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Einheit und Unsterblichkeit

Aus der Oktober 1916-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Bisweilen hört man die Behauptung — sogar von Personen, die in der Christlichen Wissenschaft einigen Fortschritt gemacht haben —, diese Wissenschaft verlange von ihren Schülern, daß sie sich von den Mitmenschen fernhielten; sie fordere von ihnen eine Art geistiger Zurückgezogenheit oder Absonderung zur Ausarbeitung ihrer eignen Erlösung. Mit andern Worten, es wird angenommen, der Schüler müsse alle freundschaftlichen Beziehungen aufgeben und ganz für sich bleiben. Eine irrigere, unzutreffendere Anschauung von den wahren Lehren der Christlichen Wissenschaft und der Bibel ließe sich schwerlich finden. Die höhere geistige Liebe verlangt ebensowenig eine solche Absonderung, wie die edlen Regungen der Freundschaft und Nächstenliebe dies verlangen.

Nirgends in der Heiligen Schrift noch in den Werken unsrer Führerin findet sich eine Gewähr für diese Annahme. Wenn uns auch die Bibel fortwährend zu selbständigem Streben ermahnt, und wenn sie uns auch sagt, ein jeglicher müsse „seine Last tragen,” so geht doch dem das bedeutsame Gebot voraus: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.” In der Bibel ertönt beständig der Aufruf zur Einigkeit unter den Menschen, eine göttliche Forderung, die ihren vollen Ausdruck in dem Gebot unsres Meisters findet: „Auf daß sie alle eines seien, gleichwie Du, Vater, in mir, und Ich in dir; daß auch sie in uns eines seien.”

Im vierten Kapitel seines Briefs an die Epheser, wo die Einheit der Gottes-Idee so klar dargelegt ist, spricht Paulus von der Zeit, da wir „alle hinankommen zu einerlei Glauben und Erkenntnis des Sohns Gottes und ein vollkommner Mann werden, der da sei im Maße des vollkommenen Alters Christi.” Hieraus geht klar hervor, daß Einheit oder Einigkeit eine notwendige Bedingung zur Vollkommenheit und daher ein unentbehrliches Element der Demonstration des Christlichen Wissenschafters ist.

Indem wir uns nun den Werken unsrer Führerin zuwenden, finden wir, daß auch sie die Notwendigkeit der Einheit sehr betont hat. „Einheit,” so schreibt sie auf Seite 264 von „Miscellaneous Writings,“ „ist das innerste Wesen der Christlichen Wissenschaft. Ihr Prinzip ist einheitlich, und um die göttliche Einheit zu demonstrieren, ist Einheitlichkeit des Denkens und Handelns erforderlich.” Warum empfindet dann der Schüler in so vielen Fällen ein Gefühl der Trennung und des „Alleinseins”? Wie Mrs. Eddy an obenangeführter Stelle klarmacht, ist Einheit Sache der Demonstration. Das falsche Denken und Empfinden muß aufgehoben werden, ehe der rechte Zustand eintreten kann. Der Bibel zufolge sagte Jesus einmal: „So jemand zu mir kommt und hasset nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein.” Nachdem er dann gezeigt hatte, daß ein Mensch sich über die Tragweite seiner Entscheidungen im klaren sein müsse, schloß er mit dem bedeutsamen Ausspruch: „Das Salz ist ein gut Ding; wo aber das Salz dumm wird, womit wird man’s würzen? ... Man wird’s wegwerfen.”

Nun liegt es aber auf der Hand, daß er, der noch zu allerletzt am Kreuz für seine irdische Mutter Vorsorge traf und dadurch das Gebot bekräftigte: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren;” der über das mosaische Gesetz, welches Scheidungen leicht möglich machte, seine Mißbilligung äußerte und erklärte, es sei nur der Härte der Menschenherzen wegen geschrieben worden; der da sagte: „Dabei wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt;” der erklärte: „Des Menschen Sohn ist nicht kommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern zu erhalten”— daß er, der solche Gebote gab, seiner eignen Lehre nicht durch die Erklärung widersprechen konnte, es könne niemand sein Jünger sein, der seine menschlichen Verwandten nicht haßt.

