Eine der herrlichsten Stellen in den Schriften des Apostels Paulus findet sich im fünften Kapitel seiner Epistel an die Römer: Sie lautet: „Hoffnung aber läßt nicht zu Schanden werden. Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser Herz durch den heiligen Geist, welcher uns gegeben ist.“ In dieser Epistel ist sehr viel von Glaube und Hoffnung die Rede, und in seiner ersten Epistel an die Korinther sagt der Apostel, daß wir jetzt sehen „durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort.“ Er bleibt aber nicht da stehen, sondern gibt uns den herrlichen Ausblick, der ihn auf der ganzen Strecke des Weges stärkte, indem er in bezug auf die Zeit der volleren Entfaltung sagt: „Dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.“ Sodann spricht er von den Eigenschaften, die uns auf unserer Reise nach diesem Ziel Kraft verleihen, nämlich „Glaube, Hoffnung, Liebe.“ Wir hören zuweilen von solchen, die keine Hoffnung haben, was in Wirklichkeit bedeutet, daß sie ohne Gott sind. Glücklicherweise finden viele von diesen ihre Heilung in der Christlichen Wissenschaft und schreiten dann auf dem Wege der Hoffnung, des Glaubens und der Liebe voran zur Erkenntnis der Allheit Gottes und zur Verwirklichung der Ebenbildlichkeit des wahren Menschen mit dem himmlischen Vater.
In ihrer denkwürdigen Ansprache an die Schülerversammlung ihrer Lehranstalt im Jahre 1895 wies Mrs. Eddy auf die aggressiven und trügerischen Erscheinungsformen des Irrtums hin, die die Menschheit von der Verwirklichung des göttlichen Erbteils des Menschen abzuhalten suchen, und fügt dann hinzu: „Gott sei dank, man kann diesem Übel mit der wahren Christlichen Wissenschaft widerstehen. Die göttliche Liebe ist unsere Hoffnung, unsere Kraft und unser Schild. Wir haben nichts zu fürchten, wenn die Liebe am Steuer des Denkens steht, sondern alle Freuden der Erde und des Himmels sind unser“ (Miscellaneous Writings, S. 113). Indem wir die obenangeführten Worte des Apostels nochmals betrachten und mit den Worten unserer verehrten Führerin in Verbindung bringen, erwecken sie in uns ein tiefes Verlangen nach der Hoffnung, die nicht zu Schanden werden läßt, ein Verlangen, daß die Liebe Gottes ausgegossen werde in unser Herz. Wie die Studierenden der Christlichen Wissenschaft klar einsehen, müssen wir, um dies zu verwirklichen, die Bedeutung des Begriffs Heiliger Geist uns aneignen — müssen ihn als den Tröster erkennen lernen, den der Meister verhieß, als er sagte, nach seinem Weggang werde der Vater in seinem Namen einen anderen Tröster senden, der sie alles lehren und sie erinnern werde alles dessen, was er ihnen gesagt hatte. Mrs. Eddy erklärt in Wissenschaft und Gesundheit (S. 55): „Unter diesem Tröster verstehe ich die göttliche Wissenschaft.“
In den Sprüchen lesen wir: „Die Hoffnung, die sich verzeucht, ängstet das Herz.“ Hier ist jedoch nicht die Hoffnung gemeint, die sich zum Glauben und zur Liebe emporgeschwungen hat, sondern die Hoffnung, die sich auf den materiellen Augenschein verläßt, welcher stets enttäuscht. Da der Mensch ein geistiges Wesen ist, so können ihn nur geistige Dinge befriedigen. Alle Christen anerkennen die Notwendigkeit des Glaubens, ja eines höheren Maßes des Glaubens; und doch gibt es merkwürdigerweise so viele, die sich schämen zuzugeben, daß ihre Hoffnung auf Heilung oder auf irgend etwas Gutes allein auf Gott beruht. Der Hoffnung nun, von der Paulus schreibt, schämt sich niemand, weil die Liebe Gottes vom Herzen Besitz ergreift, durch die göttliche Wissenschaft das ganze Wesen umwandelt und mit dieser Umwandlung das menschliche Gemüt und den menschlichen Körper heilt.
Viele scheinen größere Trübsal als Krankheit und Leiden zu erdulden, indem sie, nachdem sie angefangen haben, sich um Hilfe an Gott zu wenden, von denen, die sich Christen nennen, verhöhnt und verspottet werden; ja es ist noch gar nicht so lange her, daß auf die Verfolgung gerichtliche Anklage folgte, und zwar nur deshalb, weil der Leidende sein ganzes Vertrauen auf Gott gesetzt und Ihn als den Erretter angesehen hatte. Die Christliche Wissenschaft nun erhebt uns über die Furcht vor diesem sterblichen Einfluß und erinnert uns an die Worte des Apostels Paulus: „Denn wir sind wohl selig, doch in der Hoffnung.“ Er macht es aber klar, daß Hoffnung nur ein Übergangsstadium ist, denn er fügt hinzu, auf das, was man sieht, hoffe man nicht mehr. Sodann führt er das Denken zu jenem erhebenden Gedanken empor, welcher in der von den Christlichen Wissenschaftern so oft zitierten Stelle zum Ausdruck kommt: „Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“
Ein tief-geistiger Schriftsteller erzählt von einem Menschen, der einen langen Kampf mit scheinbarem Unglück hatte und dessen einzige Furcht die war, daß es ihm am Glauben fehlen möchte. Jesu sah diese Möglichkeit bei einigen seiner Jünger voraus, weshalb er zu Simon Petrus sagte: „Ich aber habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre.“ Der Studierende der Christlichen Wissenschaft weiß, welcher Art das Gebet des Verständnisses, das Gebet der göttlichen Wissenschaft ist; er weiß, daß es die Hilfe der Allmacht erwirkt, daß es sowohl die Hoffnung wie den Glauben erhebt, bis der sich entfaltende Begriff von Liebe die Finsternis der sterblichen Annahme zerstreut und die Heilkraft der Wahrheit und Liebe offenbart.
Wenn wir über die zu Anfang zitierten Worte des Apostels nachdenken, so erkennen wir, daß Trübsal nicht zu bedauern ist; denn sagte nicht der Apostel, er rühme sich der Trübsal? Auch wir vermögen dies, wenn wir uns streng an das göttliche Prinzip halten, denn Trübsal, die Zeit der Prüfung bewirkt Geduld sowie die Erfahrung, die uns bei allem, was wir tun, von wahrem Wert ist. Denn was auch immer die menschliche Erfahrung zu sein scheint, Glaube, Hoffnung und Liebe können von dem Wind und den Wellen der sterblichen Annahme nicht erschüttert werden.