Wache auf, der du schläfest und stehe auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.” Dieser Ruf des Paulus gilt heutzutage dem Christen genau so wie den Ephesern im ersten Jahrhundert und ist für ihn ebenso wichtig. Vor dem Erscheinen der Christlichen Wissenschaft jedoch wurde die wahre Bedeutung dieses bestimmten, aber von Paulus in Liebe erteilten Gebotes von den Sterblichen nicht verstanden, obgleich er den wichtigsten Rat für das ganze Christentum enthält. Von ähnlicher Bedeutung ist Mrs. Eddys Erklärung in Wissenschaft und Gesundheit (S. 40): „Das Wesen des Christentums ist friedevoll und gesegnet; um aber in das Himmelreich einzugehen, muß der Anker der Hoffnung jenseits der Materie in das Allerheiligste ausgeworfen werden, in welches Jesus vor uns eingegangen [ist”]
Die Christliche Wissenschaft sucht ihren Schülern fortwährend einzuprägen, daß die Materie keinen Ruheort bietet. Sie lehrt deutlich, daß die Materie oder das materielle Bewußtsein nur der Adam-Traum ist, aus dem alle Sterblichen erwachen müssen, ehe sie Frieden und Glück erlangen können. Wenn man von der Wahrheit dieser Erklärung überzeugt ist, so wird man auch einsehen, daß es im Leben eigentlich nur einen Dienst zu verrichten gibt, nämlich, sich und andre zur Erkenntnis des wahren, göttlich-geschaffenen Weltalls zu erwecken. Durch diese Überzeugung werden unsre geistigen Fähigkeiten lebendiger und wir erkennen, wie töricht und nachteilig es ist, unsre Zeit, zu vertrödeln und dadurch den Traum von Leben und Intelligenz in der Materie zu verlängern.
Welchen Dank schuldet doch die Welt Mrs. Eddy dafür, daß sie die Sterblichen über die Tatsachen des Seins belehrt und ihnen gezeigt hat, daß die sterbliche Sinnenvorstellung vom Sein nur ein Traum ist, der durch die Erkenntnis von der Wahrheit des Seins zum Schwinden gebracht wird! Das war es, was Paulus die Epheser lehrte. „Wache auf,” sagte er ihnen, „so wird dich Christus erleuchten.” Christus also soll die träumenden Sterblichen wecken. Hier gereicht die Christliche Wissenschaft der Menschheit wiederum zum Segen, indem sie ihr eine geistige Erkenntnis der Wahrheit verleiht und ihnen die Möglichkeit bietet, sie auf die mancherlei Angelegenheiten des täglichen Lebens anzuwenden.
Allen, die sich die Frage über die Bedeutung der irdischen Existenz vorgelegt und sich in Klagen ergangen haben wegen dieser Existenz mit ihren Begleiterscheinungen von Sünde, Krankheit und Tod, mit ihrer Grausamkeit. Selbstsucht und Unmenschlichkeit, ihrem Streben und Jagen, ihrem Streit und Wettbewerb, wie sie schon durch das bloße Dasein hervorgerufen werden — all diesen bringt die Christliche Wissenschaft ein Gefühl großer Erleichterung mit der Botschaft, daß diese Dinge ein sterblicher, unwirklicher Traum sind, und daß man, statt sich der hoffnungslosen Aufgabe zu unterziehen, in dem jahrhundertealten Wirrsal Ordnung zu schaffen, nur zu einem höheren Bewußtsein emporzusteigen braucht, welches das Weltall so kennt, wie es Gott je und je gekannt hat, unwandelbar in seiner Vollkommenheit, harmonisch und unvergänglich, jede Idee stets an ihrem rechten Platz befindlich, wo sie, auf ewig erhalten, ihre Aufgabe erfüllt. Diese Anschauung wirft ein Helles Licht auf die Erklärung des Paulus an die Korinther: „Denn gleichwie sie in Adam alle sterben, also werden sie in Christo alle lebendig gemacht werden.” Hier bedeuten die Worte Adam und Christus unverkennbar mentale Zustände, und diese Auslegung wird durch eine andre Übersetzung bekräftigt, wo es heißt, „in dem Christus.”
Daß das sterbliche Dasein nur ein Traum ist, lehrt die Bibel deutlich, wie aus den Stellen hervorgeht, wo die Worte Schlaf und erwachen wiederholt in bezug auf die hochwichtige Frage der Erlösung gebraucht werden. Zu den Römern sagte Paulus, die Stunde sei nun da, „aufzustehen vom Schlaf (sintemal unser Heil jetzt näher ist, denn da wir gläubig wurden).” Auch sang der Psalmist: „Ich will satt werden, wenn ich erwache, an deinem Bilde.” Das Wichtigste im Leben, das wahre Ziel der sterblichen Existenz ist also, aus dem Adam-Traum oder Adam-Bewußtsein zu erwachen und das Weltall so zu sehen, wie es wirklich ist, in seiner geistigen Vollkommenheit. Unsre ganze Kraft und unser ganzes Streben muß darauf gerichtet sein, „alle Vernunft unter den Gehorsam Christi” gefangen zu nehmen; d. h. man muß das eigne Selbst auf den Felsen der Wahrheit gründen in der Erkenntnis, daß Gott und das Weltall auf ewig vollkommen sind. Von diesem Standpunkt aus muß man jeden Gedanken oder jede Suggestion, die dieser großen Wahrheit widerspricht, verneinen. Mit andern Worten, ein jeder muß sich bestreben, zu erkennen, daß er ein Kind Gottes ist, und muß dementsprechend handeln.
Diejenigen, denen die Christliche Wissenschaft die Überzeugung gebracht hat, daß die menschliche Erfahrung eigentlich nur dem Zweck dient, das Erwachen aus dem Traum der Sterblichkeit zu bewirken, lassen sich aus keine Vergleiche mit dem Irrtum ein, haben weder Zeit noch Lust zu eitlem Gerede, zum Hören auf Verleumdungen, zu leichtfertigen Vergnügungen, sondern jeder Augenblick ist ihnen wertvoll als ein wichtiger Faktor im Problem ihres Lebens. „Für Christus”, so erklärt Mrs. Eddy, „war das Leben nicht nur ein Bewußtsein vom Sein, sondern ein Bewußtsein von Macht und der Fähigkeit, materielle Zustände zu bewältigen” (Unity of Good, S. 42), und auf Seite 56 desselben Buches weist sie hin auf die Merkzeichen des Fortschritts bei solchem Überwinden. Um einen derartigen Fortschritt an sich zu erfahren, ist es nötig, der Ermahnung der Gründerin der Christlichen Wissenschaft eingedenk zu sein, die die Art und Weise entdeckte, auf die das Erwachen aus dem Adam-Traum stattfindet. „Gott verstehen,” sagt sie, „ist das Werk der Ewigkeit und erfordert absolute Hingabe der Gedanken, der Energie und des Verlangens” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 3).