Unter den vielen falschen Vorstellungen von der Christlichen Wissenschaft ist wohl keine so weit verbreitet wie die, daß eine optimistische Haltung gegenüber den täglichen Vorkommnissen des sterblichen Daseins der Ausübung dieser Lehre gleichkomme. Diejenigen, die durch ernstes Forschen in der Bibel und in Wissenschaft und Gesundheit die Kraft und Zuversicht erlangt haben, wie sie schon eine teilweise Erkenntnis der Allmacht der Wahrheit verleiht, verbreiten allerdings eine Atmosphäre des Friedens und Frohsinns, welche denen, die in ihren Bereich kommen, den Eindruck geben muß, daß die Christliche Wissenschaft ihre Anhänger befähigt, vielem, was dem sterblichen Denken unerträglich erscheint, mit Gleichmut zu begegnen. Es ist daher ganz begreiflich, daß diejenigen, die solche Beweise der Wahrheit gesehen haben, in derselben Richtung Hilfe suchen, wenn die Not an sie herantritt; nur ist ihre Auffassung von der Wahrheit oft so verschwommen, daß sie in allerhand Fehler verfallen. Es überrascht uns also nicht sehr, wenn wir dann und wann von Leuten, die unsres Wissens keine Kenntnis von dem wahren Wesen der Christlichen Wissenschaft haben, die Bemerkung hören: „Ich versuche es gegenwärtig mit der Christlichen Wissenschaft.”
Wer aus eigner Erfahrung weiß, was die Christliche Wissenschaft lehrt und was sie zum Heil der Kranken und Sünder auszurichten vermag, sieht sehr wohl, daß viele, von denen er obige Bemerkung hört, der Meinung sind, die Christliche Wissenschaft sei nichts weiter als Optimismus. Es ist den Christlichen Wissenschaftern offenbar, daß der Optimismus oder die einfache Vorstellung, als ob alles, was den Sterblichen zur Erfahrung wird, gut sei, nicht die Werke vollbringen kann, die Christus Jesus vollbrachte; daß vielmehr unaufhörliches Gebet der rechten Art sowie eine Demonstration der Allheit des Guten, der Allmacht und Allgegenwart des göttlichen Gemüts nötig ist, wodurch die Nichtsheit des Übels ans Licht kommt. Nur so können menschliche Zustände gebessert werden. Der bloße Entschluß, trotz widerwärtiger Umstände glücklich sein zu wollen, genügt nicht. Das, was die körperliche und geistige Disharmonie verursacht hat, muß gebessert werden, ehe die Wirkung richtig sein kann.
Sodann hören wir oft Leute sagen, sie hätten es mit der Christlichen Wissenschaft versucht, obgleich sie tatsächlich nichts weiter getan haben als vermöge ihrer Willenskraft sich des Gebrauchs von Arzneimitteln zu enthalten. Willenskraft ist nicht Christliche Wissenschaft, und Christliche Wissenschaft ist nicht Willenskraft, auch ist die Fähigkeit, optimistisch zu sein, keineswegs die Ursache des Glücks und der Gesundheit derer, die die Christliche Wissenschaft ausüben, sondern eine Wirkung.
Mrs. Eddy bestimmt die Christliche Wissenschaft auf Seite 1 von „Rudimental Divine Science“ als „das Gesetz Gottes, das Gesetz des Guten, welches das göttliche Prinzip und die göttliche Regel der universellen Harmonie erklärt und demonstriert.” Und auf derselben Seite sagt sie von diesem Prinzip: Es ist Gott, das höchste Wesen, das unendliche und unsterbliche Gemüt, die Seele des Menschen und des Weltalls. Es ist unser Vater, der im Himmel ist. Es ist Substanz, Geist, Leben, Wahrheit, Liebe. Diese sind das göttliche Prinzip.” Wie aus diesen Worten zu ersehen ist, wirkt die Christliche Wissenschaft nicht aufs Geratewohl; sie ist nicht etwas, was man nur so leichthin aufnehmen und in derselben Weise wieder weglegen darf; vielmehr ist sie der ernsteste und wichtigste Gegenstand, der die heutige Menschheit beschäftigen kann. Ein eifriges Erforschen ihres Prinzips und ihrer Regeln ist für den, der sie verstehen und demonstrieren will, ebenso nötig wie für den, der sich auf irgendeine andre Wissenschaft legt.
Den Forderungen der Christlichen Wissenschaft gemäß müssen alle, die sich zu ihr bekennen, den „allein wahren Gott”, den Quell des ewigen Lebens erkennen, und zwar so gründlich, daß sie die Besserung ihrer eignen Umstände und die ihrer Mitmenschen herbeizuführen vermögen. Wer diese Erkenntnis erlangt hat, gewinnt durch eigne Erfahrung die Überzeugung, daß die Welt nichts bieten kann, was den gleichen Wert hätte; daß das Halten der Gebote „langes Leben und gute Jahre und Frieden” bringt — alles Gute, was das Herz des Menschen begehren kann.