Gleichwie ein großer Unterschied besteht zwischen dem ausübenden Vertreter der. Christlichen Wissenschaft und dem Arzt, so besteht auch ein großer Unterschied zwischen der Krankenpflegerin der Christlichen Wissenschaft und derjenigen, die die Methoden der Arzneimittellehre verfolgt. Viele Ärzte haben die medizinische Praxis aufgegeben und sind Praktiker der Christlichen Wissenschaft geworden; und so sind auch viele der besten Krankenpflegerinnen der Christlichen Wissenschaft aus den Hospitälern hervorgegangen. Eine solche Umwandlung kommt stets dann zustande, wenn der materielle Begriff von Gott und dem Menschen, von Gesundheit und Medizin durch den geistigen Begriff ersetzt worden ist, und wenn man erkannt hat, daß, wie Mrs. Eddy auf Seite 143 von Wissenschaft und Gesundheit schreibt, „Wahrheit ... Gottes Heilmittel gegen Irrtum jeder Art” ist.
Abschnitt 31 von Artikel VIII des Handbuchs Der Mutter-Kirche ist eine die Krankenpfleger der Christlichen Wissenschaft betreffende Satzung. Er oder sie muß Mitglied Der Mutter-Kirche sein und ist als solches deren Satzungen unterworfen. Neben der praktischen Kenntnis, wie man mit Kranken umzugehen hat, muß die Pflegerin ein beweisbares Verständnis von der Christlichen Wissenschaft haben. Letzteres ist notwendig, damit sie den Patienten und seine Schwierigkeiten verstehen und den Praktiker in verständnisvoller Weise unterstützen kann. Vor allem aber müssen der Gedanke und die Gegenwart der Pflegerin jenen geistigen Einfluß ausüben, der so sehr zur Überwindung von Furcht und zur Förderung von Friede und Hoffnung sowohl im Patienten wie auch in dessen Haushalt beiträgt.
In einem gewissen Fall, wo eine Störung die Arbeit, die für den Patienten getan wurde, wirkungslos zu machen schien, sagte der Praktiker zu der Pflegerin, daß nichts ihr klares Bewußtsein von der heilenden Macht der Wahrheit trüben dürfe. Diese Ermahnung fand Beachtung, mit dem Ergebnis, daß das Hindernis überwunden wurde und der Patient in kurzer Zeit wiederhergestellt war. Das heilende Bewußtsein kann nicht bestehen, es sei denn, die Krankenpflegerin verstehe in gewissem Grade die Unwirklichkeit der Krankheit, die der materielle Sinn dem Patienten und denen um ihn her vorspiegelt. Eine Krankenpflegerin telephonierte einst einem Praktiker, daß sich ein gewisser Zustand beim Patienten wieder bemerkbar mache. In ruhigem Ton kam die ermutigende Antwort: „Wir wollen uns dadurch nicht täuschen lassen.” Und wiederum wurde der Patient in verhältnismäßig kurzer Zeit geheilt. Dieser einfachen aber treffenden Bemerkung wurde später noch oft gedacht, mit dem Ergebnis, daß auch andern Patienten geholfen wurde.
Auf Seite 46 des Handbuchs Der Mutter-Kirche finden wir eine Regel für die Praktiker, welche die Wichtigkeit hervorhebt, jede Privatmitteilung seitens der Patienten oder aus andern Quellen streng als Vertrauenssache zu behandeln. Es liegt auf der Hand, daß dies sehr notwendig ist, um den Patienten zu schützen und alle Hindernisse, die einer Heilung im Wege liegen mögen, zu überwinden, Diese Regel bezieht sich gleichermaßen auf die Krankenpflegerin. Es gibt gewisse Dinge, die diese wissen muß, um den Praktiker auf dem Laufenden zu erhalten, sowie Dinge, die sie in ihrem notwendigerweise intimen Verhältnis zu dem Patienten nicht umhin kann zu entdecken. Solche Mitteilungen und Beobachtungen weiterzutragen, wäre eine Verletzung des Vertrauens und würde dazu beitragen, dem zu vernichtenden Irrtum Nahrung zu geben. Die Pflegerin muß den falschen materiellen Augenschein leugnen und ihn umkehren, muß nicht „auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare” sehen; dadurch erhebt sie ihr Denken über so manchen Irrtum und entfernt ihn aus ihrem Bewußtsein. Dies erleichtert ihr die Arbeit und bringt ihr den für das Heilungswerk so notwendigen Frohsinn und Sonnenschein.
In unsern Zeitschriften ist schon des öfteren hervorgehoben worden, wie wichtig es für den Praktiker ist, sich genügend Zeit zum Lesen und zur mentalen Arbeit zu nehmen. Dies ist eine absolute Notwendigkeit, wenn er sein Bestes zu leisten bestrebt ist, ja um überhaupt dieses Werk betreiben zu können. Solches gilt für jeden Arbeiter im Weinberg der Christlichen Wissenschaft, und ganz besonders auch für die Krankenpflegerinnen. Die Praktiker müssen diese Notwendigkeit stets vor Augen behalten und den mit ihnen arbeitenden Pflegerinnen Gelegenheit geben, dieser Pflicht nachzukommen.
