Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

„Der Größte unter euch”

Aus der September 1916-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Ausdrucksweise, welche zu Jesu Zeiten unter den Schriftgelehrten gebräuchlich war, hätte die tiefen, beinahe unaussprechlichen Lehren des Meisters nicht wiedergeben können. Man denke sich nur die Bergpredigt im Gewande der schwülstigen Beredsamkeit eines Pharisäers! Daß seit Beginn der Weltgeschichte die einfachsten Begriffe am längsten angedauert haben, ist ein Umstand von großer Wichtigkeit. Jesus sprach mit der Geduld und ruhigen Bestimmtheit eines Gesandten Gottes, und zwar in solch einfachen und bestimmten Worten, daß er bei den Mächtigen entweder Mißbehagen oder offene Feindseligkeit hervorrief.

Auf die bedeutungsvolle Frage der Jünger: „Wer ist doch der Größte im Himmelreich?” antwortete der Meister in einer Weise, die seine Zuhörer in Erstaunen setzte. Er rief ein kleines Kind zu sich und sagte: „Es sei denn, daß ihr euch umkehret und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.” Mit andern Worten: Die Demut und Sündlosigkeit eines kleinen Kindes sind nötig, um in den Himmel zu kommen. Und zur Bekräftigung des Gesagten fügte er hinzu: „Wer nun sich selbst erniedriget wie dies Kind, der ist der Größte im Himmelreich.” Diese Errungenschaft hat mit dem Stolz weltlicher Macht und mit dem Streit über Religionssachen nichts gemein.

Wer die wahre Bedeutung des Begriffs Himmel erfaßt hat, erkennt die wunderbare Tiefe dieser Aussprüche des Meisters. Auf Seite 587 von Wissenschaft und Gesundheit finden wir folgende Definition von Himmel: „Harmonie; die Herrschaft des Geistes; Regierung durch das göttliche Prinzip; Geistigkeit; Glückseligkeit; die Atmosphäre der Seele.” Man beachte die Bedingungen, die der geduldigste und liebevollste Lehrer, den die Welt je gehabt hat, der Menschheit zur Erlangung des Himmelreichs stellt. Alle wahren Gottesverehrer müssen „wie die Kinder” werden, sagte er, bevor sie in den Besitz ihres Erbrechts gelangen können. Überstrahlen diese Worte, so klar in ihrer Einfachheit und so weitreichend in ihrer Bedeutung, nicht die gelehrteste Abhandlung über einen materiell-wissenschaftlichen Gegenstand? Was kennzeichnet das unschuldige Stammeln der frühen Kindheit? Ein vollkommenes Vertrauen, eine entgegenkommende Liebe, die nie zweifelt, ein zuversichtliches Sichanklammern an die elterliche Fürsorge in jedem Notfall und in jeder Angelegenheit. Wie einfach ist doch das Mittel, das uns hier an die Hand gegeben ist! Hätte es die stolze, auf ihre Errungenschaften pochende Welt beachtet, wie ganz anders stände es heute um uns!

Von der Zeit an, da die Christliche Wissenschaft einer harrenden Welt ihre Wahrheit kundgetan hat, ist das Licht des Evangeliums mit neuer Kraft hervorgebrochen. Starre Verordnungen unbeugsamer Glaubenslehren haben ihre Wirkung zum großen Teil verloren, und eine vom Feuer der christlichen Liebe durchdrungene Lehre tritt immer mehr in den Vordergrund. Wie ein Kind werden ist keine schwere Aufgabe, wenn sie als eine Besserung der Lebensführung verstanden wird, als eine Rückkehr zur selbstlosen Liebe, und wenn man bedenkt, daß die Belohnung nicht in weiter Ferne winkt, sondern dem Menschen hier, jetzt, heute, während seines Strebens, recht zu denken und recht zu handeln, zuteil wird. Das Leben eines Kindes bietet Stoff für manch nützliche Lehre. Kann ein Kind von zartem Alter das Wort Krankheit erklären? Hat es irgendwelche Ansichten über Krankheit oder Mangel? Kann es ein Gefühl des Grolls gegen einen Spielgenossen bis zum nächsten Morgen hegen? Schaut es dem kommenden Tag mit schlimmen Ahnungen entgegen? Es hat noch nicht entdeckt, daß es einen Körper hat, oder daß körperliche und mentale Leiden Dinge sind, die man überwinden muß. Seine Wiege mag sich da befinden, wo Krieg auszubrechen droht, aber sein Schlaf bleibt ungestört. „Es sei denn, daß ihr ... werdet wie die Kinder.” Wie bestimmt weisen uns diese Worte auf die Notwendigkeit eines höheren Christentums hin!

Die Christliche Wissenschaft führt uns zurück in jene Zeit, wo einfache Fischerleute so lieben lernten, wie die Kinder lieben, in jene Zeit, wo es eine schwere Aufgabe war, Gott mit solch reinem und folgsamem Herzen zu dienen, daß man die Benennung „Menschenfischer” verdiente. „Der Größte” ist nicht notwendigerweise ein Mensch in hoher Stellung, sondern vielmehr einer, der dem Christus-Ideal am nächsten kommt. Solche Menschen haben sich stets durch wahre kindliche Geradheit und Einfachheit gekennzeichnet, und der Meister ermahnt uns, ein solches Kind in seinem Namen aufzunehmen. „Große Männer stehen wie einsame Türme in der Stadt Gottes,” schrieb Longfellow. Diese Stadt besteht hier und jetzt, und wir haben alle das Vorrecht, an den Wundern, die sie umschließt, Anteil zu nehmen. „Wer überwindet,” sagt Johannes in der Offenbarung, „den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und soll nicht mehr hinausgehen; und will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen des neuen Jerusalem, der Stadt meines Gottes, die vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen.”

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / September 1916

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.