Metaphysisch aufgefaßt — und wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, ist die metaphysische Auslegung die berechtigte — wird der Sinn dieses Textes mit einem Mal klar und könnte etwa wie folgt umschrieben werden: Wenn ein Mensch zu mir, zur Wahrheit kommen will, aber seine fleischliche Vorstellung von Vater und Mutter, Weib und Kindern, Brüdern und Schwestern, ja vom eignen Leben nicht haßt, so kann er nicht mein Jünger sein. Dem materiellen Sinn erscheint die fleischliche Vorstellung von Verwandtschaft gut; wenn aber die fleischliche Vorstellung ihre Anziehungskraft verliert, so hat sie keinen Zweck mehr. Die Menschen werfen sie von sich.

Wenn Jesus bei einer andern Gelegenheit sagte: „Wer Vater oder Mutter mehr liebet denn mich, der ist mein nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebet denn mich, der ist mein nicht wert,” so sprach er, das ist hier ebenso deutlich zu erkennen, nicht von Personen, sondern von eben diesen fleischlichen Vorstellungen. Wollten wir annehmen, er habe mit diesen und andern ähnlichen Worten auf seine eigne menschliche Persönlichkeit Bezug genommen, so hieße das der Lehre, die er bezweckte, völlig verlustig gehen.

Um des Christus, der Wahrheit, würdig zu sein, müssen wir die wahre Idee, die durch Christus Jesus zum Ausdruck kam, mehr lieben als die fleischlichen Wünsche und Neigungen, die sich nach materieller Anschauung durch die verschiedenen menschlichen Beziehungen kundtun und auf die der Meister hinwies. Eine Sinnesvorstellung hassen ist aber etwas ganz andres als einen bestimmten Menschen hassen. Christus, die Wahrheit, mehr lieben als das Materielle heißt, als Vater, Mutter, Kind, Schwester oder Bruder wahrhaft liebevoll werden und des Christus würdig sein. Menschliche Beziehungen werden dadurch geläutert und erhoben, daß man die Wahrheit über alles andre liebt, und dies „fördert im höchsten Maße die Zuneigung und die Tugend in den Familien und deshalb in der Allgemeinheit,” wie unsre Führerin auf Seite 102 von Wissenschaft und Gesundheit schreibt.

Der Grund, weshalb sich Menschen befreunden oder sich einander anschließen, liegt oft im ausgesprochenen Verlangen nach Selbstrechtfertigung und nach Äußerungen der Teilnahme. In der Hoffnung, mit ihrem Selbstbedauern und ihrer Selbstrechtfertigung bei andern Anklang zu finden, schütten die Sterblichen oft all ihre angeblichen Leiden, Schwierigkeiten und Bedrängnisse mitleidsvollen Freunden in den Schoß. Menschliche Beziehungen stützen sich zum großen Teil auf das Verlangen nach gegenseitigem Mitteilen von Betrübnissen. Die Sterblichen suchen bei einander Trost, statt sich an Gott zu wenden.

Wer mit den Lehren der Christlichen Wissenschaft näher bekannt wird, sieht bald ein, wenn auch anfangs nur unklar, daß dieser Austausch von irrigen Gedanken den Verhaltungsmaßregeln zuwider ist, die er zu verstehen und praktisch zu verwerten sich bestrebt. Bewußt oder vielleicht unbewußt fängt er an, sich dem göttlichen Gesetz zu fügen, welches die Kundwerdung des Irrtums in allen seinen Formen vernichtet. Bei weiterem Fortschritt hält ihn der unpersönliche, einschränkende Einfluß der Wahrheit auf seine Gedanken und Worte immer mehr davon ab, unharmonischen Gedanken Ausdruck zu geben. Er enthält sich dessen, weil er erkannt hat, daß er dem Gemüt andrer keinen Irrtum einprägen darf. Die Sorgen, die er vordem zu seinen Freunden getragen hätte, sucht er nun allein mit Gott zu überwinden.

