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Zielloses Dahintreiben

Aus der Juni 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Drei Indier waren in einem leeren Hafenboot eingeschlafen, und in der Nacht löste sich ihr zerbrechliches Fahrzeug von der Vertäuung los und trieb langsam aufs offene Meer hinaus. Beinahe drei Tage lang waren sie ohne Speise und Trank, auch hatten sie nichts, was ihnen als Ruder hätte dienen können. Die Aussichten auf Rettung waren nichts weniger als günstig, und jede Stunde fand sie weiter entfernt von ihrem Ausgangspunkt. Was sie dachten, können sich diejenigen leicht vorstellen, die ähnliche Erfahrungen durchgemacht haben. Am Morgen des dritten Tages sahen sie, daß sich ihnen ein großer Ozeandampfer näherte, dessen wachsame Offiziere das dahintreibende Boot entdeckt hatten und von ihrem Kurs abgewichen waren, um Hilfe zu leisten. Nach kurzer Zeit waren die drei Männer an Bord und wurden auf wahre Matrosenart gepflegt, während man das leere Boot seinem Schicksal überließ. Einen Tag später wurden sie am nächsten Anlegehafen, der bloß einige hundert Meilen von ihrem Heimatsort entfernt war, ans Land gesetzt.

Die Lage, in der sich diese drei Männer befanden, veranschaulicht den Zustand eines jeden Sterblichen, ehe die Wahrheit, wie die Christliche Wissenschaft sie offenbart, ihm zu Hilfe kommt und seiner physischen und mentalen Not abhilft. Ob er sich dessen bewußt ist oder nicht, er schläft in der Annahme, daß Leben, Substanz und Intelligenz in der Materie sei, und treibt langsam weiter und weiter von seinem wahren Heim weg. Er ist in den Sinnen fest eingeschlafen und sieht was er glaubt und glaubt was er sieht, ohne die Gefahr zu erkennen, in der er sich befindet. Die Wellen des Irrtums schlagen heftig gegen sein steuerloses Fahrzeug; aber er schläft weiter, bis er Hunger verspürt und glaubt, Gott habe ihn verlassen, worauf er dann allen Ernstes nach dem „Brot des Lebens“ schreit. So wird er durch Prüfungen und Trübsal aus seinem bösen irdischen Traum aufgeweckt. Er entdeckt, daß Gott ihn nie verlassen hatte, sondern daß Er allezeit bereit ist, ein jedes Seiner verirrten Schafe wieder aufzunehmen. Welch herrlichen Beweis davon finden wir im Gleichnis vom verlorenen Sohn! Ein jeder im Traum der Sinne geborene Sterbliche, sei er ein Königs- oder ein Bauernkind, hat sich weit von seinem wahren Heim verirrt, treibt auf der stürmischen See menschlicher Annahmen, um zuletzt von dem alliebenden Vater gerettet zu werden, der nicht will, „daß jemand verloren werde, sondern daß sich jedermann zur Buße kehre“ und zur geistigen Erkenntnis erwache.

Die Christliche Wissenschaft bewillkommt den zurückkehrenden Wanderer. Und wie tut sie dies? Indem sie Krankheit und Sünde heilt und „das menschliche Verständnis erhebt, das in einem falschen Begriff vom Sein begraben ist“ (No and Yes, S. 37). Wie wäre wohl der Empfang des verlorenen Sohnes ausgefallen, wenn ihm der Vater den heilenden Balsam der Wahrheit und Liebe vorenthalten hätte? Dieser handelte jedoch nicht auf solche Art, sondern er zog ihm „das beste Kleid“ an, welches Gerechtigkeit oder Reinheit des Denkens versinnbildlicht. Dieses Kleid bringt all denen, die es sich anziehen lassen, moralische und physische Heilung. Es ist das Kleid, das die Christliche Wissenschaft einem jeden verabfolgt, der es zu tragen bereit ist. Einige mögen sich gleich dem älteren Bruder von Neid und anderen selbstischen Eigenschaften regieren lassen und sich dadurch der göttlichen Güte unwürdig erzeigen; aber früher oder später werden auch sie die liebevollen Worte des Vaters vernehmen: „Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein.“ Wo Liebe und Barmherzigkeit waltet, da wird der Christus-Idee erlaubt, ins individuelle Bewußtsein einzudringen und es zu beeinflussen. Wo Selbstgerechtigkeit, Frömmelei und Unbarmherzigkeit herrschen, hat Christus, die Wahrheit, keinen Zutritt.

