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Das Verwerfen des Verklägers

Aus der September 1916-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der Lieblingsjünger Johannes schreibt, er habe eine Stimme gehört im Himmel, die da sprach: „Nun ist das Heil ... worden, ... weil der Verkläger ... verworfen ist.” Er erkannte, daß die Anschuldigungen des sterblichen Gemüts die Möglichkeit einer stets gegenwärtigen, stets zu erlangenden Erlösung nicht beeinflussen können. Gottes Schöpfung ist die einzige Schöpfung, und an ihr ist nichts Verdammliches. Der sterbliche Sinn kann diese eine, vollkommene Schöpfung, in der es kein Übel irgendwelcher Art gibt, nicht erfassen; und die Christliche Wissenschaft verlangt, daß jede Anklage, die die Allheit Gottes und die Vollkommenheit Seiner Schöpfung in Frage stellt, zurückgewiesen und „verworfen” werde.

„Aber,” mag hier jemand einwenden, „da ich beständig Unrecht tue, kann ich doch sicherlich die Anschuldigungen des Verklägers nicht leugnen.” Hierauf antwortet die Christliche Wissenschaft, daß die Menschheit nur durch die Zurückweisung des Zeugnisses der physischen Sinne, durch die Weigerung, der Sünde irgendwelche Macht oder Wirklichkeit einzuräumen, ihre Freiheit von der Sünde erlangen kann. Wer sich selbst als schuldig erklärt, wird auch fortfahren, schuldig zu sein. Wenn wir den aufrichtigen Wunsch haben, die Vergehen, die wir als solche erkennen, fernerhin zu meiden, so kann uns in der Christlichen Wissenschaft der wissenschaftliche Weg zur Besserung nicht verborgen bleiben.

Dem Anfänger mag das Trennen des Bösen von der Person schwierig, ja sogar nicht ganz ehrlich vorkommen. Man gehe aber nur in wissenschaftlicher Weise vor und lerne verstehen, daß das Böse weder zu Gott noch zu Seinem Spiegelbild, dem Menschen, die geringste Beziehung hat; daß der Schöpfer Sünde und Leiden nicht in Seine Schöpfung, Sein wiedergespiegeltes Bewußtsein, eingeführt hat, und daß Er nie zu irgendwelchem Zweck das Böse gestattet oder es anwendet. Das Böse ist nie etwas andres als eine sterbliche, außerhalb der Wahrheit bestehende Annahme.

Angenommen, die Anklage laute auf Mangel an Liebe, auf unehrliches Denken oder sogar auf eine verbrecherische Absicht oder Handlung. Als erster Schritt in der Überwindung dieses Irrtums frage man sich, ob dieser Mangel an Liebe, diese falsche Absicht oder verbrecherische Handlung von Gott verordnet oder durch Sein Bild und Gleichnis zum Ausdruck gekommen sei. Sind diese Dinge gottähnlich? Sind sie menschenähnlich? Es ist klar, daß die Anklage falsch ist, gegen Gott sowohl als gegen den geistigen Menschen, den „eingebornen Sohn Gottes,” die einzige Menschenart, die je geschaffen worden ist. Die herkömmliche Theologie lehrt zwar, der Mensch sei gefallen; aber ohne einen gefallenen Gott kann es keinen gefallenen Menschen geben. Keine Anklage ist so falsch oder so verderblich in ihrer Wirkung wie die, welche die Menschheit im Namen der Religion irreführt, verwirrt und verurteilt. Das sogenannte Böse macht seine Ansprüche im Namen Gottes geltend, denn allein vermag es nichts auszurichten. In dem Maße, wie unsre geistige Erkenntnis zunimmt, hört dieser Trug auf, uns zu täuschen.

