Warum das Böse als Irrtum bezeichnen?” fragt der Neuling in der Christlichen Wissenschaft. „Das Böse tritt uns doch ebenso oft entgegen als das Gute, und oftmals weit entschiedener.” Ein Beispiel aus der Technik dürfte uns zur Beantwortung dieser Frage helfen. Der Ingenieur weiß, daß er sich bei einem Brückenbau seine Kenntnis der hierbei in Betracht kommenden mathematischen Gesetze zunutze machen muß, um die Tragfähigkeit der Brücke genau bestimmen zu können. Wenn das dabei verwandte Material gut ist, die Brücke aber dennoch zusammenbricht, herrscht bei den Menschen kein Zweifel darüber, daß den Ingenieur die Schuld trifft, mit andern Worten, daß ihm bei der Konstruktion der Brücke Fehler unterlaufen sind. Nun war seine Arbeit ein Vorgang des Denkens, ein geistiger Vorgang. Der vollkommene Bau erstand in seinem Denken; aber sein Verständnis der in Betracht kommenden Grundgesetze erwies sich als unzureichend.
Genau wie in diesem Fall verhält es sich auch mit dem Bau, den jeder Mensch errichtet, nämlich seinem eignen Leben. Er beginnt die Lösung seines Problems mit strebsamen Sinn und mit bestimmten Ansichten über das Wesen des Guten. Er konstruiert seinen Bau nach seinem Begriff von dem Wesen und den Fähigkeiten des Menschen und nach den Verfahrungsarten, die, wie er glaubt, ihn ans Ziel seiner Wünsche bringen werden. Die Ergebnisse sind sehr verschieden. Manche Menschen kommen im Leben gut fort, andre haben nur Fehlschläge zu verzeichnen, und bei vielen bildet schlechte Gesundheit ein scheinbar unüberwindliches Hindernis. In den beiden letzten Fällen betrachten die Menschen das Leben als ein Gemisch von Gut und Böse, und Unglück oftmals als das Ergebnis von Fehlern, oder von zufälligen Ereignissen, oder von Krankheit, die sie als „wirklich” ansehen.
Im Lichte der Christlichen Wissenschaft erscheint obige Veranschaulichung durchaus zutreffend. Das wahre Leben ist, wie die vollkommen konstruierte Brücke, ein vollkommener Bau, der dem Sturm und Unwetter standhält, weil es sich auf die Kenntnis des Prinzips gründet. „Denn der Weisheit Anfang ist, wenn man sie gerne höret und Klugheit lieber hat denn alle Güter,” sagte Salomo, und an andrer Stelle: „Laß dein Herz meine Worte aufnehmen; halte meine Gebote, so wirst du leben.” Sowohl die vielen unglücklichen Menschen, die im Leben Schiffbruch gelitten haben, wie auch die Kranken und Leidenden haben gefunden, daß sie in dem Maße, wie sie ihre Anschauung über das Wesen Gottes und über des Menschen Beziehung zu Ihm mit denen der Christlichen Wissenschaft in Einklang bringen, ihre Wege sich ebnen und ihre körperlichen Leiden zu schwinden beginnen. Wie im Fall der Brücke, sind schlechte Folgen Wirkungen des Irrtums, und dieser wiederum entsteht aus einem mangelhaften Verständnis des in Betracht kommenden Gesetzes.
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