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Israels Wiederherstellung und Neuer Name

Aus der Februar 1919-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die zahlreichen Weissagungen in der Heiligen Schrift in bezug auf die Wiederherstellung des Hauses Israel haben bis vor kurzem wenig allgemeines Interesse erregt, und zwar deshalb nicht, weil Israel als eine Nation oder ein besonderes Volk seit zweitausend Jahren gänzlich verschwunden ist. Nachdem die assyrische Gefangenschaft des nördlichen Königreichs Israel zu Ende war, kehrten die Israeliten nicht in ihr eigenes Land zurück, gleich den Bürgern des südlichen Königreichs Juda, sondern sie zerstreuten sich in andere Länder, und die Geschichte weiß und berichtet nichts weiter von ihnen. Und doch wurde dem Jakob die Verheißung zuteil, daß „Völker und Völkerhaufen“ von ihm kommen würden; und das Haus Israel sollte nach der Befreiung von der Herrschaft der Heiden mit dem Hause Juda zu einem Königreich vereinigt werden.

Wie vollständig Israel der menschlichen Kenntnis entrückt ist, geht aus einem Auszug aus der „Expositor's Bible“ hervor, wo es in einer Auslegung der Prophezeiung Jeremias über die Vereinigung Israels und Judas in ein Königreich heißt: „Die Wiedervereinigung des seit so langer Zeit getrennten Israels ist zum großen Teil eine Mißbenennung. ... Selbst jetzt, wo der Sauerteig des Reiches in dem Teig der Menschheit seit fast zweitausend Jahren gewirkt hat, würde die Behauptung, daß diese Kapitel ihre Erfüllung im modernen Christentum gefunden hätten, wie grausame Ironie klingen. ... Keine Rückkehr der zehn Stämme hat in einer Weise stattgefunden, die irgendwie dieser Weissagung entspräche. Unsere zunehmende Kenntnis der verschiedenen Menschenrassen scheint jede Möglichkeit einer derartigen Wiederherstellung Ephraims auszuschließen.“

In den letzten fünfzig Jahren ist unter den Völkern angelsächsischer Abstammung ein größeres Interesse für diesen Gegenstand erwacht, und zwar offenbar wegen unserer Annäherung an die Zeit, wo obige Weissagungen in Erfüllung gehen werden. Die Ausleger dieser Weissagungen sind sich darin einig, daß die „sieben Zeiten,“ die über Nebukadnezar ergehen sollten, die Dauer der heidnischen Herrschaft bedeuteten, und sieben Zeiten sind in der prophetischen Zeitrechnung 2520 Jahre. Es wird kein bestimmter Zeitpunkt angegeben, von wo aus diese Zeit berechnet werden könnte; doch wird die Tatsache erwähnt, daß Nebukadnezar das Haupt des Bildes war, welches die Herrschaft der Heiden versinnbildlichte. Ein Ausleger erklärt, diese Herrschaft werde spätestens zwischen den Jahren 1919 und 1924 zu Ende sein. „Jerusalem,“ sagte Jesus, „wird zertreten werden von den Heiden, bis daß der Heiden Zeit erfüllet wird,“ und im Lichte der neuen Ereignisse in Palästina haben diese Worte besondere Bedeutung.

Der Christliche Wissenschafter glaubt allen Ernstes an die Weissagungen der Heiligen Schrift. Sie bedeuten ihm weit mehr als anderen Christen, weil ihm seine Kenntnis der Metaphysik ihren tieferen Sinn offenbart — die logische Notwendigkeit ihrer Erfüllung zur vorbestimmten Zeit, d. h. wenn das menschliche Bewußtsein für sie bereit sein wird. Natürlich haben wir es vornehmlich mit geistigen Dingen zu tun; aber unsere Führerin sagt in Miscellany (S. 133): „Die geistige Geschichte zeigt unsere zeitliche Geschichte an.“ Der Buchstabe und der Geist geben gemeinschaftlich Zeugnis. Was auch immer das Wesen und die Bedeutung der Weissagungen sein möge, sie werden und können nur in Erfüllung gehen, indem sich das Menschliche zur Erkenntnis des Göttlichen erhebt, wie es von jeher der Fall war.

