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„Der Väter Missetat“

Aus der Juni 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft

Christian Science Monitor


Eine der hartnäckigsten Eigenschaften des menschlichen Gemüts, eine Eigenschaft, an der es mit großer Zärtlichkeit festhält, ist die Neigung, bei dem zu verweilen, was vermeintlich von schlimmer Vorbedeutung ist. Wahrlich, die moderne Zivilisation mit ihren zahllosen abergläubischen Vorstellungen hinsichtlich der Wirksamkeit einer bösen Macht hat sich in ihrem Stolz auf ihre eigene Überlegenheit kaum über den Standpunkt der „finsteren Jahrhunderte“ erhoben.

Man braucht sich daher nicht zu verwundern, daß die verhängnisvolle Lehre von der Erblichkeit des Bösen solche Gewalt über das menschliche Denken erlangt hat; findet sie doch eine starke Stütze in ihrem Glauben an das Bestehen medizinischer und physischer Gesetze. Wie oft hört man von einem Unglücklichen, der durch die herrschende Meinung zu ererbter Sünde und Krankheit verurteilt wird, weil es heißt, sein Vater und sein Großvater seien schon in diesem Zustand gewesen und man könne somit nichts anderes erwarten. In solchen Fällen scheint kaum jemand den Versuch zu machen — ja nicht einmal Menschen von religiöser Überzeugung —, den Gedanken zur Betrachtung eines Gottes zu erheben, der imstande ist, die Menschheit von dem Glauben an die erbliche Übertragung des Bösen zu erlösen. Im Gegenteil, es wird behauptet, das zwanzigste Kapitel im zweiten Buch Mose sei ein unbestreitbarer Beweis der Tatsache, daß Gott die Missetat der Väter an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied heimsuche; aber der bestimmende Nachsatz, „die mich hassen,“ wird gewöhnlich weggelassen, während die Verheißung, die gleich darauf folgt, nämlich, daß Gott „Barmherzigkeit“ tun werde „an vielen Tausenden, die mich liebhaben und meine Gebote halten,“ scheinbar als nicht zum Thema gehörend betrachtet wird.

Im achtzehnten Kapitel des Propheten Hesekiel findet diese Frage von der Vererbung volle Erörterung, von der gleich zu Anfang gemachten Erklärung an, daß man im Lande Israel das Sprichwort nicht mehr gebrauchen solle: „Die Väter haben Herlinge gegessen, aber den Kindern sind die Zähne davon stumpf worden,“ bis zu den Schlußworten: „Denn ich habe kein Gefallen am Tod des Sterbenden, spricht der Herr, Herr. Darum bekehret euch, so werdet ihr leben.“

Es ist unbestreitbar, daß der Prophet in dieser Darlegung Unglück und Tod, die er als das Los der Gottlosen erkannte, der Sünde, d.h. einer mentalen oder moralischen und nicht einer physischen Ursache zuschreibt. Unbestreitbar ist ferner seine unzweideutige Erklärung, daß, wenn man von der Sünde abgelassen hat und der mentale Zustand geheilt ist, sich auch der physische Zustand bessert; „so soll er leben, und nicht sterben,“ erklärt er.

Die Frage, die die Jünger hinsichtlich des blinden Mannes an Jesus richteten: „Wer hat gesündiget, dieser oder seine Eltern, daß er ist blind geboren?“ läßt ersehen, daß sich diese falsche Auffassung von Ursache und Wirkung bis auf ihre Tage aufrechterhalten hatte. Aber ihr Erstaunen über die Heilung des Blinden und der Zweifel ihrer Religionslehrer, als der Mann Heilung erlangt hatte, zeigt ebenso deutlich, daß das Verständnis von der lebenspendenden Macht des Guten verloren gegangen, von dem allgemeinen Mesmerismus der Materialität verschlungen worden war.

