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Die Wirksamkeit des wahren Gebets

Aus der September 1916-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wenn das menschliche Bewußtsein durch die Lehren der Christlich Wissenschaft zuerst mit der großen Wahrheit in Berührung kommt, daß Gott, das Gute, die einzige Macht ist, dann ist es eifrig bemüht, all die zahlreichen Segnungen zu erlangen, die diese Offenbarung begleiten. Die Erkenntnis, daß Gottes Wille tatsächlich „wie im Himmel, also auch auf Erden” geschehen kann, überrascht erst und tröstet dann die Menschheit, und das göttliche Wesen dieses Willens kommt in dem Maße zum Ausdruck, wie derselbe das Bewußtsein regiert. Es ist daher unser aller Pflicht, Raum zu machen für die geistigen Wahrheiten, indem wir die falschen materiellen Anschauungen fahren lassen. Diese Tätigkeit ist das unaufhörliche Gebet des Gerechten, der gerade und schmale Weg, der uns heute in das sichtbare Reich Gottes auf Erden führt.

Man findet so vielfach die falsche Ansicht, daß rechtes Beten trotz der biblischen Verheißung: „Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist,” oft unerhört bleibe. Der vielfach geäußerten Bemerkung: „Ich habe gebetet und gebetet, damit dieses oder jenes zustande komme, aber vergebens.” folgt oft der oberflächliche Schluß, daß der Fehler an Gott liege, wo doch die Nichterfüllung der Bitte den Betenden zu der Einsicht bringen sollte, daß an seinem Gebet etwas nicht in Ordnung ist. In der Tat muß den meisten Gebeten ein wichtiges Element gefehlt haben, sowohl vor als nach Beginn der christlichen Zeitrechnung, denn nur sehr wenige Kranke, Sünder und Arme sind durch geistige Mittel geheilt worden. Und doch finden wir durch die ganze Bibel hindurch Berichte von Heilungen, ja selbst von Totenerweckungen, die durch gerechtes oder rechtes Beten zustandekamen. Jesu Gebete waren vollkommen, daher war auch ihr Ergebnis vollkommen. Wir sehen also, wie notwendig es ist, daß wir uns die Christus-Art des Betens aneignen, um erhört zu werden, wie Christus Jesus erhört wurde. Folgende Stelle auf Seite 206 von Wissenschaft und Gesundheit ist in diesem Zusammenhang besonders hilfreich: „Die Betätigung der höheren Gefühle — Hoffnung, Glaube, Liebe —[ist] das Gebet des Gerechten. Dieses Gebet, das von der Wissenschaft anstatt von den Sinnen regiert wird, heilt die Kranken.”

Wie klar beleuchten doch diese Worte Jesu Gebet, und in welch scharfen Gegensatz stellen sie es zu dem Gebet der gewöhnlichen Art! Der Menschheit Bitten werden durch die materiellen Sinne bestimmt, während Jesu Gebete stets von der göttlichen Wissenschaft regiert wurden. Die Sterblichen beten, weil sie die Not dazu treibt und sie Gott von dem traurigen Zustand der Dinge in Kenntnis setzen möchten; die Gebete des Meisters dagegen fingen stets mit Gott an und spiegelten die göttliche Harmonie wieder. Jesus erkannte und bewies zu jeder Zeit, daß sich der Mensch beständig seines Einsseins mit Gott bewußt sein kann, ebenso wie sich Gott Seines Einsseins mit dem Menschen bewußt ist. Seine Gebete, die von der Macht Gottes getragen und von himmlischer Klarheit durchdrungen waren, gingen nicht vom materiellen Augenschein aus, sondern vom geistigen Verständnis, und sie trugen daher augenblicklich Früchte.

Können wir uns eine überzeugendere Veranschaulichung dieser Tatsachen denken als die Geschichte vom Manne mit der verdorrten Hand? Es war an einem Sabbat, dem großen jüdischen Bettag, als Jesus den Krüppel in der Synagoge traf. Um ihn her waren Pharisäer, Männer, für die das Studium der Schrift und das Gebet Lebensaufgabe war. Gewiß hatten sie sich oft in ernstem Gebet der Gottheit zugewandt, um Gnade und Hilfe für die Bedrängten zu erflehen, aber offenbar ohne Erfolg. Es ist bemerkenswert, daß die Pharisäer Jesus über die Heilung des Mannes befragten — nicht etwa, um von ihm zu lernen, sondern um ihn der Gottlosigkeit zu zeihen. Eine solche Sinnesart entbehrte ganz und gar der Liebe, und es ist daher kein Wunder, daß die Gebete der Pharisäer wirkungslos blieben. Wie gänzlich hatten diese doch die große Wahrheit übersehen, daß die Liebe des Gesetzes Erfüllung ist!