Der Prophet Amos sagte von Israel zur Zeit der Zerstreuung: „Denn siehe, ich will befehlen und das Haus Israel unter allen Heiden sichten lassen, gleichwie man mit einem Sieb sichtet, und kein Körnlein soll auf die Erde fallen.“ Die Israeliten sollten also als eine Ganzheit weiterbestehen, bis sie aus der Verborgenheit hervortreten würden, um ihren Platz in dem göttlichen Plan der Menschenerlösung einzunehmen. Es wird uns jedoch gesagt, dieses Wiedererscheinen werde unter einem „neuen Namen“ stattfinden — hinsichtlich der Nation wie auch der Religionsform.

Nun ist zu beachten, daß die Israeliten nicht deshalb als das auserwählte Volk von der übrigen Menschheit abgesondert wurde, weil sie an sich besser waren als andere Sterbliche, sondern weil sie ein höheres Maß der Wahrheit über Gott und den Menschen besaßen. Abrahams Erkenntnis, daß Gott Geist ist, wandelte seine Natur so völlig um, daß er einen neuen Namen erhielt. Seine geistige Erfahrung bezeichnete den Anfang Israels als Nation und als Übermittler der erlösenden Wahrheit an die Menschheit. Des Patriarchen Erkenntnis der geistigen Wirklichkeit hob das materielle Gesetz im Fall der Geburt seines Sohnes auf, und es wurde daher von ihm gesagt, die Abkömmlinge seines erleuchteten Begriffs vom Sein sollten durch Isaak „berufen“ oder bekundet werden und nicht durch den Sohn, der den Annahmen der materiellen Sinne und ihren vorgeblichen Gesetzen gemäß geboren wurde.

Paulus weist auf die metaphysische Bedeutung der Geburt Isaaks hin und zieht eine scharfe Linie zwischen dem Materiellen und dem Geistigen. Von dem einen spricht er als das, was „zur Knechtschaft gebiert,“ von dem anderen als das, was „droben ist“ und was also den wahren Ursprung des Menschen zum Ausdruck bringt. Des Apostels Erklärung: „Aber gleich wie zu der Zeit, der nach dem Fleisch geboren war, verfolgete den, der nach dem Geist geboren war, also gehet es jetzt auch,“ hat sich in der ganzen nachfolgenden Geschichte bewahrheitet, und nie so sehr wie heute. Ferner ist deutlich zu ersehen, daß der „Sohn der Freien“ eine natürliche Liebe zur Freiheit auf seine Nachkommen übertragen würde, nicht bloß als auf menschliche Wesen, sondern als auf die Erben der Verheißung, die ihren Vätern zuteil wurde und die in den Lehren dessen zur vollen Blüte gelangte, der da sagte: „So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch freimachen;“ und: „Ehedenn Abraham ward, bin Ich.“

In der Geschichte von Jakobs Kampf in Pniel finden wir den Namen Israel zum erstenmal genannt. Diesen Namen bekam Jakob, weil er über die Regungen des Bösen in seinem Innern gesiegt und „Gott von Angesicht gesehen“ hatte. Die genaue Bedeutung des Wortes ist, „einer, der mit Gott herrscht.“ Die Benennung Israel hat somit eine höhere Bedeutung als das Wort Hebräer, wie aus Jesu Begrüßung des Nathanael zu ersehen ist: „Siehe, ein rechter Israeliter.“ Der geistige Ursprung und die geistige Entwicklung Israels sowie dessen hohe Bestimmung unter den Völkern der Erde, wie sie wiederholt in den hebräischen Schriften dargelegt wird, erklärt die Bestimmtheit, mit der der Prophet die Wiederherstellung dieses Volkes prophezeit; denn wenn auch der Irrtum Israel zeitweilig in Gefangenschaft und Finsternis führte, so könnte doch dieses Volk, durch dessen Bewußtsein die Offenbarung der geistigen Erschaffung des Menschen zum Bilde Gottes der Welt zuteil wurde, nicht dauernd in den Banden der materiellen Sinne gehalten werden. Die Lichtblicke der geistigen Idee, die Abraham, Isaak und Jakob erlangten, die die Hoffnungen und Ideale ihres Volkes durchsäuerten und aufrechterhielten, die das menschliche Denken dahin führten, „da das Kindlein war,“ und die sich in der Christlichen Wissenschaft zur vollen Offenbarung der Wahrheit entwickelten, mußten unfehlbar „aufrichten das Reich Israel,“ obgleich Jesus wohlweislich sagte, das wahre Königreich sei „nicht von dieser Welt.“

