In der Chemie nimmt das Studium der qualitiven und quantitiven Analyse viel Zeit in Anspruch. Der Studierende muß diese Zweige gründlich beherrschen, wenn er je lernen will, die Eigenschaften und die Menge der verschiedenen Bestandteile einer materiellen Substanz festzustellen. Jede chemische Analyse beruht auf der Annahme, daß die Materie Dasein, Gestalt, Anziehungskraft usw. besitze und daß sie gewissen Gesetzen unterworfen sei, kurz, daß es eine materielle Ursächlichkeit gebe.
Der Christliche Wissenschafter, der in gewissem Grade erfaßt hat, daß alles „unendliches Gemüt und seine unendliche Offenbarwerdung” ist (Wissenschaft und Gesundheit, S. 468), folgert naturgemäß, daß das Gemüt, Gott, und Seine Ideen die einzige Wirklichkeit, das einzige Dasein ausmachen. Er sieht ein, daß, weil das Gemüt Ursache ist, die Wirkung mental sein muß; er erkennt, daß allein das Denken Geltung hat. Darum beginnt er auch gleich, seine Denkweise zu überwachen, zu analysieren. Die wichtige Frage ist für ihn nicht mehr: was habe ich gegessen? oder was habe ich getrunken? oder wie lange habe ich geschlafen? sondern: was denke ich? ist mein Denken im Einklang mit dem Göttlichen, dem Geistigen, dem Unvergänglichen, oder glaube ich an das, was sterblich, materiell, vergänglich ist? Sein Bewußtsein zu überwachen, seine Denkweise zu analysieren wird demnach des Christlichen Wissenschafters erste Pflicht.
Um dies zu tun, bedürfen wir jedoch einer festen, unveränderlichen, vollkommenen Norm des Denkens. Diese Norm ist, so zu denken, wie Gott denkt, die Eigenschaften und das Wesen des göttlichen Gemüts zum Ausdruck zu bringen. Die Worte des Propheten Jesaja sollten nicht mehr auf unser Denken passen: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr.” Vielmehr sollten wir alle der Ermahnung Folge leisten: „Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter seine Gedanken.” Auf diese Weise erhalten wir des Menschen Einssein mit Gott, dem Geist, und seine Untrennbarkeit von Ihm aufrecht, bringen das zum Ausdruck, was richtig, wahr und intelligent ist, und werden dadurch eins mit dem göttlichen Bewußtsein.
Durch das Studium der Bibel und der Werke Mrs. Eddys machen wir uns vertraut mit der Wahrheit über das göttliche Gemüt und dessen Offenbarwerdung, mit allem, was gottähnlich und geistig ist. Wir lernen erkennen, daß der Mensch als Gottes Ebenbild der Ausdruck des Lebens ist, die Kundwerdung der Liebe, auf ewig unparteiisch und gerecht; daß er die Intelligenz des allwissenden Gemüts zum Ausdruck bringt, welches nie hintergangen oder getäuscht werden kann; daß ihm die Kraft und die Herrschaft des allmächtigen Gemüts zur Verfügung steht.
Da nun wahres Denken, göttliches Denken unsre Norm und unser Ziel ist, so sei das Wesen der Wahrheit hiermit etwas näher ins Auge gefaßt. Die Wahrheit hat sich nie verändert, ja sie kann und wird sich nie verändern. Die Wahrheit kann auf eine der Menschheit verständliche Weise erklärt werden; aber Irrtum, das Gegenteil von Wahrheit, eine Lüge, kann weder verstanden noch demonstriert werden. Die Wahrheit ist stets heilsam und unschädlich. Sie ist universal, unparteiisch, gerecht, vorurteilsfrei; sie berücksichtigt weder Zeit, Ort, Person, Nation, Geschlecht noch Konfession. Die Wahrheit ist stets belehrend, sie macht stets frei. Um mit Paulus zu reden, sie verstört „die Anschläge und alle Höhe, die sich erhebet wider die Erkenntnis Gottes,” und nimmt „gefangen alle Vernunft unter den Gehorsam Christi.” Mrs. Eddy schreibt auf Seite 130 und 131 von Wissenschaft und Gesundheit: „Wahrheit sollte nicht so überraschend und unnatürlich scheinen wie Irrtum, und Irrtum sollte nicht so wirklich scheinen wie Wahrheit.” Die Wahrheit ist allmächtig, sie hebt die sogenannten materiellen Gesetze auf und berichtigt unharmonische Zustände.
In der Bibel finden wir unzählige Beweise von der Oberherrschaft der geistigen Wahrheit über die materielle Täuschung, zahllose Fälle, wo das sogenannte Gesetz der Schwerkraft und Molekular-Attraktion aufgehoben, wo Feuer und Gifte unschädlich gemacht wurden. Und diesen Fällen könnten noch die an unsern Mittwochabend-Versammlungen abgegebenen und in unsern Zeitschriften veröffentlichten Zeugnisse beigefügt werden. Die Erkenntnis der Tatsache, daß Geist göttliche Substanz und die Materie eine Lüge über die Substanz ist, daß Gesetz die Offenbarwerdung des Willens des göttlichen Gemüts ist, und daß die sogenannten materiellen Gesetze eine Nachahmung der göttlichen Gesetze sind — diese Erkenntnis ist die Grundlage richtigen Denkens, die Norm der Patriarchen und der Propheten, die Norm Jesu, der Apostel und der Christlichen Wissenschafter.
Bei der Prüfung der Gedanken sind folgende Worte unsrer Führerin auf Seite 3 von Pulpit and Press für uns alle besonders hilfreich und ermutigend: „Wisse, daß du unbeschränkte Macht besitzest, richtig zu denken und zu handeln, und daß niemand dich dieses Erbes berauben oder sich gegen die Liebe vergehen kann.”