Wenn nun der Schüler der Christlichen Wissenschaft die Sachlage nicht richtig erfaßt, so begeht er an diesem Punkt seines Fortschritts leicht einen Fehler. Er muß nämlich jetzt besonders zwischen dem wahren Selbst des Menschen als Gottes Ebenbild und der falschen materiellen Vorstellung vom Ich zu unterscheiden wissen. Der materielle Sinn, der sich immer zum Ausdruck bringen will, bäumt sich auf gegen die Ordnung, zu der ihn die Wahrheit anhält, und auf sich selber zurückgedrängt, schreit er laut auf gegen die ihm ungewohnte Einschränkung. Dieses Krümmen des Irrtums im Innern erzeugt bisweilen beim Studierenden ein Gefühl der Entfremdung gegenüber den Personen seiner Umgebung. Da er noch nicht das Verständnis erlangt hat, das ihm die Mittel an die Hand geben würde, die scheinbaren Disharmonien augenblicklich aufzulösen, verfällt er leicht in den Fehler, sie im eignen Innern zu pflegen, bis sie eine ganz unverhältnismäßige Bedeutung annehmen.

Der ratlose menschliche Sinn sucht in allen Richtungen nach Teilnahme und nach Rechtfertigung für sein Bestreben. „Wo finde ich nur jemand, der mir Glauben schenkt?” ruft er aus; „kann denn niemand verstehen, wie sehr ich leide?” Wenn er dann niemand findet, der ihn ermutigt, so sucht er wohl seine Zuflucht in der Rolle eines Märtyrers. Bei dem Studierenden, der auf das falsche Zeugnis dieses Sinnes hört, stellt sich infolgedessen ein gewisses Gefühl des Verletztseins und der Vereinsamung ein. Er nimmt an, seine Freunde seien kalt, teilnahmslos und lieblos, und Gott, der doch die Liebe ist, fordere von ihm, daß er alle nahen menschlichen Beziehungen aufgebe und sich in eine gedankliche Zurückgezogenheit begebe, wo niemand hineinkann.

Gott fordert aber nichts derartiges. Durch ehrliche Selbstprüfung lernt der Studierende einsehen, daß man sich nur vom unchristlichen Denken zu trennen hat, denn dieses Denken erzeugt die Vorstellung von einem materiellen Sinn oder einem neben Gott bestehenden Selbst. Die Wahrheit ist jedoch im Bewußtsein des ehrlichen Suchers wirksam; sie trennt das Unkraut vom Weizen und bindet es in Bündel, auf daß es verbrannt werde. Bei diesem wissenschaftlichen Scheidungsprozeß wird nur das Sündhafte beseitigt und vernichtet. Dieser Vorgang bedeutet daher keineswegs das Aufgeben eines trauten, freundschaftlichen Verkehrs, obschon es nötig wird, die auf der Grundlage des sterblichen Gemüts geknüpften Beziehungen zu lösen und eine allgemeine Neugestaltung der Freundschaftsverhältnisse vorzunehmen.

Der vernünftige Schüler klagt daher nicht über die natürliche und unvermeidliche Tätigkeit des Gesetzes, sondern er freut sich, weil das Gesetz nicht nur die schädliche Tätigkeit des Irrtums aufhält, sondern auch vor dem rein menschlichen Mitleid schützt. Er weiß, daß die Verstärkung seines Glaubens an die Wirklichkeit und Macht seines Leides eher dazu beiträgt, dasselbe zu erhöhen als es zu lindern.

Auf Seite 420 von Wissenschaft und Gesundheit gibt Mrs. Eddy folgenden Rat: „Wenn Schüler sich nicht selbst schnell heilen, dann sollen sie beizeiten einen erfahrenen Christlichen Wissenschafter zur Hilfe rufen.” Nie empfinden wir deutlicher, wie praktisch in ihrem Wirken die stille Teilnahme und das göttliche Mitleid der wahren Christlichen Wissenschafter ist, als wenn wir sie in Zeiten der Not um Hilfe angehen. Statt unserm Leid oder unsrer Krankheit hilflos beizustimmen, setzt der ausübende Vertreter mit seiner Arbeit ein. Er erkennt nichts an als den vollkommenen, gottgeschaffenen Menschen. Dadurch hebt er den Leidenden über die Vorstellungen des Irrtums und verhilft ihm zum Bewußtsein von des Menschen rechtmäßigem Erbe. Auf diese Art erlangen wir ein größeres Maß der Freiheit und werden besser befähigt, uns selber und andern zu helfen. Wir werden uns unsrer Beziehung zu Gott klarer bewußt und verlassen uns daher mehr auf Gott als auf unsern Nebenmenschen.