Die Israeliten wurden durch Mose Erkenntnis von Gott als dem alleinigen Ich Bin mit Zeichen und Wundern aus der langjährigen Knechtschaft in Ägypten befreit, und diese Erkenntnis erhielt sie in der Wüste und brachte sie in das verheißene Land. Nach ihren Erfahrungen bei der Unterwerfung der Einwohner Kanaans verlangten sie von Samuel eine monarchische Regierungsform, wie sie sie bei den Völkern umher vorfanden. Dem Samuel wurde alsdann gesagt, sein Volk hätte nicht ihn als Herrscher und König verworfen, sondern Gott. Allmählich nahmen die Israeliten die abgöttischen Vorstellungen und die Regierungsformen anderer Völker an, was den Verlust des göttlichen Schutzes und ihre Niederlage und Gefangenschaft zur Folge hatte. Inzwischen fand eine Spaltung statt und es entstanden das Reich Israel und das Reich Juda. Nach der siebzigjährigen babylonischen Gefangenschaft erhielten die Juden die Erlaubnis, in ihr eigenes Land zurückzukehren, wo sie verweilten, bis sie nach ihrer Verwerfung des Messias und nach der Zerstörung Jerusalems durch die Römer den Weissagungen gemäß unter alle Völker zerstreut wurden, ohne aber ihre Identität als Volksrasse zu verlieren. Und so ist es denn auch geblieben: die Juden bestanden weiter als ein zerstreutes und verachtetes Volk, die Israeliten gingen als Nation verloren und sind es heute noch, außer unter „einem andern Namen.“

Christliche Wissenschafter sollten sich ganz besonders für diesen Gegenstand interessieren, und zwar nicht weil die Israeliten, wie viele glauben, heute als die Angelsachsen bekannt sind und die Sprache sprechen, in welcher die Christliche Wissenschaft Ausdruck fand, sondern wegen des Anteils, den die Christliche Wissenschaft an dem epochemachenden Ereignis der Wiederherstellung nimmt. In der historischen Skizze auf Seite 17 des Handbuchs Der Mutter-Kirche heißt es, „daß die Christliche Wissenschaft, wie unser Meister sie lehrte und demonstrierte, Irrtum austreibt, die Kranken heilt und das verlorene Israel wiederherstellt.“ Natürlich ist dies vornehmlich im geistigen Sinne gesagt, hat aber ebensowohl Bezug auf das Heilen der Kranken. Die geistige Wiederherstellung Israels kann in ihrer Wirkung ebensowenig von einer wiederhergestellten Nationalität getrennt werden, wie die geistige Krankenheilung von ihrer äußeren Bekundung als wiederhergestellte Gesundheit des Körpers getrennt werden kann.

Wir wissen, daß etwas anderes als die Assyrer die Israeliten in die Gefangenschaft führte. Wären die Israeliten ihrer Gotteserkenntnis treu geblieben, so hätten sie über ihre Feinde gesiegt. Zuerst nahm ihre Abgötterei sie mental gefangen und brachte das Urteil über sie, das Moses ihnen vorhielt, wie im sechsundzwanzigsten Kapitel des dritten Buchs Mose zu lesen ist. Abgötterei besteht im Grunde nicht im Verbrennen von Weihrauch zur Verehrung der Sonne oder eines Götzenbildes, sondern in dem Glauben an intelligente Materie, in der Vorstellung, daß es außer dem alleinigen Gemüt noch andere Gemüter gebe. Sie besteht in der Verherrlichung des sogenannten sterblichen Gemüts, in dem Zugeständnis, daß etwas neben dem Guten Macht haben und herrschen könne. Israel wird also nicht durch den Kampf zwischen Völkern von ihrer Gefangenschaft in der Abgötterei zurückgebracht werden, sondern durch den Kampf gegen das Böse in sich selber, durch die Erkenntnis und Anerkennung der Oberherrschaft des Geistes.

