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Ruhe

Aus der Oktober 1916-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Es dürfte wohl schwer sein, Worte zu finden, die der Menschheit mehr Trost gebracht haben als die folgenden: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch Ruhe geben.” [Zürcher Bibel.] Wenn auch den Menschen die volle Bedeutung dieser Worte verborgen geblieben ist, so haben sie ihnen doch Hoffnung gebracht und zur Stütze gedient inmitten des Leidens und der Nöte des menschlichen Lebens. Leider aber ist dieser Ausspruch auch so falsch ausgelegt worden, daß von seiner metaphysischen Bedeutung kaum noch etwas übrigblieb.

Als der Meister diesen trostreichen Ausspruch tat, bezeichnete er weder direkt noch indirekt seine Persönlichkeit als den Leitstern, sondern er nahm Bezug auf seine Lehre, auf seine Offenbarung von Gott als Wahrheit und Liebe, als Geist, und auf die enge Beziehung zwischen Gott und dem Menschen, für die er während seiner Amtstätigkeit unbestreitbare Tatbeweise lieferte. Es ist leider nur zu wahr, daß die christliche Welt immer und immer wieder fehlgegangen ist, indem sie die Persönlichkeit Jesu an Stelle des göttlichen Prinzips setzte, des Prinzips, dessen Wirken sich in seinem Leben durch die Heilung von Kranken und die Bekehrung von Sündern bekundete. Die Christus-Wahrheit war es, die während der Amtstätigkeit Jesu jederzeit alle Erscheinungsformen des Irrtums vernichtete.

In dem wahren Begriff von Gott also, von Seinem geistigen Weltall und vom Menschen als im göttlichen Bewußtsein bestehend, ist Ruhe zu finden. Jeder Schmerz, der das Herz durchzuckt, alles bittere Leid, jedes Furchtgefühl, das der Menschheit die wahre Lebenslust benimmt und sie von der Freude an Liebesdiensten abhält, hat in den Irrtümern des materiellen Sinnes seinen Ursprung. Dadurch, daß Mrs. Eddy die Allheit Gottes verkündete, hat sie den Schleier von Jesu Lehren entfernt, so daß wir sie nun verstehen und dadurch in die Ruhe eingehen können, die dem Volke Gottes bereitet ist. Auf Seite 492 von Wissenschaft und Gesundheit lesen wir: „Gott ist Gemüt, und Gott ist unendlich, folglich ist alles Gemüt.” Mit diesen Worten legt unsre Führerin die Wahrheit dar, die schließlich das Menschengeschlecht in jeder Hinsicht erlösen wird. Zugleich hielt sie daran fest, daß Gott Seinem Wesen nach völlig gut ist. Die Christliche Wissenschaft gründet sich auf die Allheit dieses unendlichen, seinem Wesen nach völlig guten Gemütes und erklärt, daß allein dieses Gemüt wirklich besteht und Macht hat. Im Lichte einer solchen Anschauung erscheinen die Materie, der materielle Sinn, das Böse jeder Art als Unwirklichkeiten, als etwas Nichtgegenwärtiges und Machtloses.

Wie wird nun aber durch eine solche Lehre ein Zustand der Ruhe erzeugt? Dadurch, daß unwahre und unharmonische Vorstellungen vernichtet und durch Gedanken ersetzt werden, die aus Gott hervorgehen und daher dem harmonischen Wesen Gottes gleich sind. Die Verfasserin von Wissenschaft und Gesundheit bezeichnet den Menschen als den „demütigen Diener des ruhevollen Gemüts, ... mag es dem endlichen Sinn auch anders erscheinen” (S. 119). Somit müssen wir uns des Menschen wahres Sein vergegenwärtigen, uns der ewigen Tatsache bewußt werden, daß der Himmel im wahren Bewußtsein zu finden ist, und daß wir schon jetzt der wahren Ruhe teilhaftig werden können — des Friedens, der über alle menschliche Vernunft geht und in diesem Bewußtsein eine sichere Stätte hat.

Unruhe ist immer ein Zeichen, daß sich das Denken nicht auf rechten Bahnen bewegt. Man nehme als Beispiel an, ein Mensch glaubt, er sei durch ein ihm von andern zugefügtes Unrecht von seinen Freunden getrennt worden und ihrer Liebe verlustig gegangen. Dies ist ein recht häufiges Problem, das, wenn es wirklich gelöst werden soll, auf der Grundlage der göttlichen Wissenschaft angefaßt sein will. Das Gefühl des Alleinseins oder Getrenntseins ist eine Täuschung, denn der Mensch steht mit der göttlichen Liebe stets in Berührung. Wie ist also diese scheinbare Trennung möglich? Sie ist einzig und allein auf unsre irrigen Vorstellungen von Persönlichkeit zurückzuführen. Der sterbliche Mensch ist nur eine Zusammensetzung von irrigen Gedanken, Annahmen und Vorstellungen; der wahre Mensch aber ist das Ebenbild und Gleichnis Gottes.

