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Das Bewusstsein, welches heilt

Aus der Februar 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Das sterbliche Gemüt ahmt das wahre Bewußtsein nach. Jeder Schluß, den es zieht, beruht auf dem Augenschein der physischen Sinne. Da diese Schlüsse nur das Zeugnis der materiellen Sinne zur Grundlage haben, so kann man sie nicht beweisen. Sie sind nicht wahr und müssen daher als unwirklich angesehen werden. Mrs. Eddy schreibt auf Seite 9 von „Unity of Good“: „Das materielle und sinnliche Bewußtsein ist sterblich. Daher muß es irgend einmal und irgendwie als unwirklich erkannt werden.“

Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß es nur e i n wahres Bewußtsein geben kann, weil es nur einen Gott, nur e i n unendliches Gemüt gibt. Das wahre Bewußtsein kennt nur die Wahrheit, und alles, was wahr ist, hat in diesem Bewußtsein seinen Ursprung. Das allmächtige Gemüt ist der dauernde Aufenthaltsort des wahren, von Gott geschaffenen Menschen. Daher können wir das Bild und Gleichnis Gottes nur im Bewußtsein schauen.

Der Mensch spiegelt das göttliche Bewußtsein durch Gotteserkenntnis oder geistige Wahrnehmung wieder. Diese Vergeistigung des Bewußtseins klärt nicht nur das Verständnis von der Allheit Gottes, der einzigen Ursache und des einzigen Prinzips des Seins, sondern offenbart auch, daß der Mensch die vollkommene Offenbarwerdung oder Verkörperung des Geistes ist und nicht der Materie. Durch logisches Folgern wird es klar, daß der vergängliche, sterbliche Begriff vom Menschen als einem materiellen Wesen nichts hat, worauf er seinen Anspruch auf einen Platz in dieser rein geistigen Schöpfung stützen könnte. Das wahre Bewußtsein muß alle falschen Eindrücke beseitigen, da sie im Reich der Wirklichkeit weder Dauer noch Prinzip haben. Ist man sich darüber vollständig im klaren, so erkennt man, daß nicht nur das sterbliche Gemüt, welches das göttliche Gemüt nachahmt, sondern auch der sterbliche Körper oder die Verkörperung dieses sogenannten Gemüts eine falsche Darstellung des wirklichen Menschen ist. Auf Seite 409 von Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Das sterbliche Gemüt und der Körper vereinigen sich zu Einem.“ Diese Kombination entbehrt aller Grundlage; ihr vergängliches, trügerisches Zeugnis besteht aus gewissen menschlichen Annahmen, die keinen Anspruch auf Ursächlichkeit haben und somit notwendigerweise unwirklich sind.

Die Geschichte der Philosophie tut dar, daß jeder Versuch, das Dasein der Materie zu erklären oder den materiellen Phänomenen durch Induktion, d. h. durch Folgerung von Wirkung auf Ursache, zu ergründen, einfach auf andre materielle Phänomene zurückgeht oder zuletzt hinter der Theorie Zuflucht nimmt, daß die Materie das Produkt „der hypothetischen Substanz ist, genannt Kraft oder Energie.“ Der Schluß, zu dem berühmte Naturwissenschafter gelangt sind, daß die Materie ein „subjektiver Gedankenzustand oder eine Bekundung von Energie“ sei, ist eine Theorie des Ideal-Realismus, die mit den Lehren der Christlichen Wissenschaft insoweit übereinstimmt als sie die Materie als bloßes Phänomen darstellt, das vom absoluten Standpunkt aus unwirklich ist.

Mrs. Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, kannte dieses Postulat der Naturwissenschafter gar wohl, nämlich daß die Materie ein in unsrer Einbildung bestehendes, von uns selber erschaffenes Etwas ist; nur besaß sie ein tieferes und wissenschaftlicheres Verständnis von der Sache. Durch unfehlbares, auf die Einheit der ersten Ursache gegründetes deduktives Folgern erkannte sie deutlich die Unwirklichkeit des sterblichen Gemüts oder der sterblichen Energie, auf welche die auf das induktive Verfahren sich stützende Philosophie die materiellen Phänomene zurückführte. Es blieb daher der Christlichen Wissenschaft beschieden, die Unwirklichkeit des angeblichen Noumenons oder sterblichen Gemüts, von dem die Phänomene abhängen, darzutun und das „verzwickte Rätsel“ des materiellen Weltalls zu lösen.