Wir haben gefunden, daß Gott und der Mensch, Sein Spiegelbild, nichts Unrechtes begehen können. Somit stützt sich die Anklage auf die Vorstellung, daß das Böse außerhalb der Allheit Gottes existiere, mit andern Worten, daß Gott nicht Alles-in-allem sei. Die physischen Sinne bestreiten fortwährend Gottes Allgegenwart, und es ist für die Ausarbeitung unsres Heils absolut notwendig, daß wir uns weigern, dieser Lüge in unserm Bewußtsein Raum zu gewähren. Anstatt zu glauben, das Böse nehme einen von Gott, dem unendlichen Gemüt, nicht erfüllten Raum ein, wollen wir lieber bestrebt sein, die Wahrheit zu erkennen, daß wir allein im Leben, in der Wahrheit und in der Liebe „leben, weben und sind,” und daß der Mensch dieser Dreiheit sein vollkommenes Wesen verdankt. Das Böse hat keine Ursache. Wenn Gott nicht der Urheber des Bösen ist, so hat er auch keinen Sünder erschaffen, und da es eine wissenschaftliche Tatsache ist, daß ohne Ihn „nichts gemacht [ist], was gemacht ist,” so kann das sogenannte Böse nichts andres sein als eine allgemein geglaubte und gefürchtete Lüge. Merkwürdigerweise wird unsres Meisters Begriffsbestimmung vom Satan als einem Lügner von Anfang ignoriert und umgekehrt, und die Menschheit begeht immer noch den Fehler, daß sie den Irrtum für wahr hält und ihn dementsprechend bekämpft. Daher ist sie in ihrem Kampf gegen Sünde und Krankheit nur zu oft der Besiegte.

Die Christliche Wissenschaft bringt dem Sünder wie dem Kranken Trost und Heilung. Das Ergebnis dieser geistig-wissenschaftlichen Verfahrungsart ist, daß Tausende von Krankheit und Sünde, gegen die sie ehedem vergebens angekämpft hatten, befreit worden sind. Gottes Schöpfung ist geistig und vollkommen. Fassen wir daher den Entschluß, auf der Wahrheit des Seins zu bestehen und sie zu bekräftigen, und die Scheinbarkeit zu leugnen. Auf diese Weise tut der Schüler der Christlichen Wissenschaft Schritt für Schritt dar, daß das Gute der vorherrschende Faktor in seinem Leben ist, und daß die Ansprüche des Bösen macht- und grundlos sind.

Das Ergebnis einer besseren Denkart ist bessere Gesundheit. Ununterbrochener Fortschritt weist auf die Wirksamkeit des Prinzips hin; und dieses göttliche Prinzip, die Liebe, entfernt den Irrtum so sicher aus unsrer Erfahrung, wie das Gesetz der Mathematik, richtig verstanden und angewandt, mathematische Fehler aufhebt.

Ist die Liebe je lieblos? Kann das Leben je sterben? Kann der Geist je krank sein oder Schmerzen empfinden? Ist der geistige Sinn je sündhaft? Da der Geist die Ursache des Weltalls ist, einschließlich des Menschen, so muß jede Wirkung geistig und harmonisch sein. Der Umstand, daß die altehrwürdigen Behauptungen, Andeutungen und Anklagen der körperlichen Sinne nicht schneller oder leichter zum Schweigen gebracht werden, braucht den Schüler der Christlichen Wissenschaft nicht zu entmutigen. Wir bedürfen der Bereitschaft, Ausdauer und Wachsamkeit. In dem geistigen Kampfe schöpfen wir Mut aus göttlicher Quelle, und wie oft wir auch fallen mögen, wir können immer wieder aufstehen. Mut enthält kein Element der Entmutigung, und aus jedem unsrer Fehler können wir eine nützliche Lehre ziehen.

Wir dürfen uns nicht für schuldig erklären, wenn uns die falsche Vorstellung durch die physischen Sinne der Krankheit oder der Sünde anklagt. Bestehen wir vielmehr auf unsrer vollen Freiheit vom Bösen, die wir auf Grund unsres ewigen Einsseins mit dem Guten besitzen, und erkennen wir die Tatsache an, daß es ganz und gar natürlich ist, die göttliche Gerechtigkeit zum Ausdruck zu bringen. Um das dem Menschen angeborene Verlangen nach dem Guten zu erwecken, ein Verlangen, das zuweilen sehr schwach und daher kaum erkennbar ist, müssen wir Güte als eine wahre, von Gott geschaffene und erhaltene Eigenschaft und das Böse als eine zeitliche Erfindung erkennen. Geben wir dies zu, so müssen wir auch zugeben, daß beharrliche Anklage nichts andres ist als beharrlicher Aberglaube, und daß Aberglaube zu allen Zeiten ein Kind der Unwissenheit war.

