Eins der vielen Probleme des menschlichen Daseins besteht darin, daß man unterscheiden lernt zwischen dem, was segnet und dem, was Unheil bewirkt, zwischen den Einflüsterungen des Bösen und der warnenden Stimme der Wahrheit. Das Gefühl der Ungewißheit, welches oft dabei entsteht, kommt treffend in den Worten Hamlets zum Ausdruck, als er nicht wußte, ob der Geist seines Vaters eine Bekundung des Guten oder des Bösen war: „Du kommst in so fragwürdiger Gestalt.” Wissenschaft und Gesundheit sagt uns klar und bündig, wie wir das Wahre vom Unwahren trennen können, und es ist unsre Aufgabe, uns diese Erklärungen durch gewissenhaftes Studium zu eigen zu machen. Nur durch die eigne Anstrengung, nie aber durch die eines andern, erlangen wir die befreiende und erlösende Erkenntnis der Wahrheit.
Hinsichtlich der Schwierigkeit, den Wert gewisser Gedanken festzustellen, ist es von Nutzen, die verschiedenen Berichte über Engel, welche in der Bibel vorkommen, näher zu prüfen, und zwar auf Grund der Begriffsbestimmung dieses Wortes, wie wir sie im Glossarium von Wissenschaft und Gesundheit finden. „Engel,” heißt es da (S. 581), sind „Gottes Gedanken, die zum Menschen kommen; geistige Eingebungen, die rein und vollkommen sind.” Im täglichen Leben begegnen wir oft diesen Engeln oder von Gott kommenden Gedanken. Zuweilen erscheinen sie uns in nichts weniger als einnehmender Gestalt; oder besser gesagt, zuweilen zwingt uns Trübsal, unsre Gedanken der Betrachtung jener reinen Ideen zuzuwenden, die allein uns erheben und von dem sterblichen Selbst erlösen können. Dies soll aber nicht heißen, daß irgendeine Trübsal oder irgendein Leiden ein Engel ist oder sein kann, sondern vielmehr, daß das, was ein Unglück zu sein scheint, sich oft als ein Segen enthüllt. Und zwar vermögen wir diesen Segen manchmal erst zu erkennen, nachdem genügend Zeit verstrichen ist, um die Folgen des betreffenden Falles beurteilen zu können.
Mrs. Eddy gibt uns auf Seite 308 von Wissenschaft und Gesundheit eine wunderbare Erklärung von dem Ringen Jakobs in Pniel. Jakob kämpfte in Wirklichkeit gegen seinen eignen Glauben an die Macht des Bösen, und nicht gegen das Gute. Wohl war er dieser Tatsache nicht gewahr und wollte daher das überwinden, was sich seinem menschlichen Willen widersetzte; am Ende aber siegte die geistige Erkenntnis über sein materielles Verlangen, worauf ihm das Lob zuteil wurde: „Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und bist obgelegen.” Ist nicht ein Kampf mit irgendeiner Vorstellung von Sünde oder Krankheit dem Kampf des Jakob ähnlich? Der Glaube an die Macht und Wirklichkeit des Bösen ist an sich schon ein Ringen mit dem Engel, der uns die Botschaft von Gottes Allmacht bringt, und die vollkommene oder auch nur teilweise Erkenntnis der Wahrheit dieser Botschaft gibt uns die Oberhand. Der Kampf läßt immer den Widerstand erkennen, den der menschliche Sinn dem göttlichen Willen entgegensetzt, und der Sieg liegt nicht in der Befriedigung unsrer menschlichen Wünsche, sondern in der Herrschaft des geistigen Sinnes über unsre fleischlichen Vorstellungen.
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