Wir wollen aufstehen und die alten unzulänglichen Theorien dahintenlassen — all die unfruchtbaren philosophischen Systeme, die drohenden Lehren der Theologie, die wehmütige, feierliche Trauer um die Toden. In jenem vierzehnten Kapitel des Johannes-Evangeliums, wo so tiefes Erbarmen zum Ausdruck kommt und wo erzählt wird, wie Jesus seine Jünger mit dem Versprechen tröstet, daß er ihnen „den Geist der Wahrheit“ senden werde — in diesem Kapitel lesen wir auch, daß er sie von seinem Weggang in Kenntnis setzte. Er fühlte sich sogar zu den Worten veranlaßt: „Ich werde nicht mehr viel mit euch reden; denn es kommt der Fürst dieser Welt, und hat nichts an mir. Aber auf daß die Welt erkenne, daß ich den Vater liebe und ich also tue, wie mir der Vater geboten hat: stehet auf und lasset uns von hinnen gehen!“
Die Wurzeln der Trägheit dringen tief in das menschliche Bewußtsein ein. Wenn sie mit Furcht begossen werden, entwickeln sie zähe Fasern, die als Hartnäckigkeit bekannt sind. Es bekundet sich dann eine instinktive Abneigung gegen das Vorwärtsgehen. Trägheit sucht die Weltweisheit als Verbündeten zu gewinnen und hofft dadurch die Sicherheitslinie zu gewinnen; aber die einzig wirkliche Sicherheit liegt im Gehorsam gegen Gott, dem Ausspruch Jesu gemäß: „Daß ... ich also tue, wie mir der Vater geboten hat.“ Wenn sich, der Christliche Wissenschafter in seinem geistigen Wachstum von dem als Trägheit und Furcht bekannten Räuberpaar anhalten läßt, ist er in Gefahr, seiner geistigen Erkenntnis beraubt zu werden. Mrs. Eddy schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 24): „Die Kenntnis des Urtextes, sowie die Willigkeit, menschliche Annahmen aufzugeben, die durch Priesterherrschaft eingesetzt und manchmal durch die schlimmsten Leidenschaften der Menschen angeregt wurden, öffnen den Weg zum Verständnis der Christlichen Wissenschaft und machen die Bibel zur Karte des Lebens, auf der die Bojen und die heilenden Ströme der Wahrheit verzeichnet sind.“ In der Physik wird die natürliche Abneigung der Materie, sich zu bewegen, oder ihr scheinbarer Widerstand gegen einen Wechsel Trägheits- oder Beharrungsvermögen genannt. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß es keine Materie gibt und daß der mentale Zustand, den wir Materialität nennen, wesentlich träge ist, weil ihm die Intelligenz fehlt und weil die Materie sich aus sich selbst nicht bewegen und nicht als Ursache oder Wirkung handeln kann.
Wohin nun sollen wir gehen? Indem wir alles um Christi willen verlassen und den irdischen Freuden den Rücken gekehrt und unser ganzes Vertrauen auf Gott gesetzt haben, sind wir dann bereit, wie der Meister von hinnen zu gehen? In Wirklichkeit gibt es kein Sonstwo, wohin wir gehen könnten. Gott ist hier, der Himmel ist hier. Das Vonhinnengehen ist einfach eine Redefigur, denn der Mensch Gottes verweilt stets im Frieden Gottes. Gottes Werk war im Anfang vollendet. Darüber freut sich der vorgeschrittene Christliche Wissenschafter. Er läßt nichts Wirkliches dahinten, sondern findet die ganze Schöpfung überall. Kein nutzloses Bedauern, keine vereitelten Pläne trüben seine Freude, wofern er dem Christus, der Wahrheit folgt, wenn sie ihm zuruft: „Stehet auf und lasset uns von hinnen gehen.“ Er antwortet mit den Worten Jesajas: „Hie bin ich; sende mich.“
Die öffentliche Meinung glaubt nicht an die Wunder, wie sie sie nennt. Dem gegenüber legt die Christliche Wissenschaft dar, daß das sogenannte Wunder der normale Ausdruck der geistigen Tätigkeit ist. Das fleischliche Gemüt sagt z.B. von einem Menschen, er sei totkrank, und nur ein Wunder könne ihn retten. Darauf antwortet die Christliche Wissenschaft: Man lasse das Wunder geschehen, denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. Und siehe da, der Kranke ist geheilt. In gleicher Weise lautet das menschliche Urteil, ein gewisser Zustand müsse Krieg herbeiführen, und nur ein Wunder könne ihn verhüten. Die Christliche Wissenschaft aber verkündet aufs neue die gute Botschaft von der Allmacht Gottes, worauf die Kriegswolken des Hasses und des Mißtrauens sich verziehen.
Umsonst sucht die falsche Religion den Fortschritt dieses neuen Pilgers zu verhindern, indem sie ihn bei seinem ungenähten Rock erfaßt, nachdem er sich entschlossen hat, aufzustehen und von hinnen zu gehen. Der Pilger wendet sein strahlendes Antlitz dem Lichte der Wahrheit zu, und seine Schritte vorwärts sind sicher. Das klare, herrliche Licht überflutet seinen Pfad. Die Tore des neuen Jerusalem öffnen sich ihm. Kein materieller Tempel ist darin zu finden, kein Götzendienst, kein Ankläger, kein falsches Ich, dem Sünde, Krankheit, Furcht und Tod zur Erfahrung werden könnte.
Die Christliche Wissenschaft hat die volle Erkenntnis der Vollkommenheit des Menschen ans Licht gebracht, in der es keinen Unfall, kein Leiden gibt. Mrs. Eddy sagt daher in Wissenschaft und Gesundheit (S. 76): „Die sündlose Freude — die vollkommene Harmonie und Unsterblichkeit des Lebens, denen unbegrenzte göttliche Schönheit und Güte zu eigen sind, ohne eine einzige körperliche Freude oder einen einzigen körperlichen Schmerz — sie macht den einzig wahren, unzerstörbaren Menschen aus, dessen Sein geistig ist. Dieser Daseinszustand ist wissenschaftlich und unverletzt — eine Vollkommenheit, die nur für die wahrnehmbar ist, die das endgültige Verständnis von Christus in der göttlichen Wissenschaft haben.“
Auf solche Weise führt die Christliche Wissenschaft diejenigen, die bereit sind, aus der alten Dispensation, in welcher man das Böse für wirklich hielt, in die neue Dispensation, die nur die Güte Gottes kennt. „Die Überbliebenen in Israel,“ von denen Jesaja spricht, erheben sich, um in der Gemeinschaft der göttlichen Liebe zu weilen, mit der Unsterblichkeit des Lebens angetan.