Bei unserm Bestreben, die geistige Wirklichkeit an die Stelle der falschen materiellen Vorstellung von Einigkeit treten zu lassen, ist uns Jesus das vollkommene Vorbild. „Euch aber habe ich gesagt, daß ihr Freunde seid,” sagte er, und faßte sodann den Gedanken der Einigkeit unter den Gotteskindern — die Grundlage, Art und Dauer dieser Einigkeit — in einem kurzen, einfachen Satz zusammen, indem er hinzufügte: „Denn alles, was ich habe von meinem Vater gehöret, hab ich euch kundgetan.” Ergibt sich hieraus nicht, daß müßiges Reden, Unheilstiften, Tadelsucht und Unwahrheiten, zu welch letzteren die so vielfach besprochenen Leiden gehören, keinen Platz in der wahren Freundschaft haben können, da Gott von diesen Dingen keine Kenntnis hat? Und da alles, was nicht von Ihm ausgeht, wesenlos und unwirklich ist, so kann es auch nicht verbindende oder vereinigende Kraft haben. Wo immer diese Elemente vorhanden sind, bilden sie eine Gefahr und tragen zur Trennung bei.

Die vereinigende Wirkung des Guten haben alle Christlichen Wissenschafter in gewissem Grade an sich und andern erfahren. Wenn wir das Gute sehen, das ein andrer vollbringt — z. B. schöne Heilerfolge oder irgendeine mutige, ehrliche oder gerechte Tat —, so können wir, selbst wenn wir uns vordem nicht sonderlich zu ihm hingezogen fühlten, doch nicht umhin, Freude zu empfinden und den Wunsch nach näherer Bekanntschaft mit ihm zu hegen. Haben wir doch durch ihn einen Schimmer von den Dingen erhalten, die ihm der Vater gezeigt. Mag hernach der Ankläger seine Stimme zur Verurteilung eines solchen noch so laut erheben — er kann doch niemals das wissenschaftliche Bewußtsein der Einigkeit völlig verwischen, das durch seine Wiederspiegelung des Guten entstanden ist. Die guten Eigenschaften der Menschen werden geehrt, und man erinnert sich ihrer im Gefühl der Liebe, wenn der Fehler dieser Menschen längst nicht mehr gedacht wird.

Das Christus-Beispiel liefert uns also die einzige Grundlage, auf der eine dauernde und befriedigende Einigkeit möglich ist, nicht nur zwischen Einzelpersonen sondern auch zwischen Völkern und Rassen. Unter welchen Umständen wir auch unsre Erlösung zu bewirken haben mögen — wir wissen, daß wir früher oder später alle „hinankommen” werden „zu einerlei Glauben.” Das erhabene Alleinsein unsres Meisters, des Apostels und der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft war die Abgesondertheit derer, die vorangehen müssen, um den Weg zu bereiten, derer, die zuerst allein mit Gott stehen, weil sie die Botschaft Seiner Liebe einer ungläubigen Welt zu predigen haben. In unsrer Zeit aber brauchen sich diejenigen, die durch Gottes Liebe Glück und Heilung gefunden, niemals einsam oder alleinstehend zu fühlen. Der Mensch als Gottes Idee empfängt von Ihm Offenbarungen, die sich fortwährend entfalten, und er hat das Recht, diese beglückenden Offenbarungen andern zugute kommen zu lassen — nicht durch Worte allein, sondern auch durch Taten.

„Ein neu Gebot gebe ich euch,” sagte Jesus, „daß ihr euch untereinander liebet, wie ich euch geliebet habe, auf daß auch ihr einander liebhabet.” Und während seines dreijährigen Verkehrs mit seinen Jüngern teilte er ihnen durch Lehre und Beispiel die Dinge mit, die der Vater zu ihm geredet hatte. Er lehrte sie die Kranken heilen, die Betrübten trösten, die Sünder bekehren, die Toten erwecken. Geduldig führte er sie vom Jordan nach Gethsemane; von Gethsemane ging er allein nach Golgatha. Und als er sie wieder jenseits Golgathas traf, führte er sie „hinaus bis gen Bethanien,” wo er ihnen die endgültige Offenbarung der unendlichen Einheit des Christus mit den einfachen Worten verkündete: „Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.”