Die Wahrheit verlangt das Verschwinden abergläubischer Furcht in jeder Gestalt. Man darf nie vergessen, daß man dem Bösen deshalb frönt, weil man ihm Wirklichkeit beimißt, und daß, wenn es einmal als unwirklich erkannt ist, man aufhört, ihm zu frönen. Wir gestehen keine Sünden ein, von denen wir uns frei wissen, wie z. B. Diebstahl und Mord; aber insofern wir uns gegenüber den ebenso falschen Anklagen von Furcht, Selbstsucht, Krankheit usw. für schuldig erklären, werden wir auch die Folgen dieser Annahme zu tragen haben. Wie das Licht von der Finsternis nicht berührt wird, so bleibt auch der geistige Mensch zu jeder Zeit von diesem Aberglauben unberührt. Die falsche Auffassung von einem gefallenen Menschen muß weichen, wenn ihre moralischen und physischen Wirkungen vernichtet werden sollen.

Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, wie wir der Scylla der Selbstverdammung und der Charybdis der sterblichen Selbstgerechtigkeit ausweichen können. Wir lernen einsehen, daß allein durch die Anwendung der Wahrheit Erlösung zu finden ist. Dank dieser reinen Lehre können wir den Kurs nach dem Himmel innehalten, ohne befürchten zu müssen, die Richtung zu verfehlen. Auf dieser geistigen Bahn des Fortschritts dürfen wir eine Versuchung weder ignorieren noch entschuldigen. Sie mag das eine Mal in angenehmer und das andre Mal in widriger Gestalt kommen; aber auf alle Fälle ist sie falsch und daher machtlos.

Der Ausspruch in der Offenbarung des Johannes, daß die Erlösung nach dem Verwerfen des „Verklägers” erfolgt, ist für jeden Schüler der Christlichen Wissenschaft von überaus großer Bedeutung. Er wird die Wahrheit dieses Ausspruchs in dem Maße demonstrieren, wie er ihn versteht. Wer durch die Christliche Wissenschaft moralische oder Physische Besserung sucht, wird sie sicher finden, wie krank er auch sei oder wie sehr er auch gefehlt habe. Das Böse ist doch nichts weiter als eine Maske, die uns des Menschen geistige Sohnschaft, sein göttliches Erbe, nicht erkennen läßt.

Der Zweck einer Maske ist irrezuführen, zu verstecken, zu entstellen, und unsre Führerin heißt uns „die Maske abnehmen, auf die Illusion hinweisen, dadurch den Sieg über die Sünde erlangen und so ihre Unwirklichkeit beweisen” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 447). Wer fühlt sich nicht erleichtert, wenn das spielende Kind die verunstaltende, abstoßende Maske abnimmt, so daß seine frische Unschuld, die momentan versteckt gewesen war, wieder zum Vorschein kommt? War die Maske auch nur einen Augenblick ein Teil des Kindes? Jagte uns das falsche Gesicht Angst ein? Nein, denn es vermochte uns nicht zu täuschen. In gleicher Weise offenbart die Christliche Wissenschaft, der Tröster oder Geist der Wahrheit, die ewige und unverletzliche Unschuld des geistigen Menschen.

Daß Sünde intelligent ist, daß die Materie Leben besitzt, daß die Krankheit auf Gesetz beruht und daß Leiden und Strafe in irgendwelcher Beziehung zu Gott oder Gottes Ausdruck, dem Menschen, stehen — dies sind die Anklagen, die der Schüler der Christlichen Wissenschaft entlarven und niederwerfen muß, anstatt sich von ihnen niederwerfen zu lassen. Verschiedene Irrtümer mögen ihn noch in Banden halten; aber in dem Maße, wie er die Furcht überwindet, beweist er, daß allein die göttliche Gerechtigkeit Macht und Gewalt besitzt.

So wollen wir denn diesen christlichen Kampf mit Freuden und dankbarem Herzen führen. Prüfungen als Gelegenheiten zum Wachstum betrachten und jede Demonstration auf die Allheit der Wahrheit gründen. Wir wollen die Tatsache nie aus den Augen verlieren, daß Gott sündlos ist; dann wird uns unsre eigne Sündlosigkeit offenbar werden. Wir wollen in dem Bewußtsein von der Heiligkeit Gottes verharren, denn nur dadurch können wir Seine Heiligkeit wiederspiegeln. „So die Wurzel heilig ist, so sind auch die Zweige heilig.” Gestatten wir den Anklagen der sterblichen Sinne nicht, uns der Freude der Wiederspiegelung zu berauben.