Es mag der Krankenpflegerin manchmal vorkommen, als sei ihr Arbeitsfeld beschränkt im Vergleich zu dem des Praktikers, der jeden Tag mit einer Anzahl Patienten in Berührung kommt, während sie sich nur mit einem einzigen abgeben kann. Nach kurzer Überlegung wird sie aber einsehen, daß ihre Arbeit weiter reicht als man auf den ersten Blick glaubt. Sie kann nicht umhin, in dem Haushalt, in welchem sie Hilfe leistet, einen bedeutenden Einfluß auszuüben. Führt ihre Arbeit sie zu Leuten, die nicht Christliche Wissenschafter sind, so macht sich ihr Einfluß schon allein durch ihr ruhiges und sicheres Auftreten und ihr freundliches Benehmen fühlbar. Er mag sich sogar auf Besucher oder auf Freunde der Familie erstrecken und sie zur Erkenntnis der heilenden und Harmonie bewirkenden Macht der Wahrheit bringen. Wie die von einem ins Wasser geworfenen Stein verursachten Kreise sich immer weiter und weiter ausdehnen, so hat auch der Einfluß eines liebevollen Arbeiters im Dienste der Menschheit keine Grenzen.
Sodann muß sich die Krankenpflegerin stets einer richtigen Denktätigkeit befleißen, damit ihr Blick nicht getrübt werde. Sie ist beständig vor den falschen Augenschein und die falschen Behauptungen des Irrtums gestellt, und sowohl aus Rücksicht auf sich selber als auf den Patienten muß sie in ihrer Gedankentätigkeit die Wahrheit beharrlich bekräftigen. Wer dies auf wissenschaftliche Weise tut, trägt sein Teil dazu bei, die Gesamtsumme des Irrtums zu verkleinern und die Gesamtsumme des Guten in der menschlichen Erfahrung zu vergrößern, ja er hilft gleichzeitig allen andern Christlichen Wissenschaftern, dasselbe zu tun. Wie ermutigend ist es doch zu wissen, daß jeder wahre und liebevolle Gedanke in gewissem Grade der ganzen Menschheit zum Segen gereicht.
Man darf nicht außer acht lassen, daß die Krankenpflegerinnen (wie alle andern Christlichen Wissenschafter) Menschen sind. Ihre Arbeit ist nicht leicht, denn sie müssen Tag und Nacht auf ihrem Posten sein. In den meisten Fällen ruft sie ihre Pflicht in Haushalte, wo Bestürzung und Kummer herrscht, so daß sie oft einen schweren Stand haben. In solchen Lagen sind Gleichmut und Charakterstärke sehr nötig; in solchen Lagen zeigen sich aber auch die Fehler und Schwächen, die unter gewöhnlichen Umständen nicht zutage treten. Es gibt ein Ideal, nach dem wir alle streben müssen. Auf Seite 395 von Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Eine übellaunige, mürrische oder falsche Person sollte nicht Pflegerin sein. Die Pflegerin muß fröhlich, ordentlich, pünktlich, geduldig und voll Vertrauen sein — empfänglich für Wahrheit und Liebe.” In der letztgenannten Bedingung liegt der Grund, warum so viele Krankenpflegerinnen zur Christlichen Wissenschaft übergetreten sind. Ihre Empfänglichkeit für Wahrheit und Liebe hat sie erkennen lassen, wie viel vorteilhafter für den Patienten geistige Mittel sind als materielle — hat ihnen geholfen, das gute Teil zu erwählen.
Es gibt kaum eine bessere Gelegenheit zu liebevoller, barmherziger, gewissenhafter, rücksichtsvoller und aufopfernder Tätigkeit als das Pflegen von Kranken in der Christlichen Wissenschaft. In dem Maße wie sich diese Eigenschaften im Charakter festigen, gewinnt man eine unpersönlichere Auffassung von der Arbeit, und man ist imstande, jenes höchste Ideal zu erreichen, das Mrs. Eddy „die friedlichere Aufgabe” nennt, „ein Gefühl von der Immergegenwärtigkeit der dienenden Liebe mitzuteilen” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 567).
Ein frommer und gläubiger Mann hat das rechte Panzerkleid um die Brust gelegt und die rechten Waffen angetan: das kindliche Vertrauen auf einen allmächtigen Gott und das feste Gewissen in einer treuen Brust.
Wer Gott fürchtet, über den ist niemand; denn die Furcht Gottes gehet über alles. Wer dieselbige festhält, wem kann man den vergleichen? Gleichwie ein Haus, das fest ineinander verbunden steht, nicht zerfällt von dem Sturmwinde, also auch ein Herz, das seiner Sache gewiß ist, das fürchtet sich vor keinem Schrecken.