Gottes Bund mit Abraham, Isaak und Jakob, der dann später mit Moses und David erneuert wurde, ist in dem Wort Gehorsam zusammengefaßt. Dieser Bund in seiner Gültigkeit für Israel (wie überhaupt für alle Sterblichen) wurde im ersten Gebot verkündet; und solange sie ihm treu blieben, sollten sie fruchtbar und gesegnet sein und über ihre Feinde siegen. Diese Bundes-Beziehung, von der so viel in der Heiligen Schrift die Rede ist, bedeutete keine Verleihung oder Entziehung von Vergünstigungen seitens eines persönlichen Jehovas, sondern vielmehr den rein mentalen Zustand des Gehorsams oder Ungehorsams gegen das Prinzip, und gleichzeitig die logischen Folgen des einen oder des anderen Verhaltens. Daher muß die Befreiung der Sterblichen aus der Gefangenschaft des Irrtums durch mentale Mittel herbeigeführt werden, d. h. durch mentale Umwandlung. Die Wiederherstellung des verlorenen Israels bedeutet somit die Wiederherstellung des geistigen Begriffs vom Sein, wie ihn die Patriarchen und Propheten hatten und wie er im Leben Christi Jesu veranschaulicht wurde. Haben wir die Schlußperiode der heidnischen Zeit erreicht, welch letztere vorbildlich ist für das Vorherrschen des fleischlichen Gemüts oder des fleischgewordenen Irrtums im menschlichen Bewußtsein, dann ist auch das Mittel, vermöge dessen des Menschen geistige Freiheit vom Irrtum ausgearbeitet werden muß, irgendwo in Sicht. Und es ist außer Zweifel, daß dieses Mittel in der Christlichen Wissenschaft und der Demonstration ihrer Lehren besteht.

Die Wiederherstellung Israels bedeutet daher die Wiederherstellung der geistigen Herrschaft — des Bewußtseins, daß man mit Gott herrscht; und dieses Bewußtsein kann nur durch das Verleugnen und das Überwinden der Ansprüche des materiellen Sinnes erlangt werden. Ein solches Verhalten der Materialität gegenüber wird nirgends außer in der Christlichen Wissenschaft als ein Haupterfordernis des christlichen Lebens und Wirkens gelehrt. Es liegt daher auf der Hand, daß nichts anderes die Mittel zur Erfüllung des prophetischen Wortes bietet. Israel verlor deshalb seine Identität, weil es die Wahrheit über Gott verlor. Die Erkenntnis dieser Wahrheit hatte Israel als Nation zu dem gemacht, was es darstellte und wodurch es sich von anderen Nationen unterschied. Wie könnte also irgend etwas anderes als das Wiedererlangen dieser Wahrheit Israels frühere Stellung und früheren Einfluß wiederherstellen?

Die Propheten sahen voraus, daß, wenn die Tage des Irrtums zu Ende sein würden, wie das durch die Bezeichnung „sieben Zeiten“ zum Ausdruck kommt, die Wahrheit in ihrer endgültigen Erteilung erscheinen und den Irrtum zwingen würde, seine Herrschaft aufzugeben. Diese Selbstvernichtung des Irrtums sollte von gewaltigen menschlichen Umwälzungen begleitet sein, wie sie in der Heiligen Schrift als „große Trübsal“ und als die „Angst in Jakob“ bezeichnet wird, worauf dann die Weissagungen in bezug auf Israel und Juda in Erfüllung gehen sollten. Es wird allgemein zugegeben, daß die Menschheit gegenwärtig diesen schrecklichen Läuterungsprozeß durchmacht, und die Menschen können sich daher zuversichtlich nach dem Christus in ihrer Mitte umsehen. Die geistige Idee, die göttliche Wirklichkeit der Dinge war nie abwesend, außer für die blinde, verfinsterte, menschliche Anschauungsweise, denn die beschränkte menschliche Vorstellung, die über der Persönlichkeit den Christus aus den Augen verlor, sah diese Idee als etwas, was kommen und verschwinden und dann wiedererscheinen muß. Die Christlichen Wissenschafter wissen, daß der Christus, die Wahrheit, dem menschlichen Bewußtsein wiederum offenbar worden ist, und zwar in der Christlichen Wissenschaft, von Mrs. Eddy entdeckt und in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ dargelegt. Außerdem sollten sie wissen, daß die Macht der Wahrheit der inspirierten Prophetie gemäß „wieder aufrichten [wird] das Reich Israel,“ d. h. sie wird die Herrschaft des Prinzips in menschlichen Angelegenheiten wiederaufrichten.

Der große Konflikt, der gegenwärtig stattfindet, wird immer mehr von den Völkern, die für menschliche Freiheit eintreten, als ein Kampf zur endgültigen Anerkennung des Prinzips als des obersten Gebieters über menschliches Tun und Handeln anerkannt, unter dessen Herrschaft die Menschen allein sicher wohnen und in harmonischer Beziehung zueinander stehen können. Selbst in der Finsternis der heutigen schrecklichen Tage kann man sehen, wie folgende Erklärung Mrs. Eddys anfängt, in Erfüllung zu gehen: „Christus, die Idee Gottes, wird schließlich alle Nationen und Völker — gebieterisch, absolut, endgültig — mit der göttlichen Wissenschaft regieren“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 565).