In dem Maße, wie wir die Christliche Wissenschaft verstehen und betätigen, werden wir über den Nebel der Sinne hinaus zur „herrlichen Freiheit der Kinder Gottes” erhoben. Früher wiesen wir die geistige Freiheit aus Angst oder aus Neigung zur Sünde zurück und nahmen materielle Knechtschaft an; jetzt erkennen wir, daß Gott von uns verlangt, die Knechtschaft zu verwerfen und die Freiheit anzunehmen und zu demonstrieren. Nichts ist zu gut, um wahr zu sein. Wollen wir Weisheit und Glück erlangen, so müssen wir die Gedanken die nicht dem Leben, der Wahrheit und der Liebe entspringen, als unwahr zurückweisen. Laßt uns nicht vergessen, daß jede Stunde wahrer Harmonie, die wir haben, ein bestimmter Beweis ist unsrer bewußten Einheit mit Gott.

Jesus betete: „Vater, die Stunde ist hie, daß du deinen Sohn verklärest, auf daß dich dein Sohn auch verkläre.” Unser Meister wußte, daß wir nichts Gutes vollbringen und keinen Frieden haben können, es sei denn durch die Wiederspiegelung Gottes; und diese geistige Wiederspiegelung allein führt zu der Freiheit von Leiden. Niemand hat je das Böse wiedergespiegelt, denn es kann als etwas Unwirkliches nicht wiedergespiegelt werden. Grübeln wir also nicht über unsre Fehler nach. Lieber wollen wir alles, was geistig, schön und wahr ist, betrachten und es in unsern Gedanken wiederspiegeln, so daß es in unserm Leben leicht und natürlich zum Ausdruck komme. Die wahre Schöpfung ist der Ausdruck Gottes, des Guten, und je klarer wir erkennen, daß der Mensch im unendlichen Gemüt lebt, auf desto weniger Hindernisse werden wir stoßen.

Sehen wir uns einmal die Vögel an. Diese gefiederten Sänger stoßen sich nie an Bäume, Felsen oder Häuser. Und warum nicht? Weil sie ihre Augen offen halten und den Gegenständen, die ihren Flug zu hindern drohen, aus dem Wege gehen. Wer hat nicht mit Verwunderung den Schwalben zugesehen, wie sie mit schnellem und furchtlosem Flug über die Wasserfläche hingleiten oder mit der größten Sicherheit und unverminderter Schnelligkeit in ihr Nest unter dem Scheunendach fliegen? So wird auch der menschliche Gedanke zu seinem Zufluchtsort, zur göttlichen Liebe, geführt und geleitet. Unsre Gedanken sind unsre Flügel, und wir müssen uns alles falschen und unnützen Ballastes entledigen. Wollen wir uns in das Bewußtsein des Geistes erheben, wohin der Verkläger dein befreiten Gedanken nicht zu folgen vermag, so müssen wir unsre Denkweise entlasten und dematerialisieren.

Wir müssen also unsern Flug himmelwärts und nicht erdwärts richten, und beide Flügel benützen wie die Vögel. Wir müssen unser Ohr den Einflüsterungen des Irrtums verschließen und ohne Unterlaß der Stimme der göttlichen Liebe Gehör schenken. Horchen wir zu jeder Zeit? Jede Stunde kann uns eine Stunde der Offenbarung sein, und jeder Tag ein Tag des Heils. Offenbarung bedeutet Erlösung. Das aufmerksame Ohr vernimmt die Stimme der Harmonie unaufhörlich, und, wie unsre Führerin auf Seite 568 von Wissenschaft und Gesundheit schreibt, „der Ankläger ist nicht da, und Liebe läßt ihre ureigne und ewige Weise erklingen.”


Ich bin jung gewesen und alt geworden und lege das Zeugnis ab, daß ich nie in einem Menschen gründliche, durchgreifende und aushaltende Sittlichkeit gefunden habe, als bei den Gottesfürchtigen, nicht nach der heutigen, sondern nach der alten kindlichen Weise. Nur bei ihnen fand ich auch Freudigkeit im Leben, eine herzhafte siegende Heiterkeit von so ausgezeichneter Art, daß sie mit keiner andern zu vergleichen ist.—

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