Das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift,“ von Mary Baker Eddy, betont von der ersten bis zur letzten Seite immer und immer wieder die Tatsache, daß die biblischen Verheißungen beweisbar wahr und allgemein anwendbar sind, ja es erklärt, daß ein Mensch in dem Verhältnis von den schrecklichen Banden erlöst wird, mit denen ihn die Ansprüche falscher Erziehung gefesselt halten, wie er das diesen Verheißungen zugrundeliegende Prinzip versteht. „Denn das Gesetz des Geistes, der da lebendig machet in Christo Jesu, hat mich freigemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes,“ sagt Paulus, und Aufgabe der Christlichen Wissenschaft ist es, die Menschen zu lehren, wie sie sich dieses Gesetz nutzbar machen können.

Auf Seite 256 des Lehrbuchs lesen wir: „Der Fortschritt nimmt der Menschheit die Fesseln ab. Das Endliche muß dem Unendlichen weichen. Während der Gedanke zu einer höheren Ebene der Tätigkeit vorwärts schreitet, erhebt er sich vom materiellen zum geistigen Sinn, vom Schulmäßigen zum Inspirierten, vom Sterblichen zum Unsterblichen. Alle Dinge sind geistig erschaffen. Gemüt und nicht die Materie ist der Schöpfer. Liebe, das göttliche Prinzip, ist Vater und Mutter des Weltalls, einschließlich des Menschen.“

Wenn man Gott als Vater-Mutter anerkennt, mit anderen Worten, wenn man der Lehre beistimmt, daß Geist die einzige Ursache und Quelle des Seins ist, so gibt man dadurch zu, daß Materie nicht besteht. Die Welt im allgemeinen und die theologische Welt im besonderen hat versucht, sowohl Geist wie Materie als Ursache, als nebeneinander bestehend, wenn auch in verschiedenen Sphären wirkend, zu betrachten, und der Zustand der Verwirrung, in dem sich die Welt heute befindet, beweist zur Genüge die Unrichtigkeit einer solchen Anschauung. Die Welt der Naturwissenschaft hat eingesehen, daß eine solche Stellung logisch unhaltbar ist, und nimmt daher, von wenigen Ausnahmen abgesehen, den Standpunkt ein, daß alles Materie ist.

Die hieraus sich ergebende Folgerung, die Anerkennung des Geistes als das A und das O des Seins, zerreißt sofort die Kette, die die Menschheit an das physische Gesetz gefesselt hat, und führt direkt zu jener Freiheit, die, wie Jesus erklärte, das Resultat der Erkenntnis der Wahrheit ist. Durch diese Erkenntnis gestärkt, brauchen wir nicht mehr in Furcht vor einem angeerbten Übel zu leben, das uns befallen kann, wenn wir es am wenigsten erwarten; denn wenn wir Gott als unseren Vater oder unseren Ursprung anerkennen, so sehen wir ein, daß wir zu der Wirksamkeit Seines Gesetzes und Seiner Macht unsere Zuflucht nehmen können. Um mit dem weisen Salomo zu reden: „Der Name des Herrn ist ein festes Schloß; der Gerechte läuft dahin und wird beschirmet.“ Mrs. Eddy gibt auf Seite 427 des Lehrbuchs dem gleichen Gedanken mit anderen Worten Ausdruck, wenn sie schreibt: „Das unsterbliche Gemüt, das alles regiert, muß im sogenannten physischen Reich sowohl wie im geistigen als allerhaben anerkannt werden.“

Die Erkenntnis, daß wir sogar in dem Gewirr der menschlichen Erfahrung den Faden finden können, der uns aus dem Labyrinth herausführt in die „Freiheit, damit uns Christus befreiet hat“— diese Erkenntnis ist gewiß erstrebenswert. Damit die Welt sie empfangen möge, erduldete Mrs. Eddy den Haß des fleischlichen Gemüts. Unerschrocken verfolgte sie ihren Weg, fest überzeugt, daß Gott mit ihr war, so daß heute Tausende und aber Tausende sie segnen, sie, die ihnen den Weg gewiesen hat aus angeerbter Furcht und Verzweiflung heraus zu ihrem rechtmäßigen Erbe als Kinder des einen Vater-Mutter Gottes; und die Sünden der Väter verschwinden in ihr natürliches Nichts.

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