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Unser rechtmäßiger Platz

Aus der Oktober 1916-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Mrs. Eddy schreibt auf Seite 202 von Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Die wissenschaftliche Einheit, die zwischen Gott und dem Menschen besteht, muß im praktischen Leben ausgearbeitet werden, und der Wille Gottes muß allüberall geschehen.” Und in ihrem Buche „Retrospection and Introspection“ (S. 70) lesen wir: „Jeder einzelne muß seine rechtmäßige Stelle einnehmen, in Zeit und in Ewigkeit.” Diese beiden Zitate offenbaren das göttliche Prinzip alles richtigen Handelns sowie die Grundlage der Wirksamkeit eines jeden aufrichtigen Christlichen Wissenschafters. Den größten Fortschritt macht man nicht dadurch, daß man einfach arbeitet, sondern dadurch, daß man seine Arbeit auf die beste Art und Weise verrichtet. Dies kann aber nur durch die Erkenntnis geschehen, daß zweckmäßige und gewissenhafte Arbeit nur die Tätigkeit des göttlichen Gemüts wiederspiegelt, und daß man von sich selber nichts zu tun vermag.

Im siebzehnten Kapitel des zweiten Buchs Mose finden wir eine herrliche Veranschaulichung dessen, was erreicht werden kann, wenn sich alle Menschen mit ihrem rechtmäßigen Platz zufrieden geben und einander in ihrer Arbeit zum Wohl des Ganzen unterstützen. Die Kinder Israel hatten ihre lange Reise durch die Wüste kaum angetreten, als Amalek ihnen entgegenzog und sie nicht nur ihrer Habe zu berauben suchte, sondern auch allen Fortschritt in der Verwirklichung ihrer Hoffnungen aufzuhalten drohte. Es blieb ihnen nichts andres übrig als zusammenzuhalten und zu kämpfen. Ein gemeinsamer Feind trachtete danach sie zu vernichten, weshalb ein zauderndes, unentschlossenes Vorgehen nutzlos gewesen wäre. Das Vorrücken mußte ordnungsmäßig und mit einem bestimmten Ziel im Auge geschehen, denn sonst wäre eine Niederlage sicher gewesen.

Im Kampfe, der nun folgte, übernahm Josua das Kommando über die Streitkräfte, während Moses, den Stab Gottes in der Hand, auf der Spitze des Berges stand. Der Stab sollte ihn daran erinnern, daß Gott die alleinige Macht ist. „Und dieweil Mose seine Hand emporhielt, siegte Israel; wenn er aber seine Hand niederließ, siegte Amalek.” Es war nötig, daß Moses in seiner Arbeit unterstützt wurde; und so lesen wir denn: „Aaron aber und Hur unterhielten ihm seine Hände, auf jeglicher Seite einer. Also blieben seine Hände fest, bis die Sonne unterging.”

Die Kinder Israel errangen den Sieg deshalb, weil ein jeder von ihnen bereit war, die ihm zukommende Arbeit zu verrichten. Sie waren alle willens, Mose seinen richtigen Platz zuzuerkennen und ihn in seiner Arbeit zu unterstützen. Sie sahen ein, daß er auf diese Weise weit nützlichere Arbeit tat als wenn er heruntergestiegen wäre und am Kampfe teilgenommen hätte. Wie ganz anders wäre doch das Endergebnis gewesen, wenn Josua darauf bestanden hätte, Mose Platz einzunehmen, weil dieser vom menschlichen Standpunkt aus weniger gefährlich und höher war, oder wenn Aaron und Hur sich geweigert hätten, Mose Arme zu stützen, mit der Begründung: „Gott siehet die Person nicht an; wir können unsre Arme ebensogut emporheben.”