Nun mag mancher fragen, warum es denn nötig sei, daß Israel aus seiner langen Verborgenheit hervorgebracht und als Nation mit dem Hause Juda vereinigt werde. Warum konnten die Dinge nicht weiterbestehen, wie sie bisher bestanden hatten, so daß also Israel nur eine Erinnerung wäre, eine Warnung für Unrechttuer? Einfach deshalb nicht, weil das einen Triumph des Irrtums bedeuten würde. Diese Frage muß metaphysisch erfaßt werden. Nationen wie Einzelwesen bringen gewisse Gedankenarten zum Ausdruck, und von diesem Gesichtspunkt aus werden sie zweifelsohne oft von den Verfassern der biblischen Bücher betrachtet. Wie wir gesehen haben, stand Israel deshalb am höchsten unter den Völkern, weil es den höchsten Begriff vom Guten zum Ausdruck brachte. Fortdauernde Treue gegen die geistigen Wahrheiten, die diesem Volk zuteil wurden, hätte naturgemäß die Vernichtung des Irrtums herbeigeführt; daher der beharrliche Versuch des sterblichen Gemüts, Israel zur Sinnlichkeit zu verführen. Obgleich nun der Irrtum scheinbar siegte, und obgleich er den Kreislauf seiner falschen Ansprüche vollendete, so geht er doch nur dem Untergang entgegen, der am Anfang über ihn ausgesprochen wurde.

Naeman, der Syrer, verkündete das Verhalten Israels, als er nach seiner Heilung zu Elisa sagte: „Siehe, ich weiß, daß kein Gott ist in allen Landen, außer in Israel;“ so auch David, als er ausrief: „Wo ist so ein mächtiger Gott, als du, Gott, bist?“ Der Ausdruck „der Gott Israels“ findet sich oft in der Bibel als Bezeichnung für das alleinige, unendliche, höchste Wesen. Kein anderes Volk der Erde wird in derselben Weise genannt. Niemand denkt daran, von einem Gott Ägyptens, oder Roms, oder Rußlands, oder Amerikas zu reden. Da wir uns nun Gott immer noch als den Gott Israels denken und Ihn als solchen lieben, können wir uns Israel als ein untergegangenes Volk denken, als ein Volk, das nie mehr unter den Völkern erkannt und anerkannt werden wird? Jeremia wurde in folgendem auf eine böse Suggestion aufmerksam gemacht: „Hast du nicht gesehen, was dies Volk redet und spricht: ‚Hat doch der Herr auch die zwei Geschlechter verworfen, welche er auserwählet hatte‘; und lästern mein Volk, als sollten sie nicht mehr mein Volk sein.“ Diese Suggestion weist der Prophet mit einem „So spricht der Herr“ zurück und schließt mit der Zusicherung: „Denn ich will ihr Gefängnis wenden und mich über sie erbarmen.“

Israel hat die Bestimmung, nach seiner langen Gefangenschaft und seiner durch die Vernichtung des Irrtums bewirkten geistigen Umwandlung eine höhere Stufe zu erreichen, nicht nur als eine Nation, sondern mit einem höheren Begriff und einer höheren Erkenntnis der Gottheit ausgerüstet. Namen hatten für die alten Hebräer eine hohe Bedeutung, besonders wenn diese Namen geändert wurden. Jesaja sagt von dem zurückgebrachten Israel: „Du sollst mit einem neuen Namen genannt werden, welchen des Herrn Mund nennen wird.“ Und in der Offenbarung lesen wir: „Und will auf ihn schreiben ... meinen Namen, den neuen.“ Wir haben somit einen neuen Namen für Israel sowohl wie für den Gott Israels. Und in diesem Zusammenhang erinnern wir uns an die Verheißung „eines neuen Himmels und einer neuen Erde,“ sowie an die Ermahnung des Apostels: „Ziehet den neuen Menschen an.“ Diese Anführungen lassen deutlich ersehen, daß die alte Ordnung der Dinge schwinden wird, und mit diesem Schwinden, das die Heilige Schrift als das Ende der Zeit der Heiden, das Ende der Herrschaft der Materie bezeichnet, soll ein neuer Begriff von den Dingen Raum gewinnen, was selbstredend der geistige oder göttliche Begriff ist.