Mit dem Gleichnis von dem in die Grube gefallenen Schaf, diesem herrlichen Gleichnis der Liebe, wollte Jesus den Pharisäern für ihre Selbstgefälligkeit und ihren Hochmut einen Verweis geben. Und dann folgte sein erhaben einfaches, auf die Allmacht des Guten gestütztes Gebet: „Strecke deine Hand aus”— im auffallenden Gegensatz zu der pharisäischen Betweise; und das Ergebnis war auch dementsprechend, nämlich augenblickliche Heilung. Christus Jesus flehte Gott nicht an, den Zustand jenes Mannes zu ändern, sondern er erweckte vielmehr das menschliche Bewußtsein zur Erkenntnis der Tatsache, daß der Mensch nur von Gott regiert wird, daß Gott „im sogenannten physischen Reich sowohl wie im geistigen ... allerhaben” ist (Wissenschaft und Gesundheit, S. 427). Auf Seite 11 von „Unity of Good“ schreibt unsre Führerin von eben dieser Heilung: „Die gelähmte Hand bewegte sich trotz des anmaßenden Begriffs von einem materiellen Gesetz und einer materiellen Ordnung. Jesus ließ sich weder zu dem menschlichen Bewußtsein noch zu dem Sinnenzeugnis herab. Er achtete nicht auf die höhnende Bemerkung: ‚Jene verdorrte Hand erscheint dem Auge und dem Gefühl sehr wirklich,‘ sondern er brachte das leere Prahlen zum Schweigen und zerstörte den menschlichen Hochmut, indem er den materiellen Augenschein zerstörte.”

Wie zu Jesu Zeiten, so verlacht und verspottet die fleischliche Gesinnung, welche „Feindschaft wider Gott” ist, auch heute noch die Christus-Art des Betens und behauptet, es sei nutzlos, Krankheit und Sünde dadurch heilen zu wollen, daß man geistig gesinnet zu werden sucht. Eine solche Ansicht verliert jetzt wie damals allen Wert angesichts der Heilungen, die das von Erkenntnis der göttlichen Liebe durchdrungene Gebet vollbringt. Gebete, die in Wirklichkeit nichts andres sind als Beschwerden und Anschuldigungen gegen Gott, bleiben unerhört, weil sie nie über ihre Nichtsheit emporsteigen können. Gott vernimmt nicht das Aufzählen von Übeln oder ihrer Ursache, noch braucht Er sie zu kennen, um den Menschen zu befreien und ihn zu erhalten. Das Gebet des Glaubens jedoch und des geistigen Verständnisses, das Gebet, das die Allheit Gottes anerkennt, findet unfehlbar den Weg zur göttlichen Weisheit, denn es ist stets eins mit ihr, ist ihr Ausfluß und wird fortwährend von ihr erhört. Die wunderbare Begriffsbestimmung vom Gebet, wie sie in dem Schriftwort zum Ausdruck kommt: „Geistlich gesinnet sein ist Leben und Friede,” ist heute ebenso wahr wie damals, als Paulus sie gab; und dieses Gebet erweist sich, wenn es verstanden und angewendet wird, als ebenso heilkräftig wie vor alters.

Das christliche Gebet also, das von der Wissenschaft und nicht von dem Sinnenzeugnis ausgeht, vermag viel. Es ist der Sauerteig des Guten. Es rügt Scheinheiligkeit und Zweifel mit seinen „mitfolgenden Zeichen” und reicht bis an die Enden der Erde. Von der Allmacht getragen, bringt es die vermeintliche Stimme des Bösen zum Schweigen, hebt dessen scheinbare Gesetze auf, verscheucht dessen vorgebliche Gegenwart und bringt die Gegenwart und Macht Gottes und Seines vollkommenen Menschen ans Licht. Es erzeugt im Herzen der Menschen und Völker ein dauerndes Vertrauen auf die Bereitwilligkeit und Fähigkeit Gottes, die himmlische Harmonie jetzt und heute auf Erden aufrechtzuerhalten. So wird das wahre Gebet — das von sterblichen Vorstellungen gereinigte, dem Verständnis der Wahrheit entsprungene und von Glauben, Hoffnung und selbstloser Liebe getragene Denken — vom Vater erhört, und diese Erhörung kommt durch unzählige Segnungen und gute Werke zum Ausdruck.

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