Der Christliche Wissenschafter stüzt die negative Behauptung, daß die Materie unwirklich ist, auf das positive Postulat, daß der Geist alles ist, daß die Allheit Gottes und Seiner geistigen Schöpfung keinen Raum übrig läßt für einen andern Schöpfer oder eine andre Schöpfung. Die Materie ist ein Begriff, der seinen Ursprung im sterblichen Gemüt hat und nicht mehr und nicht weniger in sich schließt als ihm das sterbliche Gemüt durch die materiellen Sinne einräumt. Das bewußte Leugnen der Wirklichkeit der Materie und des sterblichen Gemüts, das die Vernichtung der falschen Annahmen und der Furcht, die sie erzeugen, zur Folge hat, spielt eine wichtige Rolle beim physischen Heilen. Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß eine Verneinung bloß eine mentale Haltung bekundet, die die Möglichkeit der Bekräftigung der Wahrheit umfaßt, während die bewußte Bekräftigung der Wahrheit direkt auf einen Fall einwirkt und positiv ist. Die Erkenntnis dieser Tatsache befähigt uns, Gott, das Gute, in unser Bewußtsein aufzunehmen, unser menschliches Denken in göttliches Denken umzugestalten und so mit den Gedanken Gottes geistig eins zu sein. Durch diese Gemeinschaft mit Gott wird das Gesetz wirksam gemacht, das die falschen Gedankenbilder zerstört, und die Wirkung dieses Gesetzes bildet eine christlich-wissenschaftliche Behandlung.

Das Bewußtsein, das da heilt, ist jenes klare Verständnis einer Lage, das den Wissenschafter befähigt, die von ihm erkannte Wahrheit in solchem Grade wiederzuspiegeln, daß ihre Wirkung den Irrtum in irgendeinem Fall vernichtet, der innerhalb seines Gedankenkreises an die Oberfläche kommt. Wird das Bewußtsein des Praktikers von Gott regiert, so muß es notwendigerweise das göttliche Gemüt wiederspiegeln. Dies bildet eine Demonstration im wissenschaftlichen Sinn; denn wenn wir das göttliche Gemüt und die göttliche Gegenwart wiederspiegeln, bringen wir Gesundheit, Vollständigkeit und Vollkommenheit zum Ausdruck, auch wenn die Kundwerdung noch nicht äußerlich sichtbar ist. In dem Maße wie das menschliche Bewußtsein die Wahrheit erfaßt, setzt es sein Vertrauen auf das göttliche Gemüt, und der vollkommene Mensch tritt dann immer mehr in die Erscheinung. Weil sich Jesus seiner göttlichen Sohnschaft bewußt war und jenen heilenden Glauben hatte, der sich nicht auf materielles Sehen stützt, konnte er seine Demonstration am Grabe des Lazarus vollbringen. Die bewußte Wiederspiegelung des vollkommenen Gemüts ist die Demonstration, die mit unerschütterlichem Vertrauen auf die Macht des Wortes sagen kann: „Hebt den Stein ab!“

In dem Verhältnis wie die Strahlen der Wahrheit durch das durchsichtige Bewußtsein des Praktikers strömen, offenbaren sie durch ihre läuternde Wirkung das unendliche Gemüt und seine Ideen als die einzigen Wirklichkeiten. Dieses klare Bewußtsein schließt alle Bilder des sterblichen Gemüts aus und spiegelt nur die wahre Idee wieder. Die Pseudo-Mentalität, genannt das sterbliche Gemüt, bringt sterbliche Annahmen zum Ausdruck; da aber wahre Gedanken nie einer üblen Quelle entspringen können, ist diese scheinbare Mentalität die Umkehrung der wahren mentalen Tätigkeit, die ihren Ursprung in dem einen, dem einzigen schöpferischen Gemüt hat und dasselbe wiederspiegelt. Erst wenn sich das falsche Bewußtsein von seinem Glauben an das Beschränkte und Endliche ab-und dem Unbeschränkten und Wirklichen zuwendet, lernen wir verstehen, was Wiederspiegelung bedeutet, wie Paulus sie in seinem zweiten Brief an die Korinther so herrlich erklärt. Wir lesen da: „Wo. .. der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Nun aber spiegelt sich in uns allen des Herrn Klarheit mit aufgedecktem Angesichte, und wir werden verkläret in dasselbige Bild von einer Klarheit zu der andern, als vom Herrn, der der Geist ist.“

Das geläuterte menschliche Bewußtsein spiegelt das göttliche Wesen wieder; aber das Werfen eines Schattens ist nicht die geistige Wiederspiegelung der Christlichen Wissenschaft. Wohl hat die Menschheit die wahre Bedeutung der geistigen Wiederspiegelung, die allein das Gottähnliche zum Ausdruck bringt, noch nicht erfaßt, aber Wissenschaft und Gesundheit erklärt deren praktische Anwendbarkeit in der geistigen Heilmethode. Das vergeistigte Bewußtsein, in welchem materielle oder sündige Gedanken keinen Raum finden, spiegelt das göttliche Wesen wieder und heilt durch diese Wiederspiegelung die Kranken und Sünder, indem es die geistige Wahrheit von des Menschen ewiger Vollkommenheit als das Bild und Gleichnis eines vollkommenen Schöpfers offenbart. Nur in dem Verhältnis wie wir uns des wahren Menschen bewußt werden, sind wir geistig ausgerüstet, die Fackel dieser heilenden Wahrheit in die finsteren Stellen des sterblichen Denkens zu tragen und die Furchtgespenster, die sich im Gefängnis der Krankheit, der Sünde und des Todes herumtreiben, zu verscheuchen.