Die Christliche Wissenschaft offenbart ohne allen Zweifel den Namen Gottes als das göttliche Prinzip, und Sein auserwähltes Volk auf Erden, d. h. die, so Ihn verstehen, wird man als Christliche Wissenschafter kennen, und zwar wird dies nicht der Name einer Sekte oder einer Menschenklasse sein, sondern eine Bezeichnung für alle, die eine demonstrierbare Kenntnis von dem Christus haben, von der geistigen Idee, die die Menschheit sowohl von Sünde und Krankheit als auch von dem Begriff einer sterblichen und sündigen Abstammung befreien soll. Diese Dinge sind keine dogmatischen Voraussagen, sondern sie treten klar und deutlich hervor als unausbleibliches Ergebnis des Erwachens der Wahrheit im menschlichen Bewußtsein und werden eben jetzt in dem Tiegel der höheren Bestimmung des Menschengeschlechts ausgearbeitet. Man kann unter die Oberfläche der allgemeinen Weltumwälzung schauen und da sehen, daß das Böse, obschon es sich gegenwärtig in seiner ganzen Abscheulichkeit zeigt, weil seine Zeit kurz ist, doch seine Macht über die Menschheit immer mehr verliert. Vergessen wir nicht, daß der Schlüssel zu den Weissagungen in bezug auf die letzten Tage in Gottes endgültiger Offenbarung Seiner selbst, wie die Christliche Wissenschaft sie uns bietet, zu suchen ist.

Das Anslichtbringen der Identität Israels als Nation wäre von geringem Wert, wenn Israel nicht etwas vor anderen Nationen voraus hätte, was der Welt zum Segen gereicht. Die längst verheißene Wiederherstellung hat offenbar nicht den Zweck, ein Volk über ein anderes zu erheben, sondern die Menschheit zu erlösen. So, wie sich die Propheten die Wiederaufrichtung des Reichs Israel dachten, bedeutete diese nichts Geringeres als die Wiederaufrichtung des Reichs Christi; nicht die Wiederkunft eines persönlichen Messias, sondern die menschliche Erkenntnis und Demonstration der Wahrheit. Nichts anderes als das hätte den Ausspruch veranlassen können: „Die Heiden sehen deine Gerechtigkeit und alle Könige deine Herrlichkeit,“ oder die weitere Weissagung des Jesaja: „Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des Herrn Haus ist, fest stehen, höher denn alle Berge, und über alle Hügel erhaben werden, und werden alle Heiden dazu laufen.“ In dem Maße, wie dies in Erfüllung geht, werden die Menschen unter dem Namen Christliche Wissenschafter zu Israeliten werden. Man achte darauf, daß der neue Name, von dem in der Offenbarung die Rede ist, nur von dem erkannt oder anerkannt wird, „der ihn empfähet.“

Diejenigen, die auf eine persönliche und äußerlich auffällige Wiederkunft Christi warten, erkennen nicht das mentale Wesen des Befangenseins im Irrtum, und sie sehen nicht ein, daß Befreiung in dem Kommen der wahren Idee ins menschliche Bewußtsein besteht. Elias erlangte diese Erkenntnis, indem er einsah, daß sich die Gegenwart Gottes nicht als Erdbeben, noch als Wind, noch als Feuer kundtat, sondern als „ein still, sanftes Sausen“ der geistigen Eingebung. Die Gefangennahme der Kinder Israel fand nicht plötzlich statt, sondern sie war die Folge ihrer wachsenden Untreue gegen das geistige Ideal der Gründer ihrer Nation, während ihre äußere Gefangenschaft, nämlich ihre Verbannung in ein fremdes Land, sich über eine lange Reihe von Jahren erstreckte. Man darf sich also die Wiederkehr Israels nicht als das Ereignis eines Tages denken, sondern als das allmähliche Erwachen des Verlangens, den „Gott unsrer Väter“ zu erkennen, wie Er vor alters erkannt wurde. Wir haben allen Grund zu der Zuversicht, daß diese Wiederkehr bereits vor sich geht, ja in größerem Umfang als im allgemeinen erkannt wird.

Diejenigen, die über das Erwachen und die Entwicklung der geistigen Idee im menschlichen Bewußtsein nachdenken, wie dieses Erwachen und diese Entwicklung in der Geschichte des hebräischen Volkes und in späteren menschlichen Ereignissen zum Ausdruck kommt, werden in Mrs. Eddys folgenden Worten aus Wissenschaft und Gesundheit (S. 271), die auch in Der Mutter-Kirche als Wandinschrift zu finden ist, eine tiefe Bedeutung finden: „Das Christentum Christi ist die Kette des wissenschaftlichen Seins, welches zu allen Zeiten wiedererscheint, sich in seiner unverkennbaren Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift behauptet und alle Zeiten in dem Plan Gottes vereinigt.“

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