Editorials
Der Orakelspruch aus dem Altertum: „Erkenne dich selbst,” hat für den Schüler der Christlichen Wissenschaft eine neue Bedeutung. Für den, der dieser Lehre fernsteht, umfaßt Selbsterkenntnis das Unterrichteten über den Körper und dessen vermeintliche Krankheitssymptome.
Der Umstand, daß Mrs. Eddy die Wesensgleichheit des beweisbaren Glaubens und der Wissenschaft so sehr hervorhob, erregte allgemeines Interesse, denn die Idee war neu, und in den theologischen Schriften waren diese beiden Begriffe vordem nicht miteinander in Verbindung gebracht worden.
Wenn ich mich fürchte,” erklärt der Psalmist, „so hoffe ich auf dich. ” Daß die Christlichen Wissenschafter durch ihre Zuversicht zu G ott von vielerlei Furchtgedanken, die die Sterblichen so lange beherrscht haben, befreit worden sind, ist ihnen ein Grund zu großer Dankbarkeit.
Leute , die sich erst kurze Zeit mit der Christlichen Wissenschaft befaßt haben, sprechen zuweilen ihre Verwunderung und ihre Enttäuschung darüber aus, daß sie als Anfänger dieser Lehre nicht immer auf Rosen wandeln können, wie sie es erwartet hatten. Da die Christlichen Wissenschafter in der Regel Glück und Zufriedenheit zum Ausdruck bringen, so hält sie der Außenstehende leicht für Menschen, die nie mit Kummer und Sorgen zu kämpfen haben, während es den Neuling in dieser Lehre befremdet, daß es für ihn noch Prüflingen zu bestehen gibt.
Die Ermahnung: „Arzt, hilf dir selber,” ist für diejenigen, die sich Christliche Wissenschafter nennen, von großer Wichtigkeit. Sie verlangt von ihnen Echtheit, Musterhaftigkeit, Folgerichtigkeit und Leistungsfähigkeit — Eigenschaften, an denen man ja die Wahrheit und den praktischen Wert ihrer Lehre erkennen soll und die der Scheinheiligkeit und Frömmelei zum Vorwurf dienen.
Es ziemt sich den Schülern der Christlichen Wissenschaft, ernstlich über die Frage nachzudenken, ob es auch mit ihrem Fortschritt richtig bestellt sei. Sie müssen darauf sehen, daß ihre Gedanken, Worte und Werke sich einer volleren Verwirklichung des Reichs G ottes, der vollkommenen Harmonie, nähern.
Es ist sehr bedeutsam, daß in des Meisters Dienst zum Heil der Menschheit Lehre und Ausübung sich so innig verbanden. Er „ging umher im ganzen galiläischen Lande, lehrete in ihren Schulen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte allerlei Seuche und Krankheit im Volk.
Daß es im Reich der W ahrheit auch nur den geringsten Mißklang geben kann, ist für solche, die wirklich an den durch Jesus Christus geoffenbarten G ott glauben, geradezu undenkbar. Alle Erscheinungsformen der Zwietracht sind Ergebnisse der Unwahrheit.
Im Propheten Jesaja lesen wir: „Ihr aber seid meine Zeugen, spricht der Herr. ” Über diese Worte sollten alle Christen täglich nachdenken, wie auch über die Erklärung Jesu vor Pilatus: „Ich bin dazu geboren und in die Welt kommen, daß ich für die Wahrheit zeugen soll.
Eine der mehr oder weniger regelmäßig wiederkehrenden und daher ziemlich stark abgenutzten Einwendungen gegen die Christliche Wissenschaft ist die, daß es unchristlich, ja beinahe gotteslästerlich sei, wenn die Anhänger dieser Lehre behaupteten, daß in unsern Tagen die Kranken so geheilt werden könnten und tatsächlich so geheilt würden, wie vor neunzehnhundert Jahren „allerlei Seuche und Krankheit im Volk” durch Jesus geheilt wurden. Diese Kritik beruht zum großen Teil auf der Annahme, daß die Heilkraft, welche der Meister ausübte, eine ihm vom himmlischen Vater besonders verliehene Gabe sei, und daß er sie nur auf diejenigen übertragen habe, die persönlich mit ihm in Berührung kamen, insbesondere auf „die Zwölfe” und „die Siebenzig,” die seine unmittelbaren Nachfolger waren.