Wie lange der Traum des sterblichen Daseins andauern wird, kann niemand sagen. Wir wissen aber, daß bereits eine große Menge Menschen am Erwachen ist und daß ein jeder, der von der Annahme erlöst wird, daß der Mensch in der Materie oder der Körperlichkeit lebt, webt und ist, es für einen anderen um so leichter macht, die gleiche Freiheit des Geistes und Körpers zu erlangen. Das Gesetz der allgegenwärtigen Liebe ist unaufhörlich tätig, die dahintreibende Zeit des menschlichen Daseins zu verkürzen; aber der sogenannte fleischliche Sinn ist Feindschaft wider das Wirken der göttlichen Liebe und äußert mit lauter Stimme seine Mißbilligung jedes von Liebe getragenen Bestrebens, die Gesetzwidrigkeit oder Unwirklichkeit seiner sogenannten Herrschaft über die Sterblichen zu beweisen. An dieser scheinbaren Zähigkeit, mit der das sterbliche Dasein gegenüber dem Gesetz der Liebe seine Stellung behaupten will, ist falsche Erziehung schuld. Ein sündiger Sterblicher, der noch meint, die Sterblichkeit sei gottgeschaffen, kann nicht getadelt werden, wenn er glaubt, das sterbliche Dasein sei gesetzmäßig und normal. Erst nachdem dieses Traum-Dasein zur See stürmischer menschlicher Begriffe geworden ist, fängt der Sterbliche an, die Rechtsgültigkeit des materiellen Sinnes ernsthaft in Frage zu stellen und um Hilfe zu rufen. Dann versteht er die Bedeutung des Ausspruchs des Meisters, daß er nicht gekommen sei, um den sich widersetzenden Begriffen des menschlichen Gemüts Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Hilft eine Theologie, die den Glauben an einen Gott lehrt, der das Böse kennt und gestattet, und an einen wahren Menschen, der zur Sünde und zum Tode geboren ist, eine Theologie, die das Fortbestehen und die Wirklichkeit der Materie oder des Bösen betont — hilft eine solche Theologie, die Sterblichen von dem tiefen Adamsschlaf aufzurütteln? Stärkt sie nicht vielmehr diesen Sinnentraum, indem sie es unterläßt, mit den bestimmten und ermutigenden Worten zu Hilfe zu kommen: „Wache auf, der du schläfest, und stehe auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten“ ?

Auf irgend jemand lastet eine schwere Verantwortung, und erklärte Christen tun wohl, innezuhalten und über ihren Anteil nachzudenken — zu überlegen, ob ihre Arbeit dazu beiträgt, den Traum, daß Leben in der Materie sei, zu verkürzen oder nicht. Alle, die von dem Schiff der Wahrheit noch nicht gerettet worden sind, und die ihre innige Dankbarkeit nicht dadurch beweisen, daß sie in Einklang mit dem Gesetz der Liebe leben, welches das Heilen und Überwinden zur gegenwärtigen Möglichkeit und Notwendigkeit macht, treiben in der Tat hinaus auf die See in einem gebrechlichen Kahn, der jeden Augenblick von den hochgehenden Wellen des Irrtums und der Sünde verschlungen werden kann; und wer weiß, was für eine Erfahrung nötig sein wird, um das Erwachen herbeizuführen? Wir haben es hier mit solchen zu tun, die „durch Übertretungen und Sünden“ tot sind. Diese werden den belebenden Einfluß des Geistes erst dann erfahren, wenn sie zur Erkenntnis der Wahrheit der Worte unserer Führerin auf Seite 403 von Wissenschaft und Gesundheit erwacht sind: „Du bist Herr der Situation, wenn du verstehst, daß das sterbliche Dasein ein Zustand der Selbsttäuschung ist und nicht die Wahrheit des Seins.“

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