Die bestimmte Anweisung im Kirchenhandbuch (Art. VIII, Abschn. 24), in welcher Form die Heilungszeugnisse abgegeben werden sollen, enthält die Worte: „Dieses Zeugnis soll jedoch keine Beschreibung von Symptomen oder von Leiden in sich schließen, doch darf die Art der Krankheit angedeutet werden. Diese Satzung gilt sowohl für die Zeugnisse, welche in den Zeitschriften erscheinen, wie für die, welche in den Mittwochabend-Versammlungen abgegeben werden.“ Es scheint demnach der Absicht unsrer verehrten Führerin, Mrs. Eddys, zu entsprechen, daß die für die Zeugnisse bestimmte Zeit nur darauf verwandt werde, Lob und Dank gegen Gott für die durch die Anwendung und Wirkung der Christlichen Wissenschaft erlangten Wohltaten zum Ausdruck zu bringen, und von diesen Wohltaten oder diesen Segnungen, wie sie in der angeführten Satzung genannt werden, zur Unterweisung und Ermutigung andrer zu erzählen.
Nach obigem ziemt es sich offenbar nicht für einen Christlichen Wissenschafter, während der kurzen Zeit, die diesem Teil des Gottesdienstes gewidmet ist, seine metaphysische Methode der Behandlung oder die metaphysische Anwendung seiner Auffassung, wie eine solche Behandlung gegeben werden sollte, darlegen zu wollen. Es gibt verschiedene triftige Gründe, warum solche Bemerkungen nicht angebracht sind. Erstens ist die Zeit von zwei oder drei Minuten, zu der in einer großen Kirche der Sprechende berechtigt ist, längst nicht hinreichend, einem solch tiefgehenden Gegenstand gerecht zu werden. Sodann geht ein solcher Versuch stets über die Köpfe der Laien oder Fremden hinweg, die Auskunft über die Christliche Wissenschaft suchen. Und wenn dann der Christliche Wissenschafter nicht eine klare Auffassung von der Metaphysik der Christlichen Wissenschaft hat, so verwirrt er leicht andre oder gerät selber in einen Zustand der Verwirrung. Man handelt besser und klüger, wenn man solche Aussagen privatim anstatt öffentlich macht. Überhaupt ist es ratsamer, den Anfänger diese Auskunft selber aus unserm Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ sammeln zu lassen, denn alles Überwinden von Disharmonie, ob Sünde oder Krankheit, ist das Ergebnis eigner Anstrengung und nicht einer stellvertretenden. Daher muß der Studierende seine Erlösung selber ausarbeiten in dem Maße seiner eignen Erkenntnis.
Man übersieht gar leicht die Tatsache, daß, wer sich der Sprache der Christlichen Wissenschaft bedient, in einer neuen Zunge redet, die von der Menschheit im allgemeinen nicht verstanden wird, und daß eine Zeugnisversammlung keine Gelegenheit bietet, eine falsche Erklärung zu berichtigen oder eine ungenaue Aussage klarer darzulegen, es sei denn es geschehe vom Podium aus. Mittlerweile ist die Versammlung beeinflußt worden, und es besteht die Gefahr, daß einzelne weggehen und glauben, was sie gehört haben, stimme genau mit den Lehren der Christlichen Wissenschaft überein. Oft werden Leute durch die unklugen Äußerungen eines wohlmeinenden Christlichen Wissenschafters vor den Kopf gestoßen, zuweilen mit nachhaltender Wirkung.
Die Mittwochabend-Versammlungen bilden eine der vielen Mittel, die Mrs. Eddy angeordnet hat, um der Welt die Ergebnisse der Christlichen Wissenschaft mitzuteilen, nämlich die gegenwärtigen Beweise, „daß die sogenannten Wunder Jesu nicht im besonderen einer Gnadenzeit angehörten, die jetzt beendet ist, sondern daß sie ein immer wiederkehrendes göttliches Prinzip veranschaulichen“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 123). Die Leute kommen zu diesen Versammlungen, um zu hören, was die Christliche Wissenschaft ausrichtet. Wir leben in einem Zeitalter, das durch Ergebnisse überzeugt werden will, nicht durch Lehrmeinungen und Theorien. Jesu Regel: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ (Matth. 7, 16), ist der Sammelruf unsrer Tage. Der Christliche Wissenschafter muß sich hüten, nicht in die Gewohnheit zu verfallen, den Buchstaben zu erklären statt die Früchte des Geistes darzulegen. Als die Jünger des Johannes zu Jesus kamen und ihn fragten, ob er denn wirklich der Messias sei, lautete die Antwort: „Gehet hin und saget Johannes wieder, was ihr sehet und höret; die Blinden sehen und die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein und die Tauben hören, die Toten stehen auf und den Armen wird das Evangelium geprediget.“ Wenn wir die obenerwähnte Satzung sorgfältig lesen und unsre Zeugnisse mit ihren Vorschriften in Einklang bringen, so können sie von dem Fremdling in unsern Toren unmöglich mißverstanden werden, noch werden Berichtigungen und Erklärungen seitens des Vorsitzers der Versammlung nötig sein.
Die beste Zeugnisversammlung des Jahres ist in der Regel diejenige am Danksagungstag während der fünfundzwanzig oder dreißig Minuten, die diesem Zweck gewidmet sind. Wir kommen mit Danksagung, unsre Herzen sind voll von Lob und Preis gegen Gott für Seine unendlichen Segnungen, und wir teilen andern aus diesem Überfluß mit, den Worten des Meisters gemäß: „Wes das Herz voll ist, des gehet der Mund über.“ Das Ergebnis ist ein äußerst ungezwungener und erhebender Gottesdienst, und die Heilungen, die bei solchen Gelegenheiten stattfinden, sind unberechenbar, denn wir sind da, wie am Pfingsttage, „alle einmütig beieinander.“ Ebenso eindrucksvoll, ungezwungen und fruchtbringend wie der Danksagungsgottesdienst kann jede Mittwochabend-Versammlung sein. Wir brauchen nur mit dem gleichen Maß der Dankbarkeit und Freude zu kommen, mit dem gleichen Verlangen, den Grund der Hoffnung, die in uns ist, in einfacher, selbstloser Weise darzutun.