Bis zum Kommen der Christlichen Wissenschaft ist die Himmelfahrt immer als eine Trennung angesehen worden; doch die Jünger in ihrem damaligen erleuchteten und vergeistigten Bewußseinszustand sahen in ihr den erhabenen Beweis, daß sie nicht von ihrem Meister getrennt werden konnten. Als die Wolke ihres materialistischen Denkens sie dann wieder umfing und die geistige Idee vor ihrem inneren Blick verbarg, wurde ihnen die Verheißung, daß sie gleich ihm die Welt überwinden könnten und sie überwinden würden.

Dem, der mit einer materiellen Vorstellung von Trennung durch Raum oder Tod zu kämpfen hat, bringt das wenn auch nur schwache Bewußtsein dieses Einsseins in Christus Trost und Heilung. Jetzt, wo er erkennt, wie allumfassend „die ewigen Arme” sind, wird das durch Trennung so leicht entstehende überwältigende Gefühl der Furcht und Angst, der Hilflosigkeit und Trauer aufgehoben, und an dessen Stelle tritt die dauernde Überzeugung, daß des Menschen Wohlfahrt von Umständen des Ortes oder der Materie völlig unabhängig ist. Wenn wir andern ihre verstrickenden Befürchtungen abnehmen und sie gehen lassen in der gewissen Erkenntnis, daß keine Pflicht sie jenseits der Allheit der göttlichen Liebe führen kann, so bedeutet das, sowohl uns selber wie auch sie von dem befreien, was allem wahren Fortschritt entgegenwirkt.

Wenn die menschliche Liebe sich der göttlichen Liebe nähert, stellt sich ein Gefühl des Geborgenseins in der Unsterblichkeit ein, und dementsprechend schwindet der Wahn des Getrenntseins und des Todes. Ist auch der Schleier und Schatten des Todes anscheinend zwischen Freunde gekommen, so finden doch die, die den Saum der Christlichen Wissenschaft berührt haben, daß es möglich ist, gefaßt, ja sogar freudig weiterzuschreiten, denn es wird ihnen immer klarer, daß die Vorstellungen vom materiellen Leben so unwahr sind wie die Vorstellung vom Tode. Sie haben angefangen einzusehen, daß die Nachahmung des Lebens, die sich als menschliche Persönlichkeit bekundet, die geistige Individualität des Freundes fast ebenso vor ihnen verbarg wie die später folgende Scheinbarkeit des Todes, und daß daher die Vorstellung von menschlicher Persönlichkeit ebenso überwunden werden muß wie die des Todes. Viele haben wegen der Trennung, die ihnen durch die Sünden der sogenannten Lebenden verursacht wurde, hundertmal mehr Schmerz empfunden als wegen der Trennung durch Entfernung oder durch den Tod.

In welchem Bewußtseinszustand wir uns auch befinden mögen — wir nähern uns einander doch nur insoweit als wir zum vollkommenen Alter Christi hinankommen. Das Band, das die scheinbar Verstorbenen mit den auf unsrer Bewußtseinsstufe Befindlichen verbindet, ist demnach so fest und dauernd, als ob sie fortführen, nebeneinander zu arbeiten. Dieses Zusammenkommen findet statt, wenn der einzelne erkannt hat, daß die Einheit der Kinder Gottes schon hier und jetzt vollkommen in Gott ist.

Das Bewußtsein dieser Einheit hebt uns über die Vorstellung des Todes, und wir sehen dann, wie eitel und nutzlos es ist, wegen der Lieben zu trauern, die doch nie von uns geschieden sind und nie ihren Platz im göttlichen Gemüt aufgeben müssen. Gottes Idee ist nie verletzt oder in Gefahr, nie verloren oder tot, und die Einigkeit der Ideen Gottes ist eine ewige Tatsache.

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