Das herrliche Beispiel jedoch dessen, was erreicht werden kann, wenn der Mensch nicht das eigne Gute, sondern das des andern sucht, finden wir im Lebenswerk Christi Jesu. Wiewohl er hoch über seinen Mitmenschen stand, so lebte er doch stets seiner Lehre gemäß. Er sagte: „Wer da will der Vornehmste sein, der sei euer Knecht.” Sein tägliches Leben war eine Demonstration der Wahrheit seiner Worte: „Wer sich selbst erniedriget, der soll erhöhet werden.” Jesus war über alle Menschen erhaben, und zwar durch sein Einssein mit dem Vater. Diejenigen, die kein Verlangen hatten nach den Segnungen, die mitzuteilen er auf Erden gekommen war, wollten ihn vernichten; aber jeder Versuch des Bösen, ihn zu Fall zu bringen, ermöglichte es ihm, höher zu steigen in der Erkenntnis des unendlich Guten.

Die Wesenheit eines jeden einzelnen ist fest gegründet in der Wahrheit. Nichts vermag diese Wesenheit zu verändern. „Wer ist aber unter euch,” lesen wir in der Schrift, „der seiner Länge eine Elle zusetzen möge, ob er gleich darum sorget?” Wir mögen wohl in Unwissenheit leben über des Menschen Wesenheit als Gottes Sohn, aber wir können dem wahren Sein nie auch nur das geringste hinzufügen oder wegnehmen. Je mehr man an der Tätigkeit des Guten Anteil nimmt, desto klarer lernt man einsehen, was Gott von uns verlangt. Wer seine Arbeit gewissenhaft verrichtet und sich um Weisheit und Kraft an die Wahrheit wendet, erwirbt sich eine höhere Erkenntnis Gottes, und diese höhere Erkenntnis des Unendlichen ist eine wahrere Wiederspiegelung seiner eignen Wesenheit.

Wie oft betete doch der Meister: „Dein Wille geschehe.” Seine Nachfolger sind in allen Zeiten in dem Maße erfolgreich gewesen, wie sie aus dem gleichen selbstlosen Beweggrund gehandelt und sich um Kraft und Führung an die gleiche Quelle gewandt haben. Wird ein Mensch vom göttlichen Gemüt regiert, so spiegelt er die Wahrheit des Seins wieder und offenbart seine eigne Wesenheit. Im Reich der göttlichen Weisheit gibt es keine sich widerstreitenden Interessen, keine Verwirrung über die Frage, wer einem bestimmten Bedürfnis der Menschheit abhelfen solle. Wo die Liebe herrscht, da herrscht auch Harmonie, denn ein jeder versieht seine rechtmäßige Arbeit und spiegelt die Macht der Demut wieder. Wahrhaft erfolgreich ist derjenige, der seine rechtmäßige Arbeit findet und sie wohl verrichtet.

Nichts tut heute mehr not als ein ehrliches Streben, nur das von Gott verliehene Gute zu besitzen. Das Verlangen nach Stellung und Macht ist ein schlimmer Irrtum, denn es verhindert wie kaum etwas andres die natürliche Entfaltung des Guten. Es findet in der Wahrheit keinen Raum, noch kann es in dem Bewußtsein bestehen, das die Allmacht des Guten demonstriert. Für das wahre Verständnis vom Leben und seinen Tätigkeiten gibt es keinen hohen, keinen niedrigen, keinen göttlich bevorzugten Menschen, sondern alle Söhne und Töchter Gottes befinden sich an ihrem rechtmäßigen Platz und freuen sich über die Tatsache, daß das Gute für den einen nie mehr bedeuten kann als für den andern.

Nicht immer wird der Beweggrund und das Streben des geistig gesinnten Menschen anerkannt. Der Nazarener brachte des Menschen geistiges Wesen besser zum Ausdruck als alle andern, und dennoch konnten nur wenige, mit denen er in Berührung kam, seine Lebensauffassung teilen. Ihre materiellen Anschauungen und Wünsche erfüllten sie mit Neid, und eher wollten sie die Demonstration jener Geistigkeit, die so weit über ihren Horizont hinausging, vereiteln, als die Werke des Guten anerkennen. Dadurch versperrten sie sich aber nicht nur den Weg zur Erkenntnis ihrer eignen, mit dem Guten im Einklang stehenden Wesenheit, sondern sie luden auch die Folgen einer sündhaften Denkart auf sich.

