Das Sehnen nach Erfolg ist allen Menschen eigen und kann nicht unterdrückt werden. Wohl mag es schwanken, sich dahin und dorthin neigen und nur eine Zeitlang auf ein und denselben Gegenstand gerichtet sein. Haben die Menschen aber einmal ein bestimmtes Ziel ins Auge gefaßt, so setzen sie alles daran, um es zu erreichen. Die Hoffnung auf Erfolg läßt sie die größten Anstrengungen machen, und oft ist kein Preis zu hoch, kein Opfer zu groß, wenn sie nur dem vielversprechenden Ziel näher kommen.
Eine der schmerzlichsten Erfahrungen des menschlichen Bewußtseins ist Mißerfolg. Sein ganzes Denken und Streben, sein Geld und seine Zeit opfern, um einen bestimmten Zweck zu erreichen, und dann erfolglos bleiben; sich einer gewissen Tätigkeit widmen, ohne an das gewünschte Ziel zu gelangen — solche Erfahrungen sind in der Tat bitter. Fast ebenso bitter wie der Mißerfolg selbst ist die Furcht vor dem Mißerfolg. Es gibt wenige Sterbliche, die dieser Furcht und den mit ihr verbundenen Leiden zu entrinnen vermögen. Sie verdunkelt nicht nur den mühseligen Pfad derer, die scheinbar erfolglos sind oder fortwährend Mißerfolg erwarten, sondern sie beraubt auch sehr oft diejenigen, die Großes vollbracht haben, ihres Glücks und Friedens.
Die Christliche Wissenschaft ist nicht nur gegen Krankheiten das wirksamste Mittel, sondern auch gegen alle andern unharmonischen Zustände des menschlichen Lebens. Sie zeigt uns, wie dieses Verlangen nach Erfolg, gleich irgendeinem rechtmäßigen Verlangen, vollständig befriedigt werden kann. Indem sie die Ursache der Furcht vor Mißerfolg entfernt, vernichtet sie das Furchtgefühl. Sie beweist, daß im Reich der göttlichen Liebe Mißerfolg unmöglich ist; und dadurch, daß sie die Wahrheit über Gott und den Menschen, über Ideen, Tätigkeit und erfolgreiches Schaffen offenbart, weist sie den Weg zum Erfolg.
Die Christliche Wissenschaft bringt die Tatsache ans Licht, daß Gott vollkommen gut ist, daß Er Liebe ist, daß Seine liebevolle Fürsorge den Menschen und das ganze Weltall umfaßt. Diese grundlegende Wahrheit muß klar erkannt werden; denn wäre Gott sowohl böse wie gut, und wäre Seine Gesinnung gegen den Menschen und das Weltall nicht stets wohlwollend, so könnte die Allmacht und Allwissenheit sowohl für als gegen Seine Schöpfung wirken. Die Kundwerdungen der göttlichen Eigenschaften wären veränderlich und daher unzuverlässig und furchterregend. Aber Gott ist nicht beides, gut und böse; Seine „Augen sind rein,” daß Er „Übels nicht sehen” mag. Die Christliche Wissenschaft lehrt die Wahrheit, daß Gott unendliche Güte, unendliches Gemüt ist, und daß, weil Er das einzige Gemüt ist, alle wahre Tätigkeit in Ihm ihren Ursprung haben, von Ihm ausgehen und von Ihm regiert werden muß. Alle wahre Tätigkeit ist geistig, denn sie geht von dem einen Gemüt aus. Da Gott, das eine Gemüt, nur gut ist, so muß alle wahre Kraft hinsichtlich ihres Wesens, ihrer Betätigung und Wirkung ebenfalls gut sein. Daraus folgt, daß, weil Gott, das eine Gemüt, allmächtig ist, es keine andre Macht geben kann, die sich der Tätigkeit des Gemüts widersetzen könnte. Diese Tätigkeit erfüllt stets ihren Zweck und muß ihn stets erfüllen.
Im ersten Kapitel des ersten Buchs Mose lesen wir: „Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde.” Die Christliche Wissenschaft beweist die Richtigkeit dieser Bibelstelle. Sie offenbart die Wahrheit, daß wahrer Erfolg die durch den Menschen zum Ausdruck gebrachte Entfaltung einer vollkommenen Idee ist, die in dem einen Gemüt ihren Ursprung hat. Diese Tätigkeit durch Wiederspiegelung auszudrücken, ist der Zweck des Menschen und des Weltalls im göttlichen Plan. Mrs. Eddy weist in Wissenschaft und Gesundheit (SS. 331 und 470) auf diese Tatsache hin, wenn sie sagt: „Alles in Gottes Weltall bringt Ihn zum Ausdruck;” ferner: „Die Beziehung von Gott und Mensch, von dem göttlichen Prinzip und der Idee, sind in der Wissenschaft unzerstörbar; und die Wissenschaft kennt weder Abfall von der Harmonie noch Rückkehr zur Harmonie, sondern sie vertritt die Ansicht, daß die göttliche Ordnung oder das geistige Gesetz, demzufolge Gott und alles, was Er schafft, vollkommen und ewig ist, in seiner ewigen Geschichte unverändert geblieben ist.”
Betrachten wir einmal eine aus vielen Bestandteilen zusammengesetzte Maschine, welche in ihrer Vollständigkeit eine gewisse Idee zum Ausdruck bringt. Sie stellt eine vielteilige Einheit dar, und je nach dem Verständnis ihres Erfinders, der Geschicklichkeit ihres Erbauers und der Qualität des angewandten Materials ist sie mehr oder weniger vollkommen. In dem Maße der Erfüllung dieser Bedingungen verrichtet die Maschine die Arbeit, wofür sie gebaut worden ist. Ein jeder Bestandteil ist an und für sich vollkommen und bringt eine individuelle Idee des Erfinders zum Ausdruck, tut seine besondere Arbeit, ist für das ganze unentbehrlich und befindet sich an seinem rechten Platz. Ein Teil hilft dem andern, und alle sind voneinander abhängig. Jeder Teil hat seine besondere Arbeit zu verrichten, keine Kraftvergeudung findet statt, und es gibt keine einander widerstrebende Bewegungen. Wenn wir uns nun eine solche Maschine in das Reich des Idealen versetzt denken könnten, vom göttlichen Gemüt entworfen, welches keine Fehler, falsche Berechnungen oder irrige Beurteilungen kennt, eine Maschine, die groß genug ist, jede Tätigkeit in sich zu schließen, eine Maschine, in der jeder Teil geistig und daher vollkommen ist, Bewußtsein hat, froh und zufrieden ist, weil er weiß, daß er diejenige Arbeit verrichtet, die er am besten tun kann, daß er alles hat, was er in seiner Tätigkeit braucht, und daß Erfolg jede seiner Anstrengungen krönt — wenn wir uns das vergegenwärtigen könnten, so wäre es etwa eine Veranschaulichung des Menschen und des Weltalls.
Im Reich des Absoluten sind die Tatsachen einfach und klar. Es gibt da keine Nutzlosigkeit, keinen Mangel und keine sich widerstreitenden Interessen. Alle geschaffenen Dinge sind von dem vollkommenen Gemüt vollkommen geplant und werden vom vollkommenen Menschen vollkommen zum Ausdruck gebracht. Diesem Gemüt ist das Wort Mißerfolg unbekannt. In der absoluten Wahrheit ist der Erfolg einer jeden Tätigkeit gesichert, und Mißerfolg ist eine Unmöglichkeit. Das Leben aber, welches der Sterbliche kennt, ist außerhalb des Absoluten und liefert keinen Beweis von der Wahrheit. Anstatt Eintracht, Harmonie und Erfolg zum Ausdruck zu bringen, scheint das menschliche Leben nur allzuoft aus einer Reihe von unglücklichen Erfahrungen zu bestehen, wo Furcht, Sorge, Enttäuschung, Mangel, nutzlose Anstrengungen, falsches Urteil und widerstreitende Interessen das Dasein beinahe unerträglich machen.
Anstatt daß die Menschen die begehrenswerten Dinge im Überfluß besitzen, scheinen sie sich ihrer nur in beschränktem Maße zu erfreuen, ja sie führen ihretwegen einen bitteren Kampf, in welchem Lüge, Betrug und Falschheit als erlaubte Waffen angewendet werden. In diesem Kampf gewinnt der eine nur auf Kosten des andern, und der Gewinn des Siegers bedeutet bitteren Verlust für den Besiegten. Mit dem Erringen eines Sieges ist jedoch der Kampf noch nicht beendet, denn sehr oft kostet es größere Anstrengungen, sich etwas Begehrenswertes zu wahren als es zu erringen.
Indem die Christliche Wissenschaft die Wahrheit über Gott und den Menschen offenbart, bringt sie auch die Wahrheit über solche menschliche Erfahrungen ans Licht. Sie zeigt, was diese Zustände eigentlich sind und wie sie gebessert werden können, bis zuletzt die absolute Wahrheit im menschlichen Bewußtsein regieren und der zu Gottes Bild und Gleichnis geschaffene Mensch erscheinen wird, vollkommen in sich selbst sowohl als in allen seinen Beziehungen.
Die Wahrheit über alle unharmonischen Zustände ist, daß diese nicht wahr sind. Sie haben ihren Ursprung im sterblichen Gemüt, das weder eine Wesenheit ist, noch ein Prinzip hat, auf welches es sich stützen könnte. Sie sind vergegenständlichte Lügen, die Gebilde irriger Vorstellungen, das Gegenteil von Leben. Sie entspringen einem falschen Begriff vom Weltall, in welchem der Mensch zum Bilde des Bösen geschaffen zu sein scheint; ja sie gehören dem an, was nach dem Urteil Gottes „des Todes sterben” wird. Mrs. Eddy schreibt auf Seite 62 von Wissenschaft und Gesundheit: „Unsre falschen Lebensanschauungen halten die ewige Harmonie verborgen und bringen gerade die Übel hervor, über die wir uns beklagen.”
Wie jeder rechte Beweggrund und jede rechte Tätigkeit dem göttlichen Gemüt entspringt, so entspringt jede scheinbare Tätigkeit, die einen falschen Zweck hat, dem sterblichen Gemüt. Ein Wechsel in menschlichen Zuständen kann nur durch einen Wechsel in der menschlichen Denkweise herbeigeführt werden, wodurch der menschliche Gedanke vom sterblichen Irrtum abgewendet wird und ein gewisses Maß der Erkenntnis der Wahrheit erlangt. Bessere Vorstellungen veredeln das menschliche Bewußtsein. Indem Irrtum der Wahrheit weicht und Furcht der Hoffnung, Stolz der Demut, Betrug der Ehrlichkeit und Haß der Liebe Raum gibt, werden menschliche Bestrebungen von Erfolg begleitet sein. Um Erfolg zu haben, müssen sowohl das erstrebte Ziel als die Mittel, die angewendet werden, um es zu erlangen, richtig sein. Im Bösen erfolgreich zu sein, ist unmöglich, denn wenn ein bestimmter Zweck mit Hilfe des Bösen erreicht worden ist, so ist das kein Erfolg. Eine solche Errungenschaft bringt niemanden Segen, und kein rechtdenkender Mensch kann sie wünschen.
Solange die gegenwärtigen Beschränkungen des menschlichen Bewußtseins noch nicht in höherem Maße durch geistiges Verständnis beseitigt worden sind, wird es stets Fälle geben, wo die Bestrebungen aufgehalten und zurückgedrängt werden, ja wo das Ergebnis menschlicher Bemühungen vernichtet wird. Angenommen, es wäre möglich, daß unser Streben nach irgendeinem wahren Ziel erfolglos bleiben könnte, so würde das nur den Zweck haben, den Gedanken vom Irrtum weg- und der Wahrheit zuzulenken. Die Tätigkeit, die zum Erfolg führt, trägt zur Vernichtung des Vergänglichen und Falschen bei, damit das Dauernde und Wahre ans Licht komme.
Unharmonische Erfahrungen nehmen in dem Maße ab wie die Denkweise sich ändert und das Bewußtsein sich mit dem erfüllt, was mehr mit dem göttlichen Gemüt in Einklang steht, um nach und nach der geistigen Erkenntnis Platz zu machen. Wenn die Tätigkeit des göttlichen Gemüts das menschliche Bewußtsein ganz erfüllt, dann können wir nichts andres sehen, erkennen oder zum Ausdruck bringen als diese Tätigkeit, und Mißklang muß naturgemäß völlig verschwinden. Das Geheimnis, wie wir uns in unsern menschlichen Bestrebungen Erfolg sichern können, wurde von Jesus klargelegt, als er sagte: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit;” d. h. trachtet nach dem Reich Gottes und nach nichts anderm, und wenn es gefunden ist und Seine Gerechtigkeit wiedergespiegelt wird, gibt es nichts, was euch an der Ausführung eines Vorsatzes verhindern oder euch in irgendeiner Tätigkeit aufhalten könnte. Des Menschen Bemühung ist dann eins mit Gottes Absicht; und was könnte sich der Allmacht widersetzen!
Lenkst du durch Wüsten meine Reise,
Ich folg’ und lehne mich auf dich;
Du gibst mir aus den Wolken Speise
Und tränkest aus dem Felsen mich.
Ich traue deinen Wunderwegen;
Sie enden sich in Lieb’ und Segen.