Jetzt fangen wir an zu erkennen, wo der Fehler liegt. Wer sich von andern getrennt oder abgesondert glaubt, wird, wenn es ihm zum Bewußtsein kommt, daß der Mensch eins ist mit Gott, göttliche Liebe zum Ausdruck bringen, sie auf seinen Wegen ausstrahlen und den dunklen Flur des persönlichen Sinnes entlang leuchten lassen, bis die Finsternis weicht. Dann ereignet sich das Wunderbare: die falsche Vorstellung von Getrenntsein ist verschwunden, die Liebe, die er, wie er glaubte, entbehren mußte, ist wieder da, und zugleich erkennt er, im Lichtschein des unendlich Guten stehend, die Falschheit seiner Vorstellungen von Ungerechtigkeit und Lieblosigkeit. Nie zuvor ist eine solche Waffe gebraucht worden zur Zerstörung alles dessen, was dem Wesen des Guten nicht entspricht. Es gibt keine Macht, die sich mit der Macht des göttlichen Prinzips messen könnte, mit der im erwachten menschlichen Gemüt wirkenden Wahrheit über Gott. Welch schönes Beispiel von der Macht der Wahrheit haben wir an der Begebenheit, die sich in dem Hause zu Bethanien abspielte, wo man sich ihrer Wirksamkeit bewußt war! Durch diese Macht war Lazarus von den Toten auferweckt worden, und Maria saß zu Jesu Füßen, auf die Worte lauschend, die ewiges Leben verkündeten. Lauterkeit und Unschuld wurden hier als etwas Gegenwärtiges lebendig empfunden, und Liebe, der Ausdruck des allgegenwärtigen Guten, waltete in diesem Hause.

Man nehme einen andern Fall an, den eines Menschen, der von einem Leiden befallen worden ist. Sein Lager bietet ihm keine Ruhe, die sanften Berührungen von Freundeshand bringen nur einen Augenblick Erleichterung, der Schmerz dauert an, die Lippen bleiben trocken. Solchen Erfahrungen gegenüber sind wir oft versucht zu denken, Gott sei nicht mehr gegenwärtig. Wir scheinen im Schatten des Todes zu stehen, insoweit wir uns vom materiellen Sinn und seinem Schmerz, seinen Leiden und Krankheiten umstricken lassen. Wir sind zeitweilig unter dem hypnotischen Bann des Materialismus. Die göttliche Metaphysik mit ihrer moralischen Kraft muß jetzt einsetzen, muß uns befähigen, die Allgegenwart und Allmacht Gottes zu bekräftigen und angesichts der scheinbar zerstörenden Kräfte des Fleisches fest und unerschütterlich zu bleiben. Wir müssen das Grab des materiellen Sinnenzeugnisses sprengen und es dem menschlichen Sinn ermöglichen, sich durch die Erkenntnis von des Menschen wahrem Wesen aus seinen Banden zu befreien.

Mit diesen bösen Vorstellungen hat der Christliche Wissenschafter in der Verborgenheit seines Innersten so manchen Kampf gehabt, und oft hat er sie durch beharrliches Festhalten an der Wahrheit in die Flucht geschlagen. Niemals vergißt er, nachdem es um ihn licht geworden ist, der Worte Mrs. Eddys: „Liebe steht dem kämpfenden Herzen bei, bis es aufhört über die Welt zu seufzen und anfängt, seine Schwingen himmelwärts zu entfalten” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 57). Zuweilen erhellt diese Erkenntnis der göttlichen Liebe nur allmählich das verfinsterte, leidende Bewußtsein, zuweilen scheint sie in mittaghellem Glanz hinein; aber stets, wenn sie unmittelbar, geistig wahrgenommen wird, heilt sie, und in das Herz des lebensmüden Menschenkindes zieht ein unaussprechlicher Friede ein.

Der wahre Ruheort ist überall zu finden. Wir haben ihn erreicht, wenn wir verstehen, daß Gott, das Gute, allein gegenwärtig ist und Macht hat, und daß die göttliche Liebe das wirkende Prinzip ist, das das Weltall regiert.

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