Die Arbeit in der Christlichen Wissenschaft ist wohl größtenteils individuell; aber es gibt Fälle, wo uns das Erstreben eines gemeinschaftlichen Zieles viel mit andern in Berührung bringt. Wie notwendig ist es dann, daß wir alle unsre persönlichen Interessen und Meinungen beiseite setzen und gemäß den Anordnungen derer arbeiten, die vermöge ihrer Stellung erkennen, was dem Ganzen zum Guten dient, auch wenn dabei gewisse scheinbare Bedürfnisse einiger weniger keine Berücksichtigung finden können. Es gibt viele Probleme, die der einzelne nicht allein lösen kann. Ein gemeinschaftlicher Feind muß überwunden werden, und nichts als harmonisches Zusammenarbeiten seitens aller vermag das höchste Maß des Guten zur Entfaltung zu bringen.

Wir helfen unsern Mitmenschen dann am meisten, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß die Wahrheit die Identität eines jeden von uns für Zeit und Ewigkeit festgestellt hat. Wenn wir vom Prinzip regiert und von der göttlichen Liebe erhalten werden, so erfüllen wir die uns von Gott aufgetragene Arbeit in Demut, wohl wissend, wie notwendig es ist, daß unser Teil der Arbeit getan werde. Der wahre Nachfolger Christi glaubt sich nie höher gestellt als andre, weil er eine Arbeit zu tun hat, die dem sterblichen Sinn nach wichtiger und ehrenvoller zu sein scheint als die eines andern. Er weiß, daß er nicht mehr tut als seine Pflicht, wenn er alle seine Fähigkeiten anwendet und alle seine Gelegenheiten gut ausnützt. Er sieht ein, wie wenig er getan hat im Vergleich zu dem, was noch zu tun übrig bleibt, und Selbstüberhebung und Stolz finden daher in seinem Bewußtsein keinen Raum.

Auf Seite 254 von „Miscellaneous Writings“ schreibt Mrs. Eddy, der Neid sei „der große rote Drache dieser Stunde.” Kein andres Übel ist so listig und heimtückisch wie dieses. Es bringt nicht nur Not und Elend über den, der es hegt, sondern macht es auch für den schwer, der bestrebt ist, seinen Posten gewissenhaft zu bekleiden und dabei stets die Rechte andrer zu berücksichtigen. Haben die Sterblichen einmal Gehorsam gelernt und lassen sie den göttlichen Willen in sich geschehen, dann wird dieses Übel entwurzelt sein und die Menschen werden sich über alles freuen, was zum Glück und Wohlergehen eines andern beiträgt. Scheint ihnen irgend etwas zu fehlen, so ist es nur deshalb, weil sie die Fülle ihrer eignen Identität als Gottes Kinder noch nicht klar genug erkannt haben.

Ein jeder findet Glück und Wohlergehen, wenn er seine Pflicht tut. Gelüstet ihn nach der Stelle eines andern, so beweist das, daß er nicht den besten Gebrauch von seinen Fähigkeiten macht, und es wäre unvernünftig von ihm, mehr zu erwarten, als er verdient. Wer nicht mehr verlangt als ihm rechtmäßig zukommt, beneidet andre nie; er findet seine größte Freude und Befriedigung darin, daß er seine eigne Arbeit gut verrichtet.


Nicht der Mensch soll, Gott will richten,
Will die Spreu vom Korne sichten;
Nur verzeihn ist Menschenpflicht.
Gott durchschaut das Herz. Er walte,
Doch du, Menschenseele, halte
Redlich mit dir selbst Gericht.

Copyright, 1916, by The Christian Science Publishing Society
Verlagsrecht, 1916, von The Christian Science Publishing Society

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