Im Ebräerbrief erklärt Paulus nochmals den wahren Begriff von Wiederspiegelung im Gegensatz zum Schattenhaften, wenn er schreibt, das Gesetz habe nur „den Schatten von den zukünftigen Gütern, nicht das Wesen der Güter selbst.“ Der gottgeschaffene Mensch muß das Wesen und den Charakter seines Schöpfers wiederspiegeln, wie aus dem ersten Kapitel des ersten Buchs Mose hervorgeht. In dem Verhältnis wie er im menschlichen Bewußtsein die Gewaltherrschaft des Aberglaubens und der Furcht entthront, ist er imstande, sich auf das geistige Gesetz zu berufen, das da heilt. Es ist die Sache des geistigen Menschen, dieses Gesetz verstehen zu lernen und es anzuwenden.

Gesundheit, Harmonie und Friede, deren jedes menschliche Wesen in gewissem Grade bedarf, erlangt man durch das Verständnis, daß der wahre Mensch als eine Idee des Gemüts oder eine geistige Idee Gottes nicht als der Heilung bedürftig gedacht werden kann, so daß es also in Wirklichkeit keinen kranken Menschen gibt. Physische Heilung in unsrer menschlichen Erfahrung ist jedoch sowohl subjektiv als objektiv. Das Böse, der Irrtum, falsches Denken ist universal; aber die Zerstörung des falschen Denkens in irgendeinem gegebenen Fall muß individuell sein. Somit ist es richtig zu sagen, daß das Heilen sowohl persönlich wie unpersönlich ist. Vom unpersönlichen Standpunkt aus ist das, was zerstört werden muß, das Böse, das sich Etwas nennt. Christus, die Wahrheit, die in das menschliche Bewußtsein dringt, ist der Heiler. Persönliches Heilen kann als die Berichtigung individueller mentaler oder physischer Störungen bezeichnet werden, eine Berichtigung, die einen Wechsel in der Denkweise einer oder mehrerer Personen bedingt. Die wirksame Macht der Wahrheit vernichtet den Irrtum; gleichwohl ist ein Zwischenmittel notwendig, durch welches der besondere Irrtum, der sich geltend macht, erreicht werden kann. Erkennen wir in irgendeinem Fall den wahren Menschen in genügendem Maße, dann brauchen wir nur wenig über die Vorstellung eines Kranken zu wissen.

Jesus von Nazareth bekundete den höchsten Grad des Bewußtseins, welches heilt. Sein vollkommenes Verständnis vom göttlichen Prinzip, das durch Heilungswerke zum Ausdruck kam, war solcher Art, daß wir es alle erlangen können, ja es ist die Aufgabe des Christlichen Wissenschafters, ein gewisses Maß geistiger Macht zu erlangen, welche Disharmonie durch Harmonie ersetzt und die heilende Macht offenbart, die dem von der göttlichen Liebe regierten geistigen Menschen verliehen ist.

Das erhabene Ziel und das liebevolle Bestreben des wahren Christlichen Wissenschafters besteht darin, die Menschheit von den falschen Annahmen, die sie hegt und die ihr so viel Kummer und Leiden verursachen, zu erlösen, und die von den Beschränkungen der materiellen Sinne Gebundenen zu befreien. Auf Seite 150 von „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ beschreibt Mrs. Eddy die Schönheit der Wiederspiegelung in wunderbarer Weise. Sie sagt da: „Stehe am klaren, von weidenbewachsenen und smaragdfarbenen Ufern eingerahmten schlafenden See. Schaue darin den wiedergespiegelten Himmel und den in mattem Glanze leuchtenden Mond. Dies wird dein Herz bewegen. Dann bitte Gott in stillem Gebet, dich zu befähigen, Gott wiederzuspiegeln, Sein Bild und Gleichnis zu werden, ja das ruhige, klare, leuchtende Spiegelbild der Herrlichkeit Christi, das die Kranken heilt, die Sünder zur Buße führt, und die geistig, in Übertretungen und Sünden Toten zum Leben in Gott auferweckt.“


Allein schaue das: ich habe gefunden, daß Gott den Menschen hat aufrichtig gemacht; aber sie suchen viele Künste.— Prediger 7, 29 [30].

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