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Durch Unterdrückung wird kein Übel aufgehoben

Aus der September 1916-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Reformer auf dem Gebiete der Religion, der Politik, der Volkswirtschaft usw. sind oft irrtümlicherweise der Ansicht, daß die Unterdrückung von Übeln ihre Aufhebung bedeute. Wenn die äußerliche Bekundung eines Übels vertrieben worden ist, so denkt man leicht, es sei verschwunden. Nun hat es sich aber erwiesen, daß dieses Verfahren die Vorstellung vom Übel nur feiner und hinterlistiger macht. Treibt man das Übel durch die Anwendung von Furcht in sein Versteck, so wird dadurch seine unausbleibliche endliche Vernichtung nur aufgeschoben. Mittlerweile nimmt es sehr oft neue Formen an, und es ist ihm dann schwer beizukommen. Wer also äußere Bekundungen von Sünde unterdrückt und die Sünde selbst unberührt läßt, erweist der Menschheit einen höchst zweifelhaften Dienst, oder, genau gesagt, gar keinen Dienst.

Dadurch, daß man die Bekundungen von Krankheit zudeckt, anstatt die Krankheit zu heilen, gibt man den Patienten ihrem Ausbruch in einer andern Richtung preis. Im Bewußtsein einen Groll hegen, selbst wenn er dem menschlichen Urteil gerechtfertigt erscheint, heißt einem versteckten Übel den Weg bahnen, so daß es dann später in einem bösartigen mentalen, moralischen oder physischen Zustand zum Ausdruck kommt. Manch sogenanntes unheilbares Übel entspringt dieser Neigung des menschlichen Gemüts — der Neigung, im geheimen die bösen Gedanken zu hegen, welche vielmehr an die Oberfläche kommen sollten, um vernichtet zu werden. Wir müssen den moralischen Mut haben, jede Art des falschen Denkens zu vernichten, bevor es im Bewußtsein Wurzel fassen kann und zur Gewohnheit geworden ist. Wollte man einer unharmonischen Organisation oder der Welt im allgemeinen einen äußerlichen Frieden aufdrängen, ehe der Same des Brudermords, der im menschlichen Bewußtsein verborgen liegt, aufgedeckt und dessen Vernichtung in Angriff genommen worden ist, so würden dadurch nur Neigungen unterdrückt, die dann später in heimtückischerer Form zum Ausdruck kommen.

Die Versicherung, daß Friede sei, „so doch kein Friede ist,” entspringt dem Verlangen nach Behaglichkeit in der Materie, im Irrtum — der Abneigung des Fleisches gegen irgendwelche Störungen. Wer bösen Gedanken Herberge gibt, ruft aus: „Halt, was haben wir mit dir zu schaffen, Jesu von Nazareth.” Die Wurzel alles Verlangens nach falscher Ruhe, nach Behaglichkeit in der Materie ist die Annahme, als sei Leben in der Materie. Diese Annahme ist der Erkenntnis zuwider, daß Gott das Leben des Menschen ist. Die Wahrheit läßt den Irrtum nicht in Frieden. Sie stört fortwährend die falschen Annahmen und verdrängt sie. Wahrheit und Irrtum können nie in Ruhe nebeneinander stehen; sie können nie einen gegenseitigen Frieden erklären. Nicht einmal ein Waffenstillstand kann zwischen ihnen eintreten. Es handelt sich um einen Kampf bis zur Vernichtung des Irrtums.

Auf Seite 450 von Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Der Christliche Wissenschafter hat sich in den Dienst der Verminderung des Bösen, der Krankheit und des Todes gestellt, und wird sie durch das Verständnis ihrer Nichtsheit und der Allheit Gottes oder des Guten überwinden.” Je eher der geistige Streiter diese Tatsache erfaßt, desto klarer wird er die Notwendigkeit erkennen, sein Schwert in der Hand zu haben und stets zum Kampf bereit zu sein. Auf der ersten Seite des „Christian Science Sentinel“ leuchten uns die Worte unsres Meisters entgegen: „Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wachet!” Es ist besser, wachsam und gerüstet zu sein und dadurch dem Irrtum vorzubeugen, als sich der Gefahr auszusetzen, im Schlaf angegriffen zu werden und dann die schreckliche Erfahrung des Erwachens durchzumachen.

Zuweilen geschieht es, daß der geistige Streiter in einem Augenblick der Schwäche überfallen wird. Er kämpft wohl mutig mit den Waffen, die er zur Hand hat, ist aber sehr im Nachteil. Vielleicht wird er gar verwundet, weil die Furcht seinen Schild des Glaubens herabgedrückt hat und er dadurch den Streichen des Feindes ausgesetzt worden ist. Was ist nun in solch gefahrvollen Augenblicken das richtige Verhalten eines guten Kameraden? Wird er abseits stehen und den Kämpfenden wegen seiner Wunden tadeln, die das sterbliche Gemüt geschlagen hat und die als Sünde und Krankheit kund werden? Soll er wie der Levit handeln oder wie der Samariter? Treue gegen die Wahrheit bedingt Treue gegen diejenigen, die in den Reihen der Wahrheit kämpfen. Wer dem „guten Hirten” folgt, ist auch bereit, die verlorenen Schafe zu suchen und die verirrten Lämmer zu retten. Der gesinnungstreue Christliche Wissenschafter berichtigt somit nicht nur seine eignen Fehler, sondern er bietet auch denen, die das sterbliche Gemüt zeitweilig kampfunfähig gemacht zu haben scheint, die helfende Hand. Und dabei ist er stets der Tatsache eingedenk, daß durch Unterdrückung kein Übel aufgehoben wird.

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