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„Verkaufe alles, was du hast”

Aus der Oktober 1916-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ein berühmter Maler hat die historische Begegnung zwischen Jesus und dem reichen Jüngling dargestellt, als dieser zum Meister kam und ihn fragte: „Was soll ich Gutes tun, daß ich das ewige Leben möge haben?” Das Bild ist mit seltener Meisterschaft ausgeführt. Die Gestalten und der Gesichtsausdruck der Hauptpersonen lassen die tiefe Einsicht des Künstlers erkennen. Aber größer als das Bild ist das Begebnis, und so bleibt trotz der Kunst des Malers und seiner sympathischen Behandlung des bedeutenden Vorwurfs dem in stiller Betrachtung versunkenen Beschauer noch so manches zur Vervollständigung überlassen.

Aus der Erzählung ist ersichtlich, daß der Jüngling Eigenschaften besaß, die zunächst Jesu Aufmerksamkeit und Bewunderung erregten. Der junge Mann hatte ein einnehmendes Äußere, besaß Geistes- und Herzensbildung, war im jüdischen Gesetz bewandert und hatte von Jugend auf die Gebote gehalten, ja noch mehr, er war auf der Suche nach dem Guten. Der Meister aber ließ jenen erkennenden Blick auf ihm ruhen, der die Oberschicht der menschlichen Natur jederzeit durchdrang und für den der darunterliegende Charakter am Tage lag. Er erkannte sofort, was seine menschliche Liebe und Sympathie erregt hatte. Doch weder die gewinnende Persönlichkeit des Fragestellers, noch seine offenbare moralische Unantastbarkeit konnten den Fehler des jungen Mannes vor den Augen des großen Lehrers verbergen, und ohne Verzug kam die Antwort: „Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe alles, was du haft, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach!” Mit Bestürzung vernahm der Jüngling diese bestimmte Antwort und „ging traurig davon,” weil er seiner vielen Güter gedachte und an ihnen festhielt.

Des Jünglings Fehler, den das Auge des Meisters entdeckte und auf den seine Antwort deutlich hinwies, war eine falsche Anschauung von Reichtum oder Besitz. Er hatte materielle Dinge zu erwerben gesucht und dabei nicht des wahren Reichtums gedacht. Er hatte das Schattenhafte für Substanz gehalten. Materielle Güter besaß er die Fülle, doch waren dies nicht die Güter, die reich machen. Sie waren ein vorübergehender Gewinn, den ein Mißgeschick oder eine unkluge Handlung in einem Tage zunichte machen konnte. Aus der Antwort des Meisters ging klar hervor, daß der Wunsch des jungen Mannes, das ewige Leben zu haben, nicht eher in Erfüllung gehen konnte, als bis eine völlige Änderung in seiner Schätzung von Werten stattgefunden hatte. Die wahrhaft wichtigen Dinge mußten an erste Stellen treten, die rechte Anschauung von Besitz mußte vorherrschen. Des Meisters Worte: „Gehe hin, verkaufe alles, was du hast,” wurden vom Jüngling deshalb mit so traurigen Gefühlen aufgenommen, weil er glaubte, gerade das aufgeben zu müssen, was ihm für sein Glück am wesentlichsten schien. Er konnte offenbar nicht einsehen, wie der Gehorsam gegenüber der Forderung des Meisters ihm das begehrte Gut bringen sollte.

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