nicht darum, daß er vogelfrei war, ritt nach Wittenberg zurück und rief seine Anhänger zur Ordnung. In vernünftigen, überzeugenden Predigten forderte er die Menschen auf, jeder Gewalt den Rücken zu kehren und die Einheit der Bewegung zu wahren.

Schritt für Schritt reformierte Luther den Gottesdienst in Wittenberg und stellte das Lesen aus der Bibel und die deutsche Predigt in dessen Mittelpunkt. Und er führte noch ein anderes ganz eigenes Element ein: wunderschöne deutsche Kirchenlieder, von denen er selber eine ganze Anzahl dichtete und komponierte.

Aber vielen Menschen, besonders den von ihren Herren unterdrückten und ausgebeuteten Bauern, gingen die Reformen nicht weit genug. Sie schimpften Luther „Dr. Lügner“, weil er Gewalt ablehnte. Und im Jahre 1525 brach die Revolte aus.

Zuerst sympathisierte Luther mit den Aufständischen, doch als er sah, daß Herren getötet und Burgen verbrannt wurden, tat er alles, was er konnte, um dem Einhalt zu gebieten. Er reiste im Land umher, predigte gegen das Blutvergießen und rief die Bauern auf, seine Botschaft nicht für politische Ziele zu mißbrauchen. Er forderte geistige, nicht politische Freiheit. „Wenn der Bauer offen rebelliert, steht er außerhalb von Gottes Gesetz,“ sagte er, „denn Rebellion ist nicht nur Mord, sondern wie ein großes Feuer, das das ganze Land überzieht und verwüstet.“

HEIRAT UND FAMILIE


Vier Jahre nachdem Luther erklärt hatte, er werde niemals heiraten, machte Katharina von Bora — eine Nonne, die von Luthers Schriften dazu gebracht worden war, ihr Gelübde aufzugeben — Luther einen Heiratsantrag. Sie war von ihrem Vater gegen ihren Willen ins Kloster gesteckt worden und hatte nie Gefallen am Klosterleben gefunden. So war sie nur zu froh gewesen, als sie mit elf anderen Nonnen mit Hilfe eines Anhängers von Luther fliehen konnte. Der Mann versteckte die Frauen zwischen Heringsfässern auf seinem Planwagen und brachte sie so nach Wittenberg.

Einige der Frauen kehrten zu ihren Familien zurück, andere heirateten. Nur Katharina blieb übrig, und sie meinte, sie könne eigentlich Luther heiraten, da er doch sicher eine Frau brauche, die für ihn sorge. Zuerst dachte er, sie mache Spaß, aber bald kam er zu der Einsicht, daß diese Heirat auch Gottes Plan war.

Die beiden gewannen einander lieb und hatten sechs Kinder. Ihr Ziel war es vor allem, ein Beispiel für gutes christliches Haus- und Familienleben zu geben. Ein Jahr nach der Heirat schrieb Luther: „Mein Käthchen ist mir in allen Dingen so gefällig und erfreulich, daß ich meine Armut nicht für den Reichtum des Krösus eintauschen möchte.“ Ihr Heim war offen für alle Opfer der Umwälzungen der Reformation — für Menschen, die verfolgt wurden wie auch für Mönche und Nonnen, die eine Zeitlang eine Unterkunft brauchten.

Da Luther nichts für seine Bücher nahm und viel Geld ausgab, um den Armen und Bedürftigen zu helfen, mußten die Luthers sich sehr einschränken. Aber wenn es wieder einmal an Geld fehlte, sagte Luther: „Käthe, Gott ist reich. Er wird uns schon wieder etwas geben.“

DIE ÜBERSETZUNG DES ALTEN TESTAMENTS


Nach seiner Heirat vollendete Luther seine Übersetzung des Alten Testaments, wobei er mit anerkannten Gelehrten und engen Freunden — vor allem Melanchthon — zusammenarbeitete. Er nannte sein Mitarbeiterteam humorvoll seinen „Sanhedrin“ — nach der Bezeichnung für das antike Regierungskollegium der Juden.

Luther selbst leitete die Arbeit und entwickelte Regeln für das Übersetzen, nach denen seine Gruppe arbeitete. Vor allem war er der Meinung, die Worte des Alten Testaments müßten in deutschen Ohren „richtig“ klingen. So mußten seine Mitarbeiter einen Mittelweg finden zwischen dem, was dem Ohr gut klang und dem, was im literarischen Sinn korrekt war. Das bedeutete aber, daß der „Sanhedrin“ mit seiner Arbeit nicht schnell vorankommen konnte. Manchmal mühten sie sich tagelang mit ein paar Zeilen des biblischen Textes ab.

Luther wollte nicht, daß seine Bibel oder die Menschen darin sich hebräisch oder fremd anhören sollten — die Bibel sollte durch und durch „verdeutscht“ werden. „Wir mühen uns jetzt ab, die Propheten zu verdeutschen,“ schrieb er, „O Gott, was ist das für ein hartes und beschwerliches Werk, die hebräischen Schriftsteller gegen ihren Willen zu zwingen, deutsch zu reden!“

Und dazu sollte das Deutsch auch noch gut und klar sein, eine Sprache, die „die Mutter im Hause“ und der „gemeine Mann auf dem Markt“ spricht. Um das zu erreichen, benutzten die Übersetzer als Grundlage die Sprache der sächsischen Hofkanzlei und fügten Worte aus verschiedenen deutschen Dialekten dazu. Das Ergebnis war eine Sprache, die leicht zu lesen und wunderbar anzuhören war.

Als Luther und seine Helfer ihre monumentale Übersetzung endlich im Jahre 1534 abgeschlossen hatten, wurde sie zu einem Preis auf den Markt gebracht, den sich fast jeder leisten konnte. Auf diese Weise erreichte die majestätische Poesie der Bibel und ihre heilende Botschaft nahezu alle Deutschen. Kein anderes Buch in deutscher Sprache hat je wieder eine solche Popularität erlangt. Die klingenden Sätze gingen in die Herzen und Gemüter der Menschen ein, wurden ihr unverlierbarer Besitz, und sie haben die Entwicklung der neuhochdeutschen Standardsprache wesentlich beeinflußt.

LUTHERS ERBE


Luther hatte mit gewaltigen persönlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Fast sein ganzes Leben lang mußte er sich mit Krankheiten herumschlagen, doch nie hörte er auf zu arbeiten. Er baute darauf, daß sein Glaube und seine Gebete ihn hindurchtragen würden. Und dazu kam die gnadenlose Opposition gegen sein Werk. Als im Jahre 1546 sein Tod beim Konzil von Trient bekannt wurde — einem Konzil der katholischen Kirche, das einberufen worden war, um der protestantischen Gefahr zu begegnen —, erhoben die Konzilsteilnehmer ein Freudengeschrei.

Doch das, was Luther erreichte, war weit bedeutsamer als der Widerstand, der sich gegen ihn erhob. Vor allem gab er dem deutschen Volk die Bibel. Aber er hat auch einen großen Teil dazu beigetragen, daß alle Menschen Zugang zur Bibel bekamen. Fast alle späteren Bibelübersetzer — ganz gleich, aus welchem Volk sie kamen — benutzten Luthers Text als Vorbild. Sein Kampf gegen den Bibel-Analphabetismus, gegen kirchliche und staatliche Autoritäten, die das Bibellesen unterbinden wollten, und gegen alle, die seine Botschaft zu politischen Zwecken mißbrauchten, führte dazu, daß die Bibel wieder zum Herzen und Mittelpunkt des Christenlebens wurde.

Die Redakteurin Mary Trammell ist Bibelgelehrte, und der Redakteur für besondere Aufgaben William Dawley war